Bkool Smart Pro 2 und Wahoo Kickr im Test Wie Sie die Alpen im eigenen Wohnzimmer überqueren können

Seit die Preise für smarte Rollentrainer gefallen sind, ist der Multimediaspaß für Jedermann erschwinglich. Worauf beim Kauf zu achten ist.

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Seit die Preise für sogenannte smarte Rollentrainer gefallen sind, ist der Multimediaspaß für Jedermann erschwinglich. Wir zeigen, worauf Sie beim Kauf achten müssen. Quelle: Bkool

Bonn Schnee, Regen, Nebel, Kälte, Nässe, Dunkelheit: Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir läuft es angesichts solcher Witterungsbedingungen kalt über den Rücken. Warum also nicht in den eigenen vier Wänden trainieren? Seit die Preise für sogenannte smarte Rollentrainer gefallen sind, ist der Multimediaspaß für Jedermann erschwinglich. Wir haben zwei populäre Sportgeräte getestet und zeigen, worauf Sie beim Kauf achten müssen.

Während die Sonnenverwöhnten sich schon im Dezember in kanarische Trainingslager verabschieden und trainieren, wo andere Urlaub machen, bleibt den Daheimgebliebenen oft nur das Indoor-Training auf dem Spinning-Fahrrad im überfüllten Fitnessstudio. Andere schwitzen auf dem Ergometer im Schlafzimmer oder unten im fensterlosen Keller. Wer darauf bislang aber keine Lust oder kein geeignetes Studio in seiner Nähe fand, spulte die nötigen Grundlagenkilometer daheim auf der eigenen Magnetrolle ab.

Aber mal ehrlich: Das war in den vergangenen Jahrzehnten die Hölle, weil das Fahrgefühl auf den zusammenklappbaren Hinterbau-Sportgeräten, in die man sein Bike klemmte, absolut gar nichts mit Fahrradfahren zu tun hatte. Außerdem: Schweißflecken auf dem Laminat, kein Fahrtwind im Gesicht, keine Kühlung, keine Abwechslung - man musste bislang schon Freak sein, um daran volle Freude zu haben.

Aber die Zeiten von monotonem Pedalieren und stundenlangem Gegen-die-Wand-gucken sind vorbei. Es hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Dank der Digitalisierung lässt sich der Langweile jetzt mit Multimedia auf den Pelz rücken. Die Sportgeräte wurden weiterentwickelt, modernisiert, billiger (was heute 800 Euro kostet, war vor zehn Jahren noch zehnmal so teuer) und mit Schnittstellen zu diversen Apps und Online-Plattformen verknüpft.

Dort warten nun echte Sparringspartner aus der ganzen Welt, virtuelle Touren, Videos von echten Rennstrecken und knackige Intervall-Programme. Rollentrainer der heutigen Generation sind richtige Wattmessgeräte mit unglaublich vielen Extras.

Damit sind die Geräte nicht mehr nur attraktiv für eingefleischte Triathleten und Rad-Profis, sondern für alle, die sich ohne viel Aufwand trotz Vollzeitjob fit halten und in kurzer Zeit möglichst effizient mit Action und Adrenalin trainieren möchten. Sie wissen ja: Man soll Körper und Kopf gleichermaßen fordern - genau das bieten die smarten High-End-Trainer. Andererseits sind Preise zwischen 800 und 1.200 Euro eine Stange Geld - lohnt sich das?

Folgende Smart-Trainer standen uns für drei Monate zur Verfügung: Der Kickr des amerikanischen Herstellers Wahoo, der direkt über die Kette des Fahrrads angetrieben wird. Preis: 1.199 Euro. Sowie von Bkool, einem spanischen Hersteller, den Rollentrainer Smart Pro 2 für 574 Euro, der am eigenen Hinterrad montiert wird. Wer macht das Rennen?

Top oder Flop? Smart Pro 2

Fangen wir mit dem Smart Pro 2 von Bkool an, der in einem sehr großen und schweren Karton (etwa zwölf Kilogramm) geliefert wird. Aber keine Angst, der Aufbau ist im Grunde kinderleicht, da es nur zwei Teile gibt, die ineinander gesteckt werden müssen. Okay, drei - der Stecker gehört noch in die Steckdose. Etwas fummeliger ist es, das Hinterrad in die Rolle zu bekommen - mit ein bisschen Übung werden die Handgriffe aber schnell zur Routine.

Da bei diesem Gerät das eigentliche Hinterrad nicht ausgebaut wird, empfiehlt es sich, vor dem ersten Stand-Radeln einen speziellen - meist blauen - Mantel aufzuziehen, der sowohl die Geräusche minimieren soll als auch bessere Abriebeigenschaften hat. So etwas kostet im Handel keine 30 Euro, macht sich aber durchaus bezahlt.

