Biomining Bakterien als Goldgräber

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Kupferspuren im Tagebau in Chile

Erst kürzlich bewertete er deshalb alle Lagerstätten im Erzgebirge neu. Ergebnis: In dem längst vergessenen Berg-baudorf Zschorlau in Sachsen, nicht weit von der tschechischen Grenze, lohnt es sich besonders. Schon in den nächsten Monaten sollen sich daher die Räder des denkmalgeschützten, längst stillge-legten Förderturms zur Erkundung wieder drehen. Das Sächsische Oberbergamt schätzt alleine das Silbervorkommen in der Region auf einen Wert von 100 Millionen Euro.

Das spricht sich herum. So erkundigte sich auch ein weiteres Bergbauunternehmen bei Biomining-Forscher Richter nach dem Potenzial der Technik: Die Kupfer Schiefer Lausitz GmbH (KSL), eine Tochter des internationalen Bergbauunternehmens Minera, will in der Region Lausitz ab 2016 Kupfer abbauen. Mehr als 800 Meter tief liegt das Metall gemeinsam mit Nickel, Kobalt, Molybdän, Palladium, Zink, Silber, Blei und Gold – laut KSL im Wert von rund zehn Milliarden Euro.

Zehnfaches Tempo

Zwar setzt KSL-Firmenchef Thomas Lautsch zunächst auf klassische Verhüttungstechnik. „Unser Erz ist sehr reich an Kupfer. Da brauchen wir kein Biomining“, sagt er. Doch wie in jedem Bergwerk ist das reiche Erz von magererem Gestein umgeben. Hierfür könnte die biotechnologische Methode sich lohnen. Bakterien könnten außerdem dazu genutzt werden, Rohstoffe aus Abwässern und Abraum zu gewinnen. Biomining, sagt Lautsch, sei eine Option, die man prüfe.

Und das, obwohl die Forschung für die neue Technik noch ganz am Anfang steht. Denkt man die Entwicklung weiter, werde klar, welch enormes Potenzial Biomining habe, sagt Geologe Axel Schippers von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover.

Vor allem schneller und ertragreicher sollen die Bakterien in Zukunft arbeiten. Dazu kann der mikrobielle Abbau in Tanks – sogenannte Bioreaktoren – verlegt werden. Die Temperatur und die übrigen Bedingungen werden im Metallbottich exakt gesteuert. Dadurch verzehnfacht sich das Tempo der Gewinnung mindestens, berichtet Dominique Morin vom französischen staatlichen Rohstoffinstitut BRGM in Orléons. So können Metalle in nur sechs Stunden vollständig aus dem festen Erz gelöst und mit verdünnter Schwefelsäure herausgeschwemmt werden. Bisher dauerte das mehrere Monate.

In den geschlossenen Anlagen könnten sogar gentechnisch veränderte Bakterien Erz zersetzen, was im Freien ökologisch heikel wäre, weil die manipulierten Lebewesen in die Umwelt gelangen könnten. Ein Bioreaktor verbraucht allerdings auch mehr Energie und ist teurer im Unterhalt als die Haldentechnik.

Trotzdem kann sich die Verlagerung von draußen nach drinnen lohnen: Nahe der Kasesemine im Südwesten Ugandas wird in einer Anlage der BRGM bereits auf diese Weise Kobalt gewonnen. Die kanadische Unternehmensgesellschaft Bac-tech wiederum lässt in Tanks Gold aus reinen Erzen isolieren. Künftig sollen auf diese Weise auch Kobalt, Nickel und Silber aus Minenabfällen gewonnen werden.

Eine andere Stellschraube, das Verfahren zu verbessern, hat der Duisburger Biotechnologe Sand entdeckt: Spezielle Moleküle helfen den Bakterien dabei, sich am Gestein festzuhalten. Der Metallertrag steigt dadurch um mehr als das Zehnfache. „Wenn wir die Molekularbiologie auf das Biomining anwenden, tun sich ganz neue Möglichkeiten auf“, sagt Sand.

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