Das vernetzte Zuhause Die Einfallstore der Cybergangster

Das vernetzte Zuhause bietet viele neue Möglichkeiten - vor allem für Kriminelle. Sie kapern nicht nur die PCs, sondern auch noch die Heizungstechnik.

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Die Betrugsmethoden, die bei üblichen PCs und Notebooks funktionieren, werden auch gegen Geräte in einem vernetzten Haushalt eingesetzt. Quelle: obs

Düsseldorf Dem digital vernetzten Haushalt gehört die Zukunft, heißt es überall in der IT-Industrie. Doch die schöne neue Welt hat ihre Tücken, wie folgender Fall zeigt: Viele Fernseher mit Internet-Anschluss arbeiten mit dem Google-Betriebssystem Android. Lädt man übers TV von einem App-Store Software herunter, zum Beispiel Facebook-Apps, so können diese mit Schadsoftware infiziert sein.

Nutzt man etwa eine mit einem Trojaner behaftete Facebook-App, um auf dem Fernseher das soziale Netzwerk zu nutzen, teilt man möglicherweise ungewollt über das Internet Cyberkriminellen die Facebook-Anmeldedaten mit. Das Konto kann dann missbraucht werden.

„Generell werden die Angriffsmöglichkeiten für Kriminelle im Heimanwenderbereich breiter. Dabei können Betrüger die bei PCs erfolgreichen Betrugsmethoden und -technologien auf neue Geräteklassen ummünzen“, sagt Christian Funk, Analyst beim Virenschutzanbieter Kaspersky Lab.

Besonders bedrohlich ist dabei Erpressungs-Software, die den Gebrauch von Geräten erst gegen Zahlung freigibt. Das könnte bei Hausbesitzern für kalte Füße sorgen, wenn Cybergangster die Heizung abschalten und sie erst gegen Lösegeld wieder hochfahren. Der größte anzunehmende Unfall im digitalen Zuhause: Wenn Einbrecher durch einen IT-Hack das Absperrsystem der Wohnungstür manipulieren.

Kritisch wird es vor allem dann, wenn die Systeme zu Hause eine Verbindung ins Internet haben und drahtlos betrieben werden. Viele Menschen bevorzugen heute Lösungen, die keinen Kabelwust erzeugen. Außerdem sind die Nachrüstlösungen in aller Regel funkgesteuert.

„Entscheidend ist, ob man eine offene Schnittstelle nach außen hat, zum Beispiel für die Wartung und den Bezug neuer Dienste. Wenn die Geräte über das Internet erreichbar sind, sind die Gefahren gegeben“, sagt Professor Ahmad-Reza Sadeghi, der beim Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie auf „Cyber-Physical Systems“ spezialisiert ist.


Bisher sind es nur Einzelfälle

Generell erzeuge zwar das Vernetzen keine neuen Sicherheitsprobleme, sie nähmen aber durch die höhere Komplexität zu. „Je mehr Geräte vernetzt sind, desto gefährlicher wird es.“

Einig ist sich die Fachwelt darin, dass es effektiver ist, die Sicherheit bereits im Produktdesign zu berücksichtigen, als nachträglich zu entwickeln. Michael Schidlack, Bereichsleiter für das digitale Heim im IT-Verband Bitkom, sieht hierbei Fortschritte: „Das Bewusstsein in der Industrie hat zugenommen. Ältere Systeme sind dagegen nicht so gut geschützt.“

Die Hersteller verweisen auf die Verschlüsselung ihrer Systeme, die für die nötige Sicherheit sorge. Laut Holger Knöpke, dem Leiter des „Connected Home“ der Deutschen Telekom, kommt es bei den funkgestützten Systemen auf die Schlüssellänge an. „Systeme, die im Baumarkt erhältlich sind, bieten aber teilweise keine Verschlüsselung“, kritisiert er.

Professor Sadeghi widerspricht: „Das eigentliche Problem ist das Betriebssystem. Wenn es infiziert ist, nützt die Kryptografie nichts. Viele Angriffe umgehen das Verschlüsselungsprotokoll SSL (Secure Sockets Layer). Zudem wird die Software von außen aktualisiert. Hat der Angreifer darauf Zugriff, kann er auf das ganze System zugreifen.“

Bislang handelt es sich bei den Angriffen auf vernetzte Geräte im Haushalt allerdings noch um Einzelfälle. „Einer der Hauptgründe dafür liegt darin, dass es zurzeit noch viele Plattformen und Standards gibt - im Gegensatz zum dominierenden Betriebssystem Windows bei PCs“, erklärt eine Sprecherin des Sicherheitssoftware-Herstellers Symantec. Das heißt: Den Cyberkriminellen ist es bis jetzt einfach noch zu aufwendig, für jeden einzelnen Hersteller eine eigene Schadsoftware zu schreiben.

Simulierte Angriffe von Experten auf Heimgeräte waren jedoch bereits mehrmals erfolgreich. Fachleute empfehlen Nutzern deshalb neben dem Einsatz von IT-Sicherheitslösungen das gleiche Schutzverhalten wie bei ihren PCs und Notebooks. Die Updates von Betriebssystemen, Apps oder Plug-ins sollte man in jedem Fall regelmäßig installieren.

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