München Vier Jahre nach dem Start des iPhone-Bezahldiensts Apple Pay in den USA ist der Service seit Dienstag auch in Deutschland verfügbar. Der Konzern schaltete die Funktion am Morgen frei.
Bei Apple Pay kann man im Laden mit dem iPhone oder der Apple Watch wie mit einer Kreditkarte bezahlen. Dazu hält man das Gerät an der Kasse ans Terminal.
Die Kassentechnik muss dafür kontaktloses Bezahlen unterstützen – rund 820.000 Terminals in Deutschland wurde bereits entsprechend umgerüstet. Außerdem kann man mit Apple Pay ähnlich wie mit Diensten wie PayPal auch bei Online-Käufen bezahlen.
Branchenexperten erwarten von der Premiere von Apple Pay in Deutschland wichtige Impulse für das Bezahlen mit dem Smartphone. Zuvor hatte bereits Google im Juni sein Bezahlsystem Google Pay eingeführt.
Zu den Partnern von Apple gehören das größte Kreditinstitut der Bundesrepublik, die Deutsche Bank. Daneben finden sich Banken und Finanzdienstleister wie N26, boon, HypoVereinsbank, Hanseatic Bank, Fidor Bank, bunq, American Express, Santander und Comdirect Bank.
Vorerst nicht dabei sind die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die auf eigene Bezahl-Apps setzen. Sie bieten kontaktloses Bezahlen allerdings nur auf Smartphones mit dem Betriebssystem Android, weil sie auf iPhones nicht auf den NFC-Funkchip zugreifen können.
Der Start von Apple Pay in Deutschland war von Konzern-Chef Tim Cook Anfang August angekündigt worden. In anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Schweiz oder Spanien hat Apple den Dienst bereits eingeführt. Insgesamt gibt es das Bezahlsystem bislang in 31 Ländern.
Ein sehr spezieller Markt
Deutschland galt lange als ein sehr spezieller Markt für Bezahldienste, das Motto „Nur Bares ist Wahres“ war hierzulande weit verbreitet. Statistisch gesehen stimmt das inzwischen nicht mehr ganz. Nach einer Studie der Deutschen Bundesbank sank die Bargeld-Quote 2017 bei Geldtransaktionen erstmals unter die 50-Prozent-Schwelle: Nur noch 47,6 Prozent der Zahlungen wurden bar beglichen.
Bei Kartenzahlungen kommt meist die Girocard zum Einsatz und nicht Kreditkarten. Eine Girocard in einen Smartphone-Bezahldienst zu integrieren, bedeutet mehr Aufwand. Zum Start in Deutschland können lediglich Kredit- und Debitkarten in Apple Pay eingebunden werden.
Inzwischen werden Kreditkarten hierzulande aber auch an sehr vielen Orten akzeptiert. Das hat auch mit der Politik zu tun. Ende 2015 hatte die Europäische Union beschlossen, das sogenannte „Interbankentgelt“ bei Kartenzahlungen zu deckeln und damit deutlich zu kürzen. Die Gebühr darf nun bei Girocards nicht mehr als 0,2 Prozent der Zahlungssumme betragen.
Bei Kreditkarten ist der Betrag auf 0,3 Prozent der gesamten Zahlung gedeckelt; zuvor waren es zum Teil mehrere Prozent. Nach dem Inkrafttreten der Regulierung änderten auch die Pfennigfuchser der Deutschen Wirtschaft – darunter die viel genutzten Discounter wie Aldi, Lidl und Penny – ihren Kurs und akzeptierten auch Kreditkarten.
Inzwischen ist auch die Umrüstung auf Terminals, die kontaktloses Bezahlen per NFC-Funk unterstützen, weit fortgeschritten. Damit ist Deutschland für den Start eines Dienstes wie Apple Pay besser gerüstet als viele andere Länder.
Die Comdirect Bank, die seit Sommer den ähnlich funktionierenden Konkurrenzdienst Google Pay anbietet, ist zufrieden damit, wie er bei den Kunden ankommt. „Mehr als die Hälfte der registrierten Kunden bei Google Pay nutzt den Dienst regelmäßig – also mindestens fünf Mal im Monat“, sagt Bankchef Arno Walter. Zugleich werde der Service häufiger im Laden als bei Online-Zahlungen eingesetzt.
„Ich glaube schon, dass sich das mobile Bezahlen auch im Bargeldland Deutschland etablieren wird“, zeigt sich Walter zuversichtlich. Man habe in den vergangenen Monaten gemerkt, dass die Apple-Kunden sehr auf den Start des iPhone-Bezahldienstes gewartet hätten.
Für die Banken bedeutet Bezahlen per Smartphone auch mehr Sicherheit: Bei Google Pay kenne er bisher keinen einzigen Betrugsfall, sagt der Bankchef. Die Comdirect Bank plant, auch die Girocard in Google Pay und Apple Pay zu integrieren, es ist aber ein komplexer Prozess.