Nick Clegg, der hochbezahlte Politikchef der Facebook-Mutter Meta, mühte sich wortreich, das Auslaufen der vor zwei Jahren verhängten Sperrung der Social-Media-Konten von Ex-US-Präsident Donald Trump schönzureden. Man sei „der Überzeugung, dass offene Debatten und der freie Fluss von Ideen wichtige Werte sind“, so Clegg in seinem Blogpost. Meta wolle „öffentlichen und demokratischen Debatten nicht im Wege stehen“. Insbesondere im Zusammenhang mit Wahlen in demokratischen Gesellschaften wie den Vereinigten Staaten solle „die Öffentlichkeit hören können, was ihre Politiker sagen – das Gute, das Schlechte und das Hässliche“.
So weit, so nachvollziehbar. Und doch nicht mehr als der ziemlich verzweifelt wirkende Versuch des Netzgiganten, zu bemänteln, dass er seine in den Gemeinschaftsstandards definierten Verhaltensregeln dem kommerziellen Interesse des Konzerns unterordnen will. Denn wenn Trumps Rückkehr auf die Plattformen Facebook und Instagram irgendetwas belegt, dann nicht, dass der Konzern demokratische Prozesse stärken will.
Offenbar ist es vielmehr so, dass Meta den Trubel braucht, den Trumps – freundlich formuliert – „kontroverse“ Posts bei Anhängern und Gegnern des Ex-Präsidenten auf den Plattformen auslösen. Je mehr und je länger, desto größer ist die Chance, das Facebook zwischen den Diskussionen rund um Trump Werbung verbreiten und Dank des von ihm verbreiteten Aufruhrs im Netz satte Gewinne einstreichen kann.
Zwar versprach Clegg, Meta wolle verhindern, dass „Herr Trump weitere verletzende Inhalte veröffentlicht“. Solche Inhalte würden entfernt und je nach Schwere künftiger Verstöße seien erneute Sperren möglich. Doch, man muss es so deutlich sagen, das ist lächerlich: Zigtausende private wie gewerbliche Nutzer von Facebook und Instagram erleben täglich, dass ihre Posts auf Basis nicht nachvollziehbarer Kriterien gesperrt werden.
So manchem wird der Zugriff aufs Konto ohne Begründung sogar gleich ganz gesperrt und mangels erreichbarer Anlaufstellen bei Meta auch gar nicht mehr freigegeben. Gerade für gewerbliche Kunden bedeutet der Wegfall der Social-Media-Kanäle als Vertriebswege dabei zudem oftmals einen herben Umsatzverlust.
Trump aber kann die Plattformen in Kürze wieder nutzen, obwohl ihm Faktenprüfer vor dem Sperren seiner Social-Media-Konten unzählige Male die Verbreitung von Falschbehauptungen und Hetze nachgewiesen hatten – in Posts, die durchweg gegen die Meta-Standards verstießen. „Alle sind gleich, einige aber gleicher“, das scheint für Meta auch im Umgang mit dem Ex-Präsidenten zu gelten.
Dass der Spruch ausgerechnet der Orwell'schen Dystopie „Animal Farm“ entstammt, die beschreibt, wie eine Demokratie durch eine Diktatur verdrängt wird, macht Metas Rehabilitation von Trump umso bedenklicher.
Dieser Beitrag entstammt dem WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen des Tages. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.