
Martin Gödecke schlüpft gern in die Rolle eines Notfall-Patienten, wenn er zusammen mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Vorzüge der neuen Gesundheitskarte demonstriert. Der ansonsten kerngesunde T-Systems-Manager sieht eines Morgens plötzlich Blut in seinem Urin. Gödecke ruft einen Krankenwagen und landet in der Notaufnahme eines Krankenhauses.
Was dann passiert, soll bald das Gesundheitswesen revolutionieren. Gödecke schiebt seine Gesundheitskarte in ein Lesegerät, tippt seine Geheimzahl ein und gibt dem Urologen so die Erlaubnis, seine Krankenakte einzusehen und Diagnosen hinzuzufügen. Dazu verbindet sich der PC in der Notaufnahme über superschnelle Verbindungen mit Datenbanken im zentralen Rechenzentrum in Magdeburg, wo Gödeckes Daten gespeichert sind.
Bottrop ist die erste Stadt, die 10.000 Krankenversicherte und 50 Arztpraxen mit der neuen Gesundheitskarte ausstattet. Von diesem Jahr an sollen, in mehreren Schritten, alle Deutschen eine solche, mit einem Chip ausgestattete Plastikkarte bekommen und damit langfristig ihre eigene Gesundheitsversorgung steuern.
Patienten, Ärzte und Kassen hängen dann an einem bundesweit gespannten Gesundheitsnetz und können – wenn der Patient es erlaubt – Einblick in die Krankenakte nehmen. Mehrfachuntersuchungen werden vermieden, Behandlungskosten gespart, weil der Arzt die komplette Krankengeschichte einsehen kann. Sobald Mediziner und Krankenhäuser mit Geschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde ans Internet angeschlossen sind, können sie digital auf zentral gesicherte, gestochen scharfe Röntgenbilder des Patienten zugreifen.
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Neue Worte für alte Probleme
Das System um die Gesundheitskarte profitiert von einem digitalen Masterplan der Bundesregierung, der Deutschland informationstechnisch aufrüsten und zugleich aus der Wirtschaftskrise führen soll. In einem beispiellosen Kraftakt wollen Bund, Länder und Kommunen das gesamte Land mit superschnellen Internet-Anschlüssen ausstatten und die Informationstechnik (IT) der öffentlichen Verwaltung modernisieren. Das Volumen des Ende Februar beschlossenen Plans: 500 Millionen Euro sollen in die IT-Aufrüstung, weitere 150 Millionen in den Ausbau der Daten-Autobahnen fließen.
Ein Plan, perfekt terminiert zum Beginn der IT-Messe Cebit, die in dieser Woche in Hannover ihre Tore öffnet. Denn die digital vernetzte Gesellschaft, die nun entstehen soll, ist auch das Top-Thema der weltgrößten Computer-Schau: Sie steht unter dem Motto „Webciety“ – einem Kunstwort aus Web und Society, der Gesellschaft im Netz.