Biomining Bakterien als Goldgräber

Minenbetreiber versuchen, wertvolle Metalle und Seltene Erden mit Bakterien aus dem Gestein zu lösen. Das ist umweltfreundlicher, effizienter – und billiger. Mit der Technik kehrt der Bergbau sogar nach Deutschland zurück.

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Zum Steinerweichen Quelle: Talvivaara Mining

Sotkamo, 475 Kilometer nördlich von Helsinki, nicht weit von der russischen Grenze. Riesige Halden aus schwarzem Erz ragen aus dem Schnee. Endlos scheinende Förderbänder transportieren das Gestein zur Weiterverarbeitung. Das kilometergroße Areal ist so weitläufig, dass man es nur vom Flugzeug aus überblicken kann. Aus dem Erz gewinnt der finnische Bergbaukonzern Talvivaara seit 2010 tonnenweise Nickel, Zink und andere Metalle. An sich wäre das nicht erwähnenswert. Doch das Verfahren, mit dem die Finnen an die Metalle kommen, ist spektakulär: Sie schmelzen die Rohstoffe nicht – wie sonst üblich – in Hochöfen aus dem Erz. Sie holen Nickel und Zink mithilfe von Bakterien aus dem Gestein. Biomining heißt das Verfahren passenderweise.

Dafür wird das Erz zunächst zu Granulat zermahlen, auf das dann aus dünnen Schläuchen Schwefelsäure rinnt. Säure und Sauerstoff lassen rund 20 Bakterienstämme sprießen, die im Gestein natürlich vorkommen. Sie fühlen sich im sauren, heißen und schwefelhaltigen Umfeld besonders wohl, und sie ernähren sich, indem sie das Erz zersetzen. Übrig bleibt eine metallhaltige Flüssigkeit, aus der die Finnen das Metall schließlich mittels eines elektrischen Verfahrens gewinnen.

Weltweiter Run auf die Technik

Einmal in Gang, läuft Biomining wie von selbst: Es braucht keinen 1000 Grad heißen Hochofen, verursacht keine giftigen Schwefelgasemissionen, keinen Feinstaub und kein Treibhausgas. Dafür erschließt Biomining neue Rohstoffquellen: längst geschlossene Minen und Abraumhalden zum Beispiel oder metallarme, bislang nutzlose Erzvorkommen. Selbst Elektronikschrott und Abwässer werden zu Minen des 21. Jahrhunderts. Ganz nebenbei ermöglicht Biomining eine Bergbau-Renaissance selbst in Deutschland.

Kein Wunder, dass Minenbetreiber weltweit massiv in die Technik investieren; etwa der australisch-britische Rohstoffkonzern BHP Billiton, die multinationale Bergbaugesellschaft Rio Tinto oder deren südafrikanischer Konkurrent Mintek. Denn der Bedarf nach Metallen wie Kupfer, Nickel und Platin wächst. Zugleich gehen deren Vorräte zur Neige – das treibt den Preis: Einige dieser Metalle sind schon heute drei Mal so teuer wie noch 2009.

Ganz neu ist Biomining zwar nicht. Rund 25 Prozent des Kupfers und 10 Prozent des Goldes werden schon heute in Südafrika, Kanada, Australien, Chile, Indien oder China bakteriell gewonnen.

Doch nun wird die biotechnische Förderung erstmals auch für andere Rohstoffe genutzt, darunter Zink, Nickel und Kobalt. Selbst für Silber und die begehrten Seltenen Erden eignet sie sich. „Biomining ist die Technik der Zukunft“, sagt der Geologe Jan Richter vom Bergbaudienstleister Geos im sächsischen Freiberg.

Das Verfahren lohnt sich sogar in Europa, wo sich der Bergbau jahrelang auf dem Rückzug befand. Minenbetreiber in Spanien, Polen, Portugal und Deutschland loten die Methode aus. In der Steiermark etwa will das Unternehmen Silbermine Zeiring ab 2016 die Förderung verschiedener Metalle mit Biomining aufnehmen.

Dabei sind die Kosten zunächst beachtlich. Rund 40 Millionen Euro investierte der finnische Biomining-Pionier Talvivaara in die innovative Mine in Sotkamo.

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