Arbeitgeberranking Informatiker verlieren das Interesse an SAP

Die Crowd entfernt sich von der Cloud: SAP sinkt im Arbeitgeberranking der IT-Fachleute. Quelle: imago images

Ausgerechnet unter den so wichtigen Absolventen der Informatik büßt SAP an Beliebtheit ein – in einer fürs Unternehmen schwierigen Phase. Um Talente doch noch zu gewinnen, holt Konzernchef Christian Klein schon mal den Spargel vor.

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Christian Klein hat es nicht leicht: Zum einen muss der  Chef von SAP den weltweit größten Anbieter von Unternehmenssoftware durch die vielleicht größte und schwierigste Transformation in der 50-jährigen Firmengeschichte steuern – weg von verkauften Computerprogrammen, welche die Kunden auf eigenen Rechnern installieren, hin zum Software-Abo in der Cloud.

Weil der Umbau enorme Investitionen erfordert und zunächst Gewinne frisst, muss der 42-Jährige nebenbei auch noch seine Aktionäre bei Laune halten, die unzufrieden mit dem Verlauf des SAP-Aktienkurses sind. Und jetzt drängt auch noch ein Problem von einer ganz anderen Seite auf: Es fehlen die Talente. Darauf deutet das diesjährige Arbeitgeberranking der Employer-Branding-Beratung Universum hin, das der WirtschaftsWoche exklusiv vorab vorliegt. Darin ist SAP einer der großen Verlierer.

Demnach würden aktuell nur knapp zwölf Prozent aller hiesigen Informatikabsolventen einen Job bei Deutschlands größter Softwareschmiede erwägen – das reicht nur für Position acht in dem Ranking. Im vergangenen Jahr lag SAP dagegen noch mit knapp 14 Prozent auf Rang fünf. Nur Tesla hat mit minus vier Prozentpunkten einen größeren Imageschwund bei den Uniabsolventen aus dem Bereich IT – der E-Auto-Pionier liegt mit 20 Prozent aber immernoch deutlich vor SAP auf Rang vier.

Im Arbeitgeberranking zeigt sich ein klarer Trend: Vor allem Unternehmen, die mit großen Innovationen in Verbindung gebracht werden, sind für Hochschulabsolventen attraktiv. Erstaunliche Ausnahmen bestätigen die Regel.
von Konrad Fischer, Dominik Reintjes

An der Spitze der Beliebtheit tummeln sich die großen amerikanischen IT-Rivalen: Jeder dritte deutsche Informatikabsolvent kann sich einen Job bei Google vorstellen, jeweils jeder vierte bei Apple und Microsoft. Anders ausgedrückt: Je mehr die großen US-Rivalen dank ihrer zahlreichen Produkte die öffentliche Wahrnehmung dominieren, desto schwieriger wird es für SAP, die so dringend benötigten Programmiertalente anzuheuern.

Christian Klein will den Rückgang der Arbeitgebermarke seines Unternehmens aber so nicht gelten lassen. Es gebe schließlich schon auch Talente, die den umgekehrten Weg weg von Google oder Amazon hin zu SAP gegangen seien, betonte er im „Chefgespräch“, dem Podcast mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli. „Viele, die jetzt bei uns sind, sagen: Bei SAP ist es ja richtig spannend, denn hier geht es um Geschäftsprozesse, um Geschäftsmodelle – und nicht nur um Hardware oder die Cloud“, sagt Klein. SAP halte die Unternehmen mit seiner Software am Laufen und mache sie intelligenter – das sei ein Alleinstellungsmerkmal. Allein in den vergangenen fünf Jahren wuchs die Belegschaft des Softwarekonzerns aus dem nordbadischen Walldorf insgesamt um rund 24.000 Beschäftige, geschätzt 7000 davon durch Zukäufe – darunter eine hohe Zahl von Entwicklern.

Hören Sie hier den „Chefgespräch“-Podcast mit SAP-Chef Christian Klein: Kein Treffen mit einem CEO, in dem es nicht um Lieferketten geht“

Klein muss isch allerdings nicht nur gegen die amerikanischen Rivalen erwehren. Programmierer und Data Scientists seien in fast allen Unternehmen gefragt – Absolventen mit Bestnoten oder auch weibliche Talente umso mehr, sagt Tina Smetana von Universum. „Sie können hohe Anforderungen an den Job stellen und fordern neben hohen Gehältern auch eine flexible Arbeit samt Homeoffice und einer guten Work-Life-Balance.“

Selbst zwei deutsche Automobilbauer sind beliebter 

Das zeigt sich auch in dem Arbeitgeberranking. Schlimm genug, dass die großen US-Rivalen vor SAP liegen. Mit Porsche und Mercedes sind aber auch zwei deutsche Autokonzerne beliebter bei Informatikern als der Konzern aus Walldorf.

Etwas besser ist das Bild für SAP bei Absolventen der Wirtschaftswissenschaften: Hier klettert SAP immerhin um einen Rang im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings herrscht an Volks- und Betriebswirten kein Mangel. Aber ausgerechnet dort, wo der Wettbewerb um Talente hart ist – nämlich in der Informatik – da verliert SAP.

Immerhin tut Klein einiges, um das Image von SAP bei deutschen Hochschulabsolventen zu verbessern. In München etwa baut der Softwarekonzern gerade eine Niederlassung direkt an der Technischen Universität. „Da brauchen die Studenten gewissermaßen nur die Straßenseite zu wechseln und können bei SAP anfangen“, sagt Klein, „Zudem können sie dort bereits während des Studiums mit uns an Themen wie Industrie 4.0 forschen.“

Bleibt noch die Frage, wie sehr das biedere Image des nordbadischen Konzernsitzes die Chancen von SAP im Kampf um Talente behindert. Immerhin hat Kleins Vorstandskollegin Sabine Bendiek als Arbeitsdirektorin allen SAP-Beschäftigten Mitte des vergangenen Jahres komplett freigestellt, von wo sie arbeiten wollen. „Man muss bei Innovationen immer mit dem Finger am Puls der Zeit sein“, sagt Klein, „das hängt aber nicht davon ab, wo man persönlich lebt.“

Christian Klein erzählt im Podcast, mit welchem Trick er Kunden nach Walldorf lockt, wie SAP die Auswirkungen des Ukraine-Krieges spürt und warum jetzt auch der Mittelstand zunehmend in die Cloud wechselt.
von Beat Balzli

Nach Walldorf will also keiner mehr? Diesen Eindruck will Klein nicht erwecken. Viele Beschäftigte schätzten durchaus die beschauliche Provinz sowie die Nähe zu Heidelberg. Und wenn alles nicht hilft, vertraut der SAP-Chef noch auf eine regionale kulinarische Geheimwaffe: „Wir haben hier einen guten Spargel“, so Klein. „Manche unserer US-Kunden wie etwa Colgate kommen sogar extra wegen des Spargels zu dieser Jahreszeit nach Walldorf.“

Hören Sie hier den „Chefgespräch"-Podcast, in dem hristian Klein erzählt, mit welchem Trick er Kunden nach Walldorf lockt und wie SAP die Auswirkungen des Ukraine-Krieges spürt.

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