
Der Internet-Kurzmitteilungsdienst Skype hat die Zensur und das Speichern von Mitteilungen, die aus Sicht der chinesischen Behörden als politisch „anstößig“ gelten könnten, eingeräumt.
Die chinesische Version von Skype, TOM-Skype, hat nach Enthüllungen von Computerfachleuten und Menschenrechtsaktivisten der Forschergruppe Citizen Lab der Universität Toronto die geblockten Nachrichten auf unsicheren Servern in China gespeichert. Diese Server sind frei zugänglich und enthielten außerdem die Codes zur Entschlüsselung der Daten.
Skype-Präsident Josh Silverman räumte am vergangenen Freitag die Zensur offen ein. Man sei „sehr besorgt“ über die Verstöße gegen die Privatsphäre der rund 70 Millionen Nutzer in China. Die Probleme seien umgehend behoben worden. Silverman versicherte, Skype habe nichts von der Speicherung der Daten durch den Mehrheitspartner in dem Skype-Gemeinschaftsunternehmen in China, TOM-Online, gewusst.
Wie Citizen Lab entdeckte, hat die chinesische Software Mitteilungen mit den Wörtern "Demokratie“, "Tibet“, "Kommunistische Partei“,"Olympische Spiele" oder dem Namen der in China verbotenen Kultbewegung „Falun Gong“ herausgefiltert und gesperrt. Auf der Liste steht laut den Forschern auch das Wort "Milchpulver", das auf den aktuellen Skandal um mit Melanin verseuchte Lebensmittel aus China hinweist. Möglicherweise wurde auch nach anderen Kriterien wie dem Benutzernamen ausgefiltert.
"Vertrauen ist eine unzureichende Garantie"
Die Forscher waren in der Lage, zensierte Nachrichten sowie Millionen persönlicher Daten wie Telefonnummern, Benutzernamen, IP-Adressen und die nötigen Entschlüsselungscodes von acht Servern, die öffentlich zugänglich sind, herunterzuladen. Die Daten wurden vermutlich auch der chinesischen Regierung zugänglich gemacht. Telefongespräche, die über Skype auch möglich sind, waren allerdings nicht betroffen. "Wir werden wahrscheinlich niemals erfahren, ob einige der Leute, deren Kommunikation gespeichert wurde, ins Gefängnis gegangen sind", sagte Rebecca MacKinnon, eine Internet-Expertin an der Universität Hongkong. "Das ist ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit von Skype."
Auch Nutzer aus anderen Ländern fielen der Kontrolle zum Opfer, wenn sie mit einem TOM-Skype-Nutzer in China kommunizierten. „Unsere Enthüllungen zeigen beunruhigende Verstöße gegen die Sicherheit und die Privatsphäre“, urteilt der Bericht der Forscher.
Die Enthüllungen sind deshalb besonders brisant, weil viele in China geglaubt haben, dass die Verschlüsselung von Skype sie, anders als bei E-Mail, vor Beobachtungen durch die Staatssicherheit schütze. Skype war deshalb besonders beliebt bei Bürgerrechtlern. „Vertrauen in eine bekannte Marke wie Skype ist eine unzureichende Garantie, wenn es um Zensur und Überwachung geht“, warnt Citizen Lab.
„Es ist allgemein bekannt, dass in China Zensur existiert und die chinesische Regierung Kommunikation in und aus dem Land überwacht“, hieß es in der Reaktion des Skype-Päsidenten Josh Silverman auf den Bericht. TOM sei wie jeder andere Kommunikationsdienstleister in China dazu verpflichtet, sich an die Vorschriften zu halten. „Diese Regeln beinhalten die Anforderung, Nachrichten mit Wörtern, die China als ,anstößig' betrachtet, zu überwachen und zu blocken“, erklärte Silverman. Schon 2006 habe Skype öffentlich gemacht, mit einem Textfilter zu arbeiten. Es sei aber versichert worden, dass solche Mitteilungen „einfach gelöscht“ und nicht mehr gespeichert würden. Silverman kündigte Gespräche mit TOM an. Seiner Darstellung zufolge sei Skype davon ausgegangen, dass es nicht zum Verfahren von TOM gehöre, die Nachrichten zu speichern.
Solange alle die Standard-Software von Skype benutzten, sei die Kommunikation allerdings „absolut sicher und privat“, beteuerte der Skype-Chef.