Drohnenlieferungen In Island bringen Drohnen das Abendessen

Seite 2/2

Das isländische Wetter sorgt für Probleme

Flytrex selbst stellt keine Drohnen her, sondern beschreibt sich selbst als Drohnen-Dienstleister. Das israelische Start-up greift in Island auf ein vorhandenes Modell vom chinesischen Hersteller und Marktführer DJI zurück. Flytrex stattet die Drohnen mit einer spezialgefertigten Transportbox aus und einer eigenen Software. So sind die Drohnen über die Cloud untereinander verbunden und können per GPS die Routen über Reykjavik autonom abfliegen.

Zwei dieser Drohnen kommen bislang in Island zum Einsatz. Allerdings nur, wenn das Wetter stimmt. „Drohnen sind aktuell nicht wirklich wettertauglich – Regen, Nebel und stärkeren Wind vertragen sie nur bedingt“, sagt Susanne Arnoldy von PwC. Und regnerisches oder stürmisches Wetter ist in Island keine Seltenheit.

Deshalb rüstet Aha jetzt nach und hat eine dritte Drohne bei Flytrex bestellt, die witterungsbeständiger sein soll. Die Drohnen können Routen mit einer Länge bis zu zehn Kilometer abfliegen und bis zu drei Kilogramm schwere Pakete tragen. Damit werden sie natürlich keine Lieferwagen ersetzen. Doch für sogenannte „On-Demand-Lieferungen“ wie etwa Fastfood, die innerhalb weniger Minuten beim Kunden sein müssen und nicht den ganzen Tag im Lieferwagen liegen können, sind sie eine saubere und vor allem schnelle Alternative.

Eines der fortschrittlichsten Projekte

Das gemeinsame Projekt von Aha und Flytrex stellt einen der ersten regulären Drohnenbetriebe in einem urbanen Raum dar. Nach Angaben von Flytrex ist der Service derzeit die einzige autonome Essenslieferung per Drohne auf der Welt.

Drohne von Flytrex Quelle: Flytrex

Natürlich ist Reykjavik nicht ohne weiteres mit New York, Paris oder Berlin zu vergleichen. Etwas mehr als 120.000 Menschen leben in der isländischen Hauptstadt. Es gibt kaum Hochhäuser, wenig Flugverkehr und viele flache, grüne Flächen. Das erleichtert die Arbeit für Aha und Flytrex ungemein und macht Islands Hauptstadt zum idealen Fluggebiet. Anderswo versuchen sich Unternehmen in der Regel lediglich an Testprojekten.

So auch Autobauer Daimler: Gemeinsam mit dem Drohnenhersteller Matternet und dem Schweizer Online-Händler Siroop hat Daimler zwei Wochen lang in Zürich testweise Pakete mit Drohnen ausgeliefert, die einfach von Lieferwagen aus starten können. Auf der Nordseeinsel Juist hat die Deutsche Post die Medikamentenlieferung mit einem Quadrocopter getestet. In Reykjavik ist deutlich mehr möglich. Laut Susanne Arnoldy von PwC könne man hierzulande erst in etwa fünf bis zehn Jahren mit einem regulären Betrieb von Drohnen als Paketboten rechnen.

In den USA liefert Flytrex Burger auf Golfplätze

In Island ist man schon weiter: Dort sollen die Drohnen laut Aha für eine Lieferung im Schnitt nur vier Minuten brauchen. Zum Vergleich: Ein Lieferwagen von Aha benötigt während der isländischen Rush Hour bis zu 25 Minuten.

