
Es ist der nächste große Schritt zum vernetzten Fahrzeug: Notrufgeräte, die Rettungsdienste bei Autounfällen automatisch benachrichtigen, müssen ab Oktober 2015 in allen neuen Auto- und Lieferwagenmodellen in der EU installiert sein. Steht es im Gesetzentwurf über das eCall-System, den das Parlament am Mittwoch angenommen hat. Im Jahr 2012 gab es bei Verkehrsunfällen in der EU 28.000 Todesopfer und 1,5 Millionen Verletzte.
Die Einführung eines EU-weiten Notrufsystems soll im Jahr ungefähr 2500 Leben retten und die Schwere von Verletzungen in zehntausenden Fällen erheblich verringern. Das eCall-System wird die Verbraucher nichts kosten und jedem Fahrer oder jeder Fahrerin unabhängig vom Fahrzeug zur Verfügung stehen. Das bordeigene eCall-Notrufsystem nutzt die einheitliche europäische Notrufnummer 112, um die Rettungsdienste automatisch zu schweren Verkehrsunfällen zu lotsen. Es weist dank genauer GPS-Daten die genaue Unfallstelle aus und hilft so den Diensten, schneller vor Ort zu sein.
Die Abgeordneten des Parlaments haben die Datenschutzklausel im Gesetzentwurf verschärft, um zu gewährleisten, dass die Fahrzeuge nicht aufgrund der eCall-Technologie ständig verfolgbar sind. Die vom System bei einem Unfall abgesetzten Daten dürfen nur Informationen zur Aktivierung, zum Fahrzeugtyp, zum Treibstoff, zu Unfallzeitpunkt, zur Fahrzeugposition, Fahrtrichtung und zur Anzahl der angelegten Sicherheitsgurte enthalten.
50 Computer in jedem Auto
Keine Frage: Das Auto wird immer mehr zur wandelnden Datenzentrale. Videokameras, Radar- und Ultraschallsensoren liefern Außendaten ins Fahrzeug. Smartphones, eingebaute SIM-Karten oder auch WLAN-Netze verbinden es mit der Außenwelt. Jeffrey Owens, Cheftechnologe beim US-Zulieferer Delphi, rechnet vor, dass heute in jeden Neuwagen mindestens 50 Computer eingebaut sind und Delphi täglich mehr Computer verkauft als Dell und HP zusammen. Die großen deutschen Automobilzulieferer sind gewappnet. Elektrisch, automatisiert, vernetzt - so fährt das Auto von morgen, prophezeit Bosch-Chef Volkmar Denner. "Vollautomatisiertes Fahren, Hände weg vom Lenkrad auch jenseits der Autobahnen, ist nur als vernetztes Autofahren vorstellbar“, sagt Denner.





Eines der Hauptargumente auch hierfür: Der weltweit größte Zulieferer, der das automatisierte Fahren bereits auf öffentlichen Straßen testet, weiß, dass sich so die Zahl der Unfälle reduzieren ließe.
Die UN geht davon aus, dass die Zahl der Verkehrstoten bis 2020 weltweit von 1,3 Millionen auf fast zwei Millionen ansteigen wird. "Das darf die Welt nicht akzeptieren", lautet der Appell von Dirk Hoheisel, Boschs Elektronik-Vorstand. Die Zulieferer wissen auch: Je ambitionierter kommende Sicherheitsfunktionen sind, desto mehr setzt das Kommunikation zwischen Fahrzeugen, aber auch mit der Infrastruktur voraus.
Das ruft IT-Riesen auf den Plan, die helfen sollen, anfallende Datenmengen zu bündeln. Continental verkündete zu diesem Zweck kürzlich eine Kooperation mit IBM. Ob die IT-Industrie ähnlich wie im Mobilfunk das Zepter in die Hand nehmen wird, bleibt noch offen. Fest steht für Dirk Wollschläger, General Manager Automotive bei IBM, der Anteil von Elektronik, Elektrik und IT steige seit Jahren im Automobil. Mittlerweile finden 80 Prozent der Innovationen in oder um das Fahrzeug herum in diesem Bereich statt.