
Gehäuse aus Kunststoff, in denen Spulen, Kontakte und Magnete stecken: Was da im Amberger Gerätewerk von Siemens am Ende eines auf vier Hallen verteilten Produktionsprozesses in Transportbehältern landet, erweckt nicht den Eindruck eines High-Tech-Produkts, das unbedingt in Deutschland gefertigt werden muss. Ginge das nicht in China billiger?
„Nicht in dieser Qualität“, sagt Rudolf Gietl. Der Ingenieur muss es wissen. Schließlich leitet Gietl nicht nur das Werk in Amberg. Der Manager steuert ein Netz von elf rund um den Globus verteilten Siemens-Werken, in denen elektrische Schalter gebaut werden, die Antriebe von Fahrstühlen steuern, Produktionsanlagen überwachen und sie bei Störungen sogar abschalten, damit sie keinen Schaden nehmen.
Die jeweils neueste Generation dieser Schalter entsteht zunächst in Amberg, dem Werk mit dem weltweit besten Know-how. Hier werden Herstellung und Produktqualität zunächst optimiert. Erst danach produzieren auch andere Werke nach den in Amberg bewährten Verfahren die Schalter.

Das Werk funktioniert wie ein gut geöltes Räderwerk, in dem jedes winzige Teil perfekt in das andere greift: Die Maschinen schnurren ohne Unterlass, Material steht taktgenau bereit, jeder Handgriff sitzt, niemand steht tatenlos herum.
Doch das eigentliche Geheimnis des Erfolgs, sagt Gietl, liege woanders: Die Arbeitsabläufe in der Fabrik sind nicht nur perfekt aufeinander abgestimmt. Mitarbeiter aller Ebenen reichen zudem Tausende Verbesserungsvorschläge ein. Welcher Arbeitsschritt ist überflüssig? Wo lässt sich Material einsparen? Wie erfahren wir noch besser, was die Kunden wünschen?

Sich täglich fortentwickeln zu wollen ist bei Siemens in Amberg fester Bestandteil des Selbstverständnisses – auf allen Hierarchiestufen.
Amberg ist hierzulande überall: Innovationskraft, Effizienz und ein ausgeklügeltes System, die Kreativität jedes Einzelnen zu aktivieren, „sind die Erfolgsfaktoren der deutschen Industrie“, sagt Christoph Loch, Produktionsexperte an der französischen Managementschule Insead. Als einziger westlicher Industrienation gelingt es Deutschland damit seit 2000, seinen Weltmarktanteil auszubauen. Briten, Amerikaner, Japaner und Franzosen dagegen sind zurückgefallen.
Im Amberger Siemens-Gerätewerk finden sich all diese Stärken wieder. Die Juroren von Insead und der WHU-Otto Beisheim School of Management kürten die Oberpfälzer daher zum Sieger 2011 des WirtschaftsWoche-Wettbe-werbs „Die Beste Fabrik“, Europas anspruchsvollstem Leistungsvergleich für produzierende Betriebe.