Was beim Aufbau auffällt: Hier wurde zwar hübsch designt, das Material aber wirkt nicht ganz so wertig. Vor allem die seitlichen Drehschrauben, mit denen das Rad fixiert wird, sind ergonomisch nicht optimal durchdacht und es braucht einige Anläufe, bevor das Fahrrad nicht mehr wackelt und fest sitzt. Andererseits kostet der Rollentrainer mit 574 Euro auch nur knapp die Hälfte des Wahoo Kickr, der unter Experten als Referenz für diese Geräte gilt. Insofern passt das schon mit dem Preis-Leistungsverhältnis, denn auch nach intensivem Gebrauch ist alles an seinem Platz und der Smart Pro 2 schnurrt wie ein Kätzchen.

Bevor es aber auf die virtuelle Rennstrecke geht, braucht es entweder die kostenlose Bkool-App (für iOS und Android), mit der sich der Trainer via Bluetooth koppeln und bedienen lässt. Oder aber Sie richten sich am PC (dann wird die Rolle mit einem ANT+ USB-Stick und dem Rechner gekoppelt) online ein Profil auf der Bkool-Plattform ein. Dort haben Sie Zugriff auf 3D-Routen, Multiplayer-Challenges in Echtzeit, knallharte Workouts und über 1.200 Videos von Radstrecken auf der ganzen Welt. Zumindest dann, wenn Sie nochmal dafür bezahlen. Denn wie bei den meisten anderen Trainingsplattformen (Zwift, Tacx, Elite, Road Grand Tours & Co.) auch, fallen nach einem kostenlosten Test-Zeitraum über drei Monate monatliche Gebühren von etwa 10 Euro an, um alle Funktionen nutzen zu können.

Für ein effizientes Training sind Sie aber auch mit der kostenlosen App sowie den Basisfunktionen für PC oder Tablet gut gerüstet. Die App stürzt im Test obendrein deutlich weniger ab als die Online-Software auf dem Laptop, der vor meinem Rad auf dem Bügelbrett steht. Daneben: ein Standventilator, denn das smarte Training ist definitiv eine schweißtreibende Angelegenheit. Jetzt kann es los gehen.


Radeln mit Bkool: Meine Beine betteln um Gnade

Startpunkt meiner ersten Tour ist die kleine Ortschaft Saint-Etienne-de-Cuines. Sie wissen schon: nördliche Westalpen. Mein Ziel: der Col du Glandon. Vor mir rund 1.500 Höhenmeter, durchschnittliche Steigung 6,9 Prozent, maximale Steigung elf Prozent, Strecke: 21,5 km. Das Video auf dem Bügelbrett startet und die gnadenlosen Kehren hinein in Waldgebiete und wieder hinaus sind zermürbend. Auf der Hälfte kommt eine erholsame Flachstrecke, danach klettert die Steigung wieder auf neun Prozent und meine Beine betteln um Gnade.

Irgendwann im letzten Drittel simuliert die smarte Rolle einen monströsen Anstieg von elf Prozent (einige Smart-Trainer können bis zu 25 Prozent Steigung simulieren) - ich bin kurz davor, das Handtuch zu werfen, aber von der Schönheit der Landschaft, in der ich in meinem Arbeitszimmer auf der Stelle radle, so fasziniert, dass mich das Gipfelfieber packt. Ich muss da rauf. Und werde belohnt - mit einem atemberaubenden Blick über die französischen Alpen. Geschafft. Eine ganz neue Erfahrung für mich: Indoor fast 2,5 Stunden lang non-stop bergauf zu fahren.

Das fasziniert mich und ich fahre in den folgenden Wochen mehrere legendäre Anstiege der Tour de France ab, klettere unzählige Höhenmeter zu verschneiten Passhöhen hinauf und bezwinge am Ende in einer über vierstündigen Tortour durch einsame Mondlandschaften den Mont Ventoux - für jeden Radsportler der Ritterschlag. Zumindest offline - ob das auch für mein Arbeitszimmer im rheinischen Siebengebirge gilt, muss ich noch recherchieren.

Kurz: Der Bkool Smart Pro 2 überzeugt mich vor allem mit seinen vielfältigen Online-Funktionen und macht einen absolut guten Fahreindruck. Obwohl er im vollen Sprint nicht ganz leise ist, bringt er mich tatsächlich dazu, über die grauen Wintermonate sehr viel häufiger zu trainieren - einfach weil es richtig Spaß macht, reale Strecken auf der ganzen Welt abzufahren und mich mit anderen Fahrern gleichzeitig zu messen. Dabei werden die wichtigsten Daten schon während des Trainings angezeigt; nach der Einheit gibt es ausführlichere Infos zur Analyse auf der Online-Plattform.

Minuspunkte gibt es, weil sich im Trainingsmodus mit den 3D-Animationen die Software am Laptop oder auch auf dem Tablet oft aufgehängt hat und sich das Problem nur durch einen kompletten Neustart des Rechners hat lösen lassen. Irgendwann bin ich daher generell auf die App gewechselt. Dort kann ich zwar weder Videos noch 3D-Challenges fahren, aber in Ruhe meine Intervalle nach Trainingsplan abspulen - während ich mich vom Laptop auf dem Bügelbrett von amerikanischen Serien berieseln lasse.

