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App "Happy Maps" Warum Umwege glücklich machen

Sieben Minuten bis zum Ziel – oder zehn, aber dafür an der grünen Allee vorbei? Navis lassen einem selten die Wahl. Forscher haben nun aber eine App entwickelt, die genau das tun soll.

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Zwei Radler sitzen am Ufer des Bodensees auf einer Bank. Quelle: dpa

Vier Wochen lang hat sich Daniele Quercia Tag für Tag auf dem Fahrrad die laute, überfüllte, nach Abgasen stinkende Massachusetts Avenue hinauf gequält. Seine Navigations-App hatte ihm diese Route als kürzesten Weg zur Arbeit vorgeschlagen und er hatte nicht weiter über den Vorschlag nachgedacht. Warum sollte er auch?

Quercia, der seinen Doktor in London gemacht und danach eine Stelle an der University of Cambridge angetreten ist, war gerade neu nach Boston gezogen. Er kannte sich in der Gegend nicht aus. Aber die Empfehlung seiner App würde schon die Richtige für ihn sein, dachte er sich, schließlich zeigte sie ihm doch die schnellste Route zum Ziel. Er irrte sich.

Was wir fürs Glücklich sein aufgeben sollten
An den Schwächen arbeitenJeder sollte sich auf seine Schwächen konzentrieren – heißt es. Das ist jedoch die falsche Einstellung. Denn dabei wenden wir viel Energie auf, um wenig Fortschritte zu machen. Wenn Menschen den gleichen Aufwand in ihre Stärken stecken würden, könnten sie in der gleichen Zeit deutlich mehr erreichen – und wären damit glücklicher. Quelle: Fotolia
Abschied von der Denke, immer mehr immer schneller erledigen zu wollenManchmal müssen wir uns einfach Zeit nehmen – für sich selbst, für die Familie, für Freunde. Der technische Fortschritt ermöglicht uns, immer mehr in immer weniger Zeit zu machen.  Und was machen wir mit der gesparten Zeit? Mehr arbeiten, mehr erledigen. Stattdessen sollten wir uns selbst nicht aus den Augen verlieren. Quelle: Fotolia
Mit Scheuklappenblick durch die Welt gehenDas Leben ist kurz. Keiner weiß, wie lange sie oder er leben wird.  Also sollten wir die Zeit genießen, die wir haben. Man kann sich schon an den kleinen Dingen erfreuen – also gilt es den Scheuklappenblick abzunehmen und beispielsweise im ICE nicht auf den Laptop zu schauen, sondern auf die vorbeirauschende Landschaft. Quelle: Fotolia
Mit Gewohnheiten brechenDas Leben soll nicht zum Trott verkommen. Menschen, die in Routine verfallen, entwickeln sich nicht weiter. Wer neues wagt, entdeckt auch neue Seiten an sich und ein Potenzial, das man noch nicht ausgeschöpft hat. Daher gilt es neue Projekte anzugehen – sei es privat oder beruflich, indem man im Unternehmen neue Aufgaben wahrnimmt. Eintönigkeit macht keinen glücklich, selbst ein Gewohnheitstier braucht ab und zu Farbtupfer ins einem grauen Alltag.   Quelle: ZBSP
Dinge runter schluckenImmer wieder drücken uns tagtäglich Dinge auf dem Magen. Je mehr uns auf den Magen schlägt, desto schlechter fühlen wir uns. Also gilt es diese Dinge raus zu lassen, sich von diesem Gefühl zu befreien und darüber zu sprechen. Niemand hat etwas davon, wenn Menschen ihre Probleme in sich hinein fressen. Quelle: Fotolia
Weniger auf die Meinung von anderen gebenDu musst studieren, du musst ein Auslandsemester machen, du musst dich sozial engagieren, du musst einen Master machen – mindestens. Was wir nicht alles müssen. All diese gesellschaftlichen Ansprüche sorgen dafür, dass wir uns unter Druck setzen – ein Gefühl, dass uns nicht glücklich macht. Das gilt für die ganze Einstellung, so zu leben, wie andere es gerne hätten. Dabei sollte man auf die Meinung anderer nicht so viel geben – Hauptsache, man ist selbst glücklich. Quelle: Fotolia
Alles persönlich nehmenEine Grundannahme der Wirtschaftswissenschaften ist: Jeder Mensch will seinen eigenen Nutzen maximieren und handelt dementsprechend nach seinem Eigeninteresse.  Also sollte man nicht alles persönlich nehmen, was andere in der eigenen Gegenwart sagen oder machen. Quelle: Fotolia

Eines Tages, Quercia erinnert sich nicht mehr an den Grund, entschied er sich spontan für eine andere, längere Route zur Arbeit – und fand sich plötzlich in einer Gegend wieder, die im totalen Kontrast zur überfüllten „Mass Av“ stand: helle, breite Straßen, Bäume auf beiden Seiten, kaum Verkehr. „Ich fand mich scheinbar in einer anderen Welt wieder“, sagte Quercia. „Wie konnte ich nur so blind sein?“

Tag für Tag sei er nur der Stimme aus seinem Smartphone gefolgt, erzählt er weiter, für die lediglich eines zählte: ihn so schnell wie möglich von A nach B zu bringen. Effizienz statt Schönheit, das passte zum durchstrukturierten Alltag des Ingenieurs. „Mir kam es nicht einmal in den Sinn, die Straße zu genießen. Ich hatte keine Freude an der Natur, keine Möglichkeit den Menschen in die Augen zu schauen. Und warum? Um eine Minute an Weg zu sparen“, sagt Quercia.

Aus dieser Erkenntnis folgte eine Idee: Was wäre, wenn es eine Navigations-App gäbe, die nicht den kürzesten Weg zeigt – sondern den schönsten? Den an der grünen Alle entlang, der vielleicht ein paar Minuten mehr Zeit in Anspruch nimmt, dafür aber angenehm ist, entspannend, und einen Kontrast zum hektischen Alltag darstellt. Wie ließe sich eine solche Idee umsetzen?

Quercia recherchierte – und entwickelte gemeinsam mit einigen Wissenschaftskollegen die Navigations-App „Happy Maps“, die in erster Linie die Emotionen der Menschen ansprechen soll. Neben dem schnellsten Weg soll die digitale Karte auch den schönsten, den ruhigsten und den interessantesten Weg anzeigen. Die Routen sollen Orte sichtbar machen, wo sich die Leute gerne aufhalten. Geheimtipps praktisch, per Knopfdruck abrufbar.

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