Einsatz von KI in Fabriken „Bis zur unbemannten Fabrik ist es noch ein langer Weg“

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Die Maschinenparameter selbst regeln

Dann müssen vermutlich auch die Maschinen selbst schlauer werden.
Richtig, Maschinen müssen sich auf die zu produzierenden Teile einstellen, auf die Umgebungstemperatur und vieles mehr – und müssen ihre Maschinenparameter selbst regeln. Nehmen wir die Produktion von Autofenster: Da gibt es zahllose Modelle in verschiedenen Formen und Größen. Maschinen müssen die unterschiedlichen Maße berücksichtigen, wenn sie Dichtmittel oder Klebstoffe auftragen, damit die Scheibe nachher dicht ist. Mit KI erkennen Maschinen die jeweilige Scheibe, berechnen den passenden Anpressdruck, die nötige Menge an Dichtmittel. Früher hat man versucht, alle potentiellen Fälle im Voraus zu programmieren. Heute können Roboter jegliche Ausprägungsart in Echtzeit berücksichtigen.

Wo tun sich Maschinen denn heute noch schwer?
Nehmen wir ein fiktives Beispiel: Bananen sortieren. Es gibt schöne Bananen, die der Premium-Supermarkt bekommt, die weniger schönen landen in der Nahrungsmittelproduktion, braune Bananen im Tierfutter. Solche Aufgaben werden heute noch manuell erledigt. Unsortierte Gegenstände wie Obst zu greifen und in Kisten einzuordnen mag sich leicht anhören, ist aber ein hochkomplexer Vorgang – denn keine Frucht ist in Form, Farbe oder Reifegrad wie die andere. Aber das lernen Roboter jetzt auch.

Wie das?
Per Kamera und Machine Learning erkennen sie die Farbe der Banane, ihre Größe und Form. Dann entscheidet die KI, in welche Kategorie sie eingeordnet werden soll. Und schließlich lernen Roboter, Bananen zu greifen und in Kisten zu packen – indem sie die Handgriffe tausendfach üben und KI die nötigen Algorithmen dafür entwickelt. Das ist eine Revolution für unsere Fabriken. Ich kenne einen Karosseriebauer, bei dem Arbeiter bisher tagein, tagaus in Kisten greifen und Metallteile sehr genau auf ein Förderband positionieren mussten, damit ein vergleichsweise dummer Roboter sie greifen kann. Diese Arbeit lässt sich automatisieren. Es gibt etliche solche Anwendungsfälle nicht nur im Karosseriebau, sondern auch in vielen anderen Bereichen der Produktion.

Künstliche Intelligenz – Freund oder Feind?

Wie weit sind deutsche Unternehmen beim Einsatz von KI in Fabriken?
Deutschland ist leider noch nicht so weit vorne. Wir haben dazu 1100 Produktionsmanager befragt, das Ergebnis: Deutschland steht international nur im Mittelfeld. 15 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben angegeben, dass sie erste Ideen für KI-Anwendungen haben – in den USA sind es 10 Prozentpunkte mehr. Und China kommt unmittelbar dahinter. Bis 2030 will China allerdings die Weltführerschaft bei Künstlicher Intelligenz übernehmen. Dort wird massiv in die Technik investiert und Fragen von Datenschutz werden in China weniger problematisch betrachtet.

Vielleicht fürchten die Deutschen auch eine Industrie ohne Jobs?
Bei Aufgaben, die direkt mit der Produktion zu tun haben, werden Menschen weniger gebraucht. Aber dafür werden Planung und Instandhaltungsaufgaben immer relevanter und komplexer, weil neue Hardware, Software und Algorithmen hinzukommen. Expertise und Qualifikation in diesem Bereich sind zunehmend gefragt. Trotz aller Automatisierung: Bis zur komplett unbemannten Fabrik ist es noch ein langer Weg.

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