Einzigartiger Vorfall E-Mail-Dienst Lavabit schließt - wegen Snowden?

Der E-Mail-Service Lavabit soll auch von Whistleblower Edward Snowden genutzt worden sein. Nun hat der Betreiber den Dienst abrupt eingestellt - vermutlich, weil die US-Behörden versuchten, Zugriff zu Kundendaten zu erlangen.

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Ein Screenshot der Website von Lavabit zeigt die Erklärung von Levison zur Schließung des Dienstes. Quelle: Screenshot

"Ich sehe mich gezwungen, eine schwierige Entscheidung zu fällen - entweder mitschuldig an Verbrechen gegen das amerikanische Volk zu werden oder zehn Jahre harte Arbeit aufzugeben und Lavabit zu schließen", erklärte der Besitzer des E-Mail-Dienstes Lavabit, Ladar Levison, auf der Internetseite des Unternehmens. Er habe sich entschieden, die Arbeit einzustellen; er dürfe aber nicht über die Ereignisse der vergangenen sechs Wochen diskutieren, die zu dieser Entscheidung geführt hätten. „Ich wünschte, ich könnte mit euch legal teilen, welche Ereignisse zu meiner Entscheidung geführt haben“, erklärte Levison. „So wie die Dinge derzeit stehen, kann ich nichts über meine Erfahrungen in den letzten sechs Wochen sagen, obwohl ich zweimal die entsprechenden Anfragen gestellt habe.“

Das entspricht dem Zeitraum, seit Snowden mit seinen Informationen über die Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA an die Öffentlichkeit ging. In Levisons Erklärung wurde weder Snowden namentlich erwähnt noch eine konkrete Ermittlung gegen sein Unternehmen. Der Zeitpunkt der Erklärung legt aber nahe, dass Lavabits Schließung aus Protest gegen die US-Fahndung gegen den 30-jährigen Snowden erfolgt, der umfassende Details über Spähprogramme des US-Geheimdienstes NSA bei der Telefon- und Internetnutzung enthüllt hat.

Wie Sie jetzt Ihre Privatsphäre schützen können
Telefon mit Passwort schützenEs ist ja nicht nur so, dass die Ehefrau oder der Ehemann manchmal geneigt sein könnte, einen Blick auf das Smartphone des Partners zu werfen. Auch weitaus "gefährlichere" Augen könnