Alternative Antriebe Umrüsten auf Flüssiggas: Fahrspaß zum halben Preis

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Autogas-Hybrid (Klicken Sie bitte auf das Lupen-Symbol, um die Grafik zu vergrößern)

Auch die Mineralölindustrie erwärmt sich allmählich für Autogas, das bei der Erdöl- und Erdgasförderung abfällt und in den Raffinerien sowie Erdgas-Verflüssigungsanlagen als Nebenprodukt entsteht – und früher mangels Nachfrage oft einfach abgefackelt wurde. Was in den Handel gelangte, nutzte man zur Wärmeerzeugung im Haus, in Caravans und Pommesbuden – an Autofahrer wurde das Flüssiggas hierzulande eher selten verkauft. Vor vier Jahren gab es deshalb in Deutschland nicht einmal 500 Tankstellen, die Autogas führten. Heute bieten bereits 3600 Tankstellen LPG an. Und die Zahl wird in den nächsten Monaten weiter wachsen: Aral/BP, derzeit nur mit 16 Stationen am Geschäft beteiligt, will bis zum Jahresende den Vertrieb von Autogas auf 100 Tankstellen ausweiten. Kein Wunder: „Die Nachfrage nach LPG ist in diesem Jahr deutlich gestiegen“, sagt Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband. Zwischen Januar und Ende April kletterte der Absatz von Flüssiggas in Deutschland um fast zehn Prozent auf knapp eine Million Tonnen. Zum Vergleich: Der Absatz von Dieselsprit war im gleichen Zeitraum etwa zehnmal so hoch.

Vor allem in Ballungsgebieten und entlang der Autobahnen ist schon heute eine flächendeckende Versorgung mit Flüssiggas gewährleistet. Denn auch viele Autowerkstätten setzen auf eine Autogas-Zapfsäule – das Investitionsvolumen ist für die Betreiber mit Preisen ab knapp 25.000 Euro überschaubar, und die Zapfsäulen generieren zusätzliches Nachrüstgeschäft.

Klimaschützer beobachten die Entwicklung durchaus wohlwollend. Denn bei der Verbrennung des flüssigen Gemischs aus Propan und Butan werden 80 Prozent weniger Schadstoffe freigesetzt als bei einem Betrieb des Motors mit Benzin. Auch der Ausstoß des Klimagases CO2 liegt etwa 18 Prozent niedriger. Flüssiggas wird bei deutlich niedrigerem Druck (rund acht Bar) als Erdgas gespeichert, stellt somit geringere Anforderungen an die Festigkeit der Tanks. Bei der Umrüstung kommen zumeist runde Tanks zum Einsatz, die in die Reifenmulde passen. So geht vom Kofferraumvolumen nichts verloren. Abhängig von der exakten Tankgröße und dem Verbrauch, fahren die Fahrzeuge mit einer Füllung zwischen 300 und 400 Kilometer weiter als reine Benzinermodelle.

Denn prinzipiell arbeiten die nachgerüsteten Autogas-Fahrzeuge bivalent. Das heißt: Nachdem der Kaltstart mit Benzin erfolgte, schaltet die Anlage automatisch auf den preisgünstigeren Gasbetrieb um. Ist der Gastank leer, schaltet die Motorsteuerung auf Benzin zurück. Durch die Kombination der beiden Tanks erreicht man leicht eine Gesamt-Reichweite von über 1000 Kilometern, vergleichbar mit einem Diesel. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es am sinnvollsten, überwiegend im Gasmodus zu fahren, damit sich die Anschaffungskosten schnellstmöglich amortisieren. Bei den derzeitigen Benzin- und Gaspreisen ist bei den meisten Fahrzeugen die Gewinnschwelle bereits zwischen 40.000 und 50.000 Kilometern Gesamtfahrleistung erreicht. Vor allem für Diesel wird Autogas damit zu einer ernsthaften Konkurrenz, etwa in Firmenflotten: Da die Selbstzünder deutlich teurer sind als vergleichbare Benziner, schlagen die Kosten für die Gasanlage nicht so stark durch – so fährt der Ford Focus mit LPG nach nicht einmal 20.000 Kilometern Gesamtfahrleistung dem Diesel in der Kostenrechnung davon.