Tipp oder Trauerspiel? Wahoo Kickr

Vorhang auf, jetzt geht’s zum König der Rollentrainer, der vor etwa sechs Jahren auf den Markt gekommen ist. Der Wahoo Kickr war damals eine richtige Sensation, weil er ein Top-Fahrgefühl bietet, für das man sonst mehrere Tausend Euro bezahlen musste.

Was den smarten Rollentrainer so besonders macht, ist der Direktantrieb mit eigenem Ritzelpaket und schwerem Schwungrad. Das eigene Hinterrad ist damit überflüssig. Ob Schnellspanner, Steckachsen oder Scheibenbremsen: damit ist der Kickr für Zeitfahr- und Rennräder genauso geeignet wie für Mountainbikes und Crosser.
Die Datenübertragung auf Endgeräte und kompatible Apps (der Kickr war von Anfang an offen für die Software Dritter) erfolgt via ANT+, FE-C und Bluetooth. Ich habe das Sportgerät mit der eigenen Wahoo-App getestet, die ich auf mein Smartphone geladen habe (lässt sich problemlos koppeln und konfigurieren und ermöglicht im Anschluss an das Training den Versand der Trainingsdaten per Mail, um sie mit einer Analyse-Software auszuwerten).

Aufgebaut ist der Wahoo Kickr im Nullkommanix. Es gibt zwei ausschwenkbare Beine mit verstellbaren Füßen, damit das solide gebaute Gerät auch auf unebenem Boden nicht wackelt. Sobald diese eingerastet sind und das Stromkabel steckt, kann es auch schon losgehen. Natürlich müssen Sie erst noch das Hinterrad ausbauen und die Kette aufs Ritzelpaket ziehen - geübten Radsportlern gelingt das aber im Handumdrehen.


Kein Verkehr, keine Ampeln - freie Fahrt

Was soll ich sagen? Vom ersten Antritt an ist dieses Gerät der Hammer und man muss genau so, wie auf der Straße draußen auch, erst einmal etwas Widerstand überwinden. Mit der Gangschaltung am Rad wird die Schwungmasse auf Drehzahl gebracht, gebremst wird elektronisch über die Kette. Das fühlt sich alles so realistisch an, als würde man tatsächlich richtig Rad fahren.

Allerdings kann es bei hohen Geschwindigkeiten schon richtig laut werden. Sagen Sie also besser den Nachbarn unten Bescheid, bevor Sie sich in die digitalen Pyrenäen oder die Vogesen begeben, um spektakuläre Anstiege zu bezwingen. Alternativ kann man auch für ein paar Euro im Baumarkt eine spezielle Hartgummimatte kaufen und unter das Rad legen, wie man sie auch für Waschmaschinen verwendet.

Generell bleibt noch festzuhalten, dass es in der neuen Welt des Indoor-Sports keine Dinge wie Kreisel, Ampeln oder gefährlichen Verkehr gibt, die das Training beeinflussen. Man setzt sich drauf, schaltet den Kopf aus und konzentriert sich auf seine Beinarbeit und spannende Abenteuer auf der virtuellen Radstrecke. Was die Sportrollen so effektiv macht, sind die fehlenden Leerrollzeiten. Das sind die Zeiten, die Sie vor Ampeln oder in Abfahrten nicht treten, sondern einfach nur rollen lassen.

Unabhängig vom Hersteller sollten Nicht-Technikfreaks sich aber intensiv mit den Apps und der jeweiligen Trainingssoftware beschäftigen - nur dann können sie die Geräte gut ausreizen.

Fazit: Motivation pur

Kein Zweifel: Gutes Material wie bei dem Premium-Gerät Wahoo Kickr hat eine motivierende Eigenschaft. Im Praxistest überzeugt der Rollentrainer auf ganzer Linie. Verfallen Sie nun aber bitte nicht sofort in den Kaufrausch und lassen Sie sich Zeit bei der Entscheidung. Informieren Sie sich ausführlich und lassen Sie sich gut beraten, denn je nachdem, wie hoch Ihre Ansprüche sind, werden Sie auch mit dem deutlich günstigeren Trainer von Bkool sehr zufriedenstellend trainieren können. Bonuspunkte bekommt das Smart Pro 2 auch gegenüber dem Kickr, weil er sich leichter verstauen lässt.

Auch ein Vergleich mit anderen Herstellern bei beispielsweise Tacx lohnt - die Preisspanne geht, wie meistens beim Thema Equipment, weit auseinander und nach oben sind fast keine Grenzen gesetzt. Laut Hersteller können High-End-Geräte die Leistung bis auf maximal zwei Prozent Abweichung genau bestimmen. Bei günstigeren Geräten ist diese meistens etwas höher und liegt irgendwo zwischen fünf und zehn Prozent. Was ich testen konnte, erfüllten beide Geräte ohne Fehl und Tadel. Und nun viel Spaß beim Trainieren.

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