Auf dem Wasser ohne Kapitän Schiffe könnten künftig führerlos fahren

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"Wir brauchen Systeme, die die Systeme überwachen"

Damit die führerlosen Boote auch sicher ihren Bestimmungsort erreichen, ist einiges an Technik notwendig: Anti-Kollisionssysteme, Satellitennavigation, Radar, Infrarot-Sensoren und optische Systeme wie Kameras. „Es ist wichtig, dass man die Wirklichkeit genau beobachten kann und dass man Systeme hat, die die Systeme überwachen“, sagt Gard Ueland vom Industriekonzern Kongsberg Seatex, der die Ausstattung für ganze Schiffsbrücken herstellt. Nicht dass ein Computerfehler ein Unglück auslöst. Auch gegen mögliche Cyberattacken muss die Software gerüstet sein.

Ueland erwartet, dass die Automatisierung der Schifffahrt in Stufen vor sich gehen wird. „Das wird damit losgehen, dass ein normales Schiff mit mehr und mehr Hilfsmitteln ausgestattet wird. Dann wird man zur Fernsteuerung übergehen, und im letzten Schritt wird das Schiff autonom fahren“, so Ueland. Das bedeute aber nicht, dass das Schiff komplett unbemannt sein müsse, nur in seiner Funktionalität werde es autonom.

Die deutsch-norwegische Klassifizierungsgesellschaft DNVGL beobachtet die Forschung genau. Sie muss am Ende die Betriebserlaubnis geben. „Wir haben mehrere Forschungsprojekte mit der Industrie und hoffen in ein oder zwei Jahren auf erste Ergebnisse“, sagt Nicolai Husteli. Bis daraus Vorschriften entstehen, werde es aber noch ein paar Jahre dauern. „Wir beim DNVGL gehen nicht davon aus, dass solche Schiffe in den nächsten zehn Jahren in großem Stil in den kommerziellen Einsatz kommen.“

Die Studenten Kjetil Muggerud und Henrik Alfheim finden das Thema unglaublich spannend. Sie experimentieren im Trondheimer Hafen mit einem circa drei Meter langen Modell-Boot, das die DNVGL der Universität für Wissenschaft und Technik zur Verfügung gestellt hat. „Mit unserem Modell testen wir den Personentransport von einer Seite eines Kanals in Trondheim auf die andere“, erklärt Kjetil. „Es wäre ja sehr viel günstiger, solch kurze Strecken von einem Computer steuern zu lassen, als einen Kapitän zu beschäftigen. Ihn die 100 Meter hin- und her fahren zu lassen, wäre ja sehr eintönig und langweilig.“

Mit der Fernbedienung in der Hand manövriert Kjetil das Boot durchs Wasser. „Ich kann mir heute noch nicht vorstellen, wie das ist, auf einem solchen Schiff zu fahren“, räumt der Student ein. „Aber Autos werden heute ja auch schon von Computern gesteuert. Deshalb ist es sicher nicht komischer, als sich hinter das Lenkrad eins Teslas zu setzen.“

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