Bargeldlose Gesellschaft Das Ende vom Geld, wie wir es kennen

Seite 3/3

Sicherheit ist ein Hindernis

Was mit Blick auf das Voranschreiten dieses Trends nicht unter den Tisch fallen darf, sind die zwei entscheidenden Nachteile von elektronischem Geld: die Schwierigkeit, eine größtmögliche Sicherheit zu garantieren, sowie der Wegfall der Anonymität beim Bezahlen. Während man im Bezug auf Sicherheitsfragen schlicht darauf hoffen muss, dass alle Ausprägungen, die elektronisches Geld in den nächsten Dekaden annehmen wird, adäquaten Schutz vor Missbrauch und Diebstahl bieten – was im Übrigen auch für Bargeld nicht garantiert werden kann – mausert sich die drohende Komplettüberwachung von Käufen und Zahlungsabläufen im Lichte der Enthüllungen von Edward Snowden zum größten Hindernis auf der Reise zu einer bargeldlosen Gesellschaft. Gerade hier sehen die Anhänger von Bitcoin einen maßgeblichen Vorteil ihrer geliebten Währung: Sie erlaubt einen Anonymitätsgrad, mit der elektronische Transaktionen staatlich regulierter Währungen nicht mithalten können. Genau genommen bieten diese gar keine Anonymität: Bei jeder Art von Bezahlprozess, bei der klassische Währungen zum Einsatz kommen und der nicht in bar abläuft, müssen die involvierten Parteien prinzipiell damit rechnen, dass ihre Transaktion im Nachhinein von Behörden eingesehen und verfolgt werden kann.

Zum Barzahlen in den Wald gehen

An Bargeld festzuhalten, um sich Überwachern zu entziehen, erscheint als Strategie auf lange Sicht allerdings genauso unpraktisch, wie zum Reden in den Wald zu gehen. Deutlich erstrebenswerter wären verbindliche Abkommen, die den Zugriff von Ermittlungsbehörden und Regierungen auf Zahlungsvorgänge streng reglementieren und systematisches Ausspionieren untersagen. In der aktuellen Situation klingt dies natürlich utopisch, weil selbst bei einem Zustandekommen einer solchen Vereinbarung kein aufgeklärter Bürger der Einhaltung selbiger trauen würde. Dennoch ist dies die einzige wirkliche Hoffnung, da jede die Anonymität ihrer Nutzer wahrende virtuelle Währung ab einem bestimmten gesellschaftlichen Akzeptanzgrad einer staatlichen Regulierung mit eingebauten Transparenzzwängen unterworfen werden dürfte.

Ich befürchte, dass mit der Abkehr vom Bargeld ein gewisser Verlust von Autonomie im Zahlungsverkehr unumgänglich ist, glaube aber auch, dass es analog zu Verschlüsselungsmechanismen bei der digitalen Kommunikation immer fortgeschrittene Verfahren geben wird, die einen vor Dritten weitgehend verborgenen Transfer von virtuellem Geld erlauben. Die breite Masse wird davon freilich nicht profitieren und somit nochmals ein stückweit gläserner.

Trotzdem überwiegen in meinen Augen die Vorteile der Abschaffung von Bargeld. Nicht zuletzt schon aus hygienischen Gesichtspunkten. Jüngst war ich dazu gezwungen, mit einem größeren Geldbetrag in US-Dollar zu hantieren. Als ich die abgegriffenen Scheine betrachtete und darüber nachdachte, wo Leute ihre Hände hatten, bevor sie mit diesen Scheinen Geschäfte machten, konnte ich ein leichtes Ekelgefühl nicht verhindern. Wenn sonst nichts für elektronisches Geld spreche, dann wäre allein der hygienische Aspekt Grund genug für mich, um um Bargeld einen großen Bogen zu machen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%