Welche Ideen taugen wirklich für die Paketzustellung?
KofferraumzustellungDer Kunde sitzt oben im Büro und muss arbeiten, der Paketbote legt das Paket deshalb einfach schon mal in den Kofferraum des Kundens in der Tiefgarage? Die Idee hört sich gut an, und wird von DHL und Amazon bei einigen Autotypen auch schon getestet. Aber ob sie Erfolg hat? Viele Verbraucher scheint die Idee eher abzuschrecken: In einer Umfrage der Unternehmensberatung PwC gaben 68 Prozent der Befragten an, dass sie "auf keinen Fall" eine solche Lösung nutzen wollen. Quelle: dpa
Wohnungsschlüssel für die PaketbotenWürden Sie ihrem Paketboten den Wohnungsschlüssel geben? Genau das plant nun Amazon in den USA. Dort hat der Onlinehändler sein Projekt "Amazon Key" vorgestellt. Der Zusteller öffnet mit einem Code per App die Wohnungstür - und kann das Paket dort hinterlassen. In Deutschland stößt diese Idee wohl eher auf unbehangen. Nach einer Umfrage des Dienstleisters Civey wollen sich mehr als 77 Prozent auf keinen Fall auf eine solche Lösung einlassen. Quelle: obs
Packstation3400 Packstationen hat DHL in Deutschland. Sie stehen am Supermarkt oder am Bahnhof, an Orten, an denen die Kunden unkompliziert und oft vorbeischauen. Klingt doch nach einer guten Idee, oder nicht? Mittlerweile ahmt auch Amazon die Schließfachsysteme nach, und Hermes, DPD und GLS arbeiten gemeinsam an einem offenen System, den Parcellock-Stationen. In der Praxis aber stoßen die Packstationen schnell an ihre Grenzen. Die Fächer sind oft blockiert, weil Kunden ihre Pakete erst vor Ende der Frist oder gar nicht abholen. Deshalb können dort längst nicht so viele Lieferung untergebracht werden, wie es Paketdienste und Kunden gerne hätten. Dafür ist die Packstation teuer im Betrieb. Quelle: dpa
DrohnenDHL hat einen Paketkopter, Amazon entwickelt eine Drohne, auch DPD und UPS testen fleißig. Medienaufmerksamkeit ist ihnen damit sicher. Doch werden uns bald tatsächlich Drohnen die Pakete bringen? Wohl kaum. Sie haben viele Nachteile: In der Innenstadt werden Drohnen zum Sicherheitsrisiko. Sie können immer nur ein Paket tragen, und es ist unklar, wer das Paket in Empfang nehmen kann. Und wenn der Empfänger nicht da ist, soll die Drohne dann auf ihn warten? Ein echter Vorteil ist die Drohne deshalb nur in schwer zugänglichem Gelände. Sie kann Lieferungen - vor allem im Notfall - schnell und unkompliziert auf Berge oder Inseln transportieren. Das Weihnachtsgeschäft aber ließe sich mit den surrenden Fluggeräten nicht anstatzweise bewältigen. Quelle: dpa
PaketboxDie Deutsche Post hat deshalb auch die Paketbox eingeführt. Diesen Paketkasten können sich Privatleute in ihren Vorgarten stellen. Doch dafür braucht es erstens einen Vorgarten und zweitens auch das nötige Budget. Ein Paketkasten kostet ab 200 Euro aufwärts. Und dann können ihn nur DHL-Boten nutzen. Pakete von Hermes oder DPD können dort nicht abgeladen werden. Die beiden Konkurrenten gründeten deshalb gemeinsam mit GLS das Unternehmen Parcellock, eine Art offenen Paketkasten. Quelle: dpa
LieferroboterDieser kleine Roboter von Starship fährt auf Straßen und Bürgersteigen, und über Kamera und Mikrofon können Passanten auch mit einem Mitarbeiter, der die Roboter von einer Zentrale aus steuert, sprechen. Hermes hat diese Roboter in Hamburg getestet. Doch der kleine Transporteur mit Kühlbox-Optik hat einige Nachteile: Sein Fassungsvolumen ist begrenzt, er kann keine Treppen steigen und ist bisher in den Tests von Hermes auch immer von einem Paket-Boten begleitet worden. Und was wäre, wenn der Empfänger gerade doch unpässlich ist, wenn der Roboter vor seiner Tür steht? Zu lange Wartezeiten wären ineffizient. Experten sprechen Starship daher wenig Potenzial aus, den Paketboten ihre Jobs wegzunehmen. Quelle: dpa
LieferroboterDer Postbot von DHL hingegen soll den Postboten gar nicht ersetzen, sondern unterstützen. Der Postbot ist größer als Starship und hat daher auch mehr Fassungsvolumen. Er folgt der Paketbotin "wie eine kleine Ente der Mama-Ente folgt", so drückte es kürzlich Post-Vorstandschef Frank Appel aus. Vorteil für die Paketboten: Sie müssen nicht mehr so viel Gewicht tragen, das nimmt der Postbot ihnen ab. Solange der Postbot schnell genug ist und auch mit unwegsamen Gelände gut klar kommt, ist das ein wahrer Vorteil für die Paketboten, von denen viele im Alter Gesundheitsprobleme haben. Quelle: AP

Mit dieser Zeitersparnis will Flytrex auch andere Unternehmen von der Drohnenlieferung überzeugen und setzt sich hohe Ziele: „Wir planen, unsere Technologie flächendeckend in die USA und weitere Länder in der ganzen Welt zu expandieren“, sagt Amit Regev. Der Mitgründer zweifelt nicht daran, ob sich Drohnenlieferungen überhaupt durchsetzen werden. „Die Lieferung mit Drohnen ist zwar ein ziemlich neues Konzept, das noch entwickelt wird. Wir glauben allerdings, dass es bis 2020 allgemein bekannt sein und vor allem in Großstädten etablierter sein wird.“

Neben Island fliegen die Drohnen von Flytrex bislang nur im US-Bundesstaat North Carolina und versorgen dort hungrige Golfspieler auf einem Golfplatz mit Fastfood und liefern Pakete testweise in der Kleinstadt Holly Springs aus. Aber bis 2020 ist ja noch etwas Zeit, um neben Reykjavik auch in anderen Großstädten Lieferungen abzuseilen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%