Chatbot-Studie Mensch oder Maschine? Mensch, bitte!

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Hauptsache, die Sache wird erledigt

„Die Kunden möchten, dass ihr Anliegen erledigt wird“, hebt Schulz die entscheidende Anforderung der Nutzer hervor. Die schönste Technik mag zwar Zeit sparen, ist aber nutzlos, wenn sie nicht zu einer verbindlichen Auskunft oder benötigten Information führt. Lediglich 39 Prozent der Befragten, die Erfahrungen mit Chatbots hatten, waren jedoch mit der Klärung ihres Anliegens zufrieden. 58 Prozent gaben an, dass der Chatbot ihr Anliegen schlicht nicht verstanden hätte.

Da vertrauen Menschen am Ende anderen Menschen am meisten. Auch beim Sparkassen-Finanz-Portal SFP weiß man das. „Zudem ist es wichtig, dem Kunden immer die Möglichkeit zu bieten, zu einem menschlichen Berater im identischen Kanal weitergeleitet zu werden“, sagt Gerdes.

Die Grenzen liegen noch immer in der Erkennung der Wünsche des Kunden. Das kennen Nutzer von Homeassistenten wie Amazons Echo, das auf den Befehl „Alexa“ hört, oder die Software Siri, die im Betriebssystem iOS von Apple steckt. Diese virtuellen Assistenten wurden laut der Studie immerhin bereits von 21 Prozent ihrer Nutzer beispielsweise zur Abfrage des Kontostandes, also einer durchaus privaten Frage, genutzt.

Dass Chatbots, also der Austausch über ein Chatfenster, funktionieren können, lehrt ein Blick nach China. Dort ist die Plattform WeChat verbreitet, der in Deutschland verbreitete Messenger WhatsApp spielt dort keine Rolle. Rund eine Milliarde User hat WeChat, in seinem Universum lassen sich via Bot Aktien kaufen, Kredite aufnehmen oder Immobilien erwerben. Alex Galert schätzt die Zahl an Bots, die bei WeChat Kontakt zu Kunden aufrecht erhalten können, auf mehr als zehn Millionen – Facebook liege bei deutlich unter 50.000. Es fehlten die Möglichkeiten für Zahlungen oder andere Features, die Chatbots richtig interessant machen, sowohl für Unternehmen als auch Kunden.

Dennoch bleibt der Faktor Mensch. „Es ist eine Illusion, zu glauben, dass der menschliche Kontakt verschwindet“, sagt Schulz. Selbst wenn, wie Galert optimistisch schätzt, in ein bis zwei Jahren wesentliche Schritte zur Verbesserung der Qualität der Gespräche erfolgt sind.

Denn vor allem bei Fragen rund ums Geld ist immer auch die Sicherheit ein Grund zur Skepsis, vor allem wenn es um sprachgesteuerte Systeme geht. Beim Dienstleister Finanz Informatik, der für die Sparkassen die Technik realisiert, ist das eine Gratwanderung zwischen Komfort und Schließen von Lücken.

Beim Google Assistant werden zum Beispiel möglichst wenig Informationen über den Dialog zwischen Kunde und Sparkasse weitergegeben, erklärt Florian Schleicher von Finanz Informatik: „So werden nur Endnummern von Konten genannt, keine kompletten IBANs oder vollständige Namen.“ Das System wird mit einer zusätzlichen PIN geschützt und der Kunde kann außerdem beim Google Assistant sogenannte„Voice-Prints“ aktivieren, also eine Identifikation über die Stimme, ähnlich dem Fingerabdruck. Auch seien nur Transaktionen unterhalb der TAN-Grenze möglich und nur an Empfänger, die vorher als Überweisungsvorlage im normalen Online-Banking gespeichert wurden.

Bis es so weit ist, dass Chatbots oder Virtuelle Assistenten uns vielleicht sogar noch viel besser verstehen als schlecht ausgeschlafene Kundenberater an einem Montagmorgen, rät Schulz als Resümée der Studie den Unternehmen, dennoch schon die ersten Schritte zu wagen und sowohl Techniken für Chatbots wie auch virtuelle Assistenten zu nutzen. „Am Anfang können Unternehmen diese Angebote eher auf hinteren Seiten des Internetauftritts anbieten“, empfiehlt Schulz, so dass sich diejenigen Kunden daran setzen, die vertrauter mit den Techniken sind, statt auf der Homepage eine große Erwartungshaltung zu wecken und dann enttäuscht zu werden. Schließlich gehe es dabei nicht nur um den Ruf des Unternehmens selbst, sondern auch darum, wie die Menschen in Zukunft mit Chatbots und virtuellen Assistenten umgingen.

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