Welche Routen empfehlenswert sind, haben die Wissenschaftler mit einem einfachen Experiment ermittelt. Über einen Online-Test zeigten sie Tausenden von Nutzern je zwei unterschiedliche Aufnahmen aus jeweils dem gleichen Teil der Stadt. Die Teilnehmer wählten dann das Bild aus, das sie schöner fanden oder das sie glücklicher machte.
Darüber hinaus werteten die Forscher auch Datensätze aus anderen Quellen aus, wie beispielsweise dem Online-Foto-Dienst Flickr oder dem Sozialen Netzwerk Instagram. Die Wissenschaftler gingen davon aus, dass Menschen auf solchen Plattformen am ehesten Bilder von Plätzen hochladen, die sie visuell ansprechend finden und haben die Ergebnisse der Bilder-Auswertung deshalb in die Applikation mit einfließen lassen.





Für London, Barcelona und die wichtigsten Stadtbezirke von Tunis und Berlin haben die Forscher bereits „Happy Maps“ entwickelt. Für die Strecke Humboldt-Universität (Startpunkt) bis Alte Feuerwache (Zielort) empfiehlt die App Fußgängern beispielsweise statt dem schnellsten Weg über die viel befahrene Karl-Liebknecht Straße eine Route an der Museumsinsel, dem Alexanderplatz und an einem schattigen Platz an der St. Marienkirche vorbei. Dieser Weg dauert acht Minuten länger, als die Standard-Route an der Karl-Marx-Allee vorbei, ist dafür aber auch deutlich entspannter und ruhiger.
Intelligente Karten sind nicht neu, auch Google bietet bei seinem Online-Dienst „Maps“ alternative Routen für Radfahrer an. Nicht selten findet sich die Option „schöne Route“ selbst bei handelsüblichen Navigationssystemen. Was Quercias App von den bisherigen Umsetzungen unterscheidet, ist jedoch die inhaltliche Tiefe, auf die die Empfehlungen beruhen. Denn bei der Datenerhebung ließen die Forscher die Testteilnehmer nicht nur das Aussehen der Orte und Straßen bewerten. Sie fragten auch persönliche Erfahrungen und Erinnerungen ab und ließen diese Informationen mit einfließen.





So wählt die App die schönste Route nicht allein aufgrund der Ästhetik aus, sondern auch anhand der damit verbundenen Gerüche, Klänge und Gefühle. Mal beschrieben die Versuchspersonen den exotischen Duft eines Restaurants, mal den heftig fauligen Geruch aus Mülltonnen am Straßenrand, der selbst die ruhigste Straße unpassierbar werden lässt. Manchmal fanden die Testteilnehmer einen Ort auch nur deshalb besonders schön, weil sie eine persönliche Erinnerung mit ihm verbanden – etwa den ersten Kuss mit der Jugendliebe auf der Bank im Stadtpark.
Konjunktur
Alle auf diese Weise gesammelten Informationen kann die App noch nicht berücksichtigen, „aber in diese Richtung geht unsere Forschung gerade“, sagt Quercia. „Happy Maps“ soll zeigen, dass es nicht „den einen Weg“ gibt, sondern immer Alternativen – und dass der effizienteste Weg nicht automatisch auch der Beste sein muss.
Die App könnte seinen Nutzern künftig allerdings auch ganz handfesten Nutzen stiften. Geschäftsleute etwa könnten ihren Laden genau an der Stelle eröffnen, wo die Passanten am liebsten ihre freie Zeit verbringen.