Der Liter Flüssiggas kostet derzeit zwischen 65 und 72 Cent. Preissteigungen schließt DVFG-Geschäftsführer Schneiderbanger zwar nicht aus, „aber im Unterschied zu Erdgas ist der Preis von Flüssiggas nicht an den Erdölpreis gekoppelt“. Auch sei das Flüssiggas-Geschäft keinen Spekulationen ausgesetzt. Schneiderbanger, selbst Fahrer eines umgerüsteten Audi A6: „Die Preis-Schere zwischen Benzin und Autogas dürfte deshalb mittelfristig eher größer als kleiner werden.“

Umrüsten - nicht immer sinnvoll

Wegen der geringeren Energiedichte von Flüssiggas müssen Autofahrer zwar mit einem höheren Spritverbrauch von 10 bis 20 Prozent rechnen – aber unter dem Strich bleibt ein Preisvorteil von fast 70 Cent pro Liter gegenüber Superbenzin. In einer Studie des ADAC gab kürzlich knapp jeder zweite der befragten Autogasfahrer an, mit einem Mehrverbrauch zwischen 11 und 20 Prozent über die Runden zu kommen. Steigt der Mehrverbrauch deutlich darüber hinaus an, kann das am Gasfuß liegen – oder aber am Gasgemisch, das an der Tankstelle angeboten wird. Optimal im Auto ist ein je hälftiger Anteil von Propan und Butan. „Wer LPG mit 95 Prozent Propan tankt, das an manchen Tankstellen abgefüllt wird, handelt sich einen Mehrverbrauch von 30 oder gar 40 Prozent ein, der den wirtschaftlichen Vorteil zunichte macht“, weiß der Gas-Nachrüster Gandolf Seeliger vom Zentrum für alternative Kraftstoffe in Edingen-Neckarhausen bei Mannheim.

Nicht ohne Tücke ist es auch, wenn der Mehrverbrauch deutlich niedriger liegt: Solche auf den ersten Blick sehr erfreulichen Werte kann man erreichen, indem der Umrüster das Gas-Luftgemisch sehr mager einstellt. Das kann allerdings neben einem unrunden Motorlauf auch bei forcierter Fahrweise den Hitzetod des Zylinderkopfs bedeuten. Denn im Gasbetrieb entstehen höhere Verbrennungstemperaturen, so- dass zum Beispiel Ford die Umrüstung ab Werk nur in Kombination mit speziellen Zylinderköpfen mit besseren thermischen Eigenschaften anbietet. Ein anderer Trick, zu hohe Motortemperaturen zu verhindern ist: Ab Drehzahlen von 4500 Touren ist das Motorsteuergerät so programmiert, dass kein Gas, sondern Benzin eingespritzt wird. Das kühlt die Brennräume, verschlechtert aber die Wirtschaftlichkeit.

Experten raten daher von der Umrüstung ab, wenn der Fahrer nach wie vor einen sportlichen Umgang mit dem Gasfuß pflegen will, zum Beispiel Außendienstler, die häufig unter Termindruck unterwegs sind. Prinzipiell eignen sich damit auch hubraumstarke Motoren, deren Leistung meist nur zum Teil abgefordert wird, am besten für eine Nachrüstung – einmal abgesehen davon, dass sich bei einem hohen Benzinverbrauch auch die Umrüstung am schnellsten amortisiert.

Ein sauberer Einbau von Tank, Gasleitungen und Anlage, die korrekte Einstellung der Fahrzeugelektronik – das alles erfordert Erfahrung und Arbeitszeit. Wer seinen Benziner umrüsten lassen will, sollte sich, rät der ZDK, dafür Vergleichsangebote mehrerer Fachbetriebe einholen und auch klären, welche Erfahrung die Werkstatt hat – speziell mit dem Fahrzeugtyp, damit die möglichst optimale Technik eingebaut wird. Bevor man sich für einen Nachrüster entscheidet, sollte man auch genau hinschauen, wie lange dieser schon im Geschäft ist: Wie Thomas Lennartz in einschlägigen Internet-Foren erfuhr, sind besonders solche Nachrüster mit Vorsicht zu genießen, die mit Angeboten zum Teil weit unter 2000 Euro werben oder das Thema Mehrverbrauch herunterspielen.

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