Cybersecurity
Quelle: REUTERS

Mein Tipp an Bezos: Dienstliches und Privates auf dem Smartphone trennen

Jürgen Berke Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Jürgen Berke ehemaliger Redakteur Unternehmen & Märkte

Der Cyberangriff auf Jeff Bezos zeigt: Manager sind im Umgang mit Smartphones so naiv wie Otto Normalverbraucher. Zwar gibt es längst sichere Alternativen wie das „Merkel-Smartphone“. Doch die fristen ein Nischendasein.

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Ich bin erstaunt, wie hoch die Wellen nach dem Cyberangriff auf das Smartphone von Amazon-Chef Jeff Bezos schlagen. Klar, es passiert nicht alle Tage, dass solch eine Attacke öffentlich bekannt wird. Aber zu den Begleiterscheinungen einer immer engmaschiger vernetzten Welt gehört, dass Smartphones längst die Aufgaben von PCs übernehmen. Und deshalb ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die mobilen Geräte der Topmanager ein genauso attraktives Ziel sind wie ihre Computer.

Trotz vieler Warnungen ist das den wenigsten von ihnen bewusst. Entsprechend leicht fällt es Angreifern, ein Smartphone zu kapern. Ein raffinierter Angreifer trifft auf einen naiven Nutzer, schon stehen die Scheunentore zu den Smartphones meterweit offen. Die Angreifer müssen nur hineinspazieren, um sensible oder vertrauliche Inhalte auszuspionieren – ganz gleich, ob sie eine Sicherheitslücke ausnutzen oder ein bösartiges Schadprogramm einschleusen.

Das größte Problem: Die meisten Topmanager gehen mit ihren Geräten genauso fahrlässig um wie Otto Normalverbraucher. Sie verzichten auf zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen und vertrauen handelsüblichen Smartphones. Kunterbunt mischen sie Dienstliches und Privates und machen es Angreifern leicht, die Geräte zu infiltrieren und Daten abzufangen. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Schadprogramme für Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android nach einer aktuellen Auswertung des Bochumer IT-Sicherheitsanbieters G Data auf die neue Rekordhöhe von knapp 4,2 Millionen Varianten. Das heißt: Jeden Tag bringen die Angreifer mehr als 11.000 neue Bösewichte in Umlauf. In Kombination mit den Sicherheitslücken, die auf den Geräten und insbesondere in populären Apps gefunden werden, entsteht daraus ein überaus fruchtbarer Nährboden, auf dem staatliche und kriminelle Hackeroperationen hervorragend gedeihen können.

Umso tragischer ist, dass wirksame Gegenmittel – wie das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte „Merkel-Smartphone“ – viel zu selten zum Einsatz kommen. Auch die Bundesregierung als Vorzeigekunde hat es bisher nicht geschafft, die Wirtschaft von solchen Produkten zu begeistern. Der größte Anbieter – die Deutsche Telekom – hat sich bereits aus diesem Nischenmarkt zurückgezogen. Übrig geblieben sind Spezialisten wie die Münchner IT-Sicherheitsfirma Virtual Solution, ein Spin-Off von Siemens, mit ihrer Lösung „SecurePIM“ für alle Smartphones mit dem Apple-Betriebssystem iOS. Und die Blackberry-Tochter Secusmart in Düsseldorf, die mit ihrer „SecuSuite“ einen besonderen Schutz für ein Blackberry- und ein Samsung-Smartphone entwickelte.

Wäre Jeff Bezos im Besitz eines dieser Smartphones gewesen, wären die Folgen des Angriffs – so eine erste Einschätzung des BSI – längst nicht so dramatisch gewesen. Denn anders als bei herkömmlichen Smartphones sind der dienstliche und der private Bereich auf solchen Hochsicherheitsgeräten strikt voneinander getrennt. „Üblicherweise wird Whatsapp, wenn überhaupt, im privaten und somit eher unsicheren Bereich genutzt“, heißt es aus dem BSI. Der Angriff auf Bezos hätte seine Wirkung also verfehlt: „Sensible dienstliche Daten, die im geschützten Bereich abgelegt sind, wären nicht betroffen gewesen“, so das BSI.

Zumindest die IT-Leiter von Behörden und Ministerien haben den Wert solcher Hochsicherheits-Smartphones längst erkannt. „Viele staatliche Stellen sind inzwischen unsere Kunden“, erzählte mir Nico von Rintelen, Aufsichtsratschef von Virtual Solution, kürzlich. Deutlich weniger Umsatz mache er mit der Privatwirtschaft. Zu den wenigen Unternehmen, die er nennen darf, gehören die Zentrale der DZ Bank in Frankfurt am Main und der Kuscheltierhersteller Steiff. Dort sollte sich Bezos die Alltagstauglichkeit eines „Merkel-Smartphones“ einmal live anschauen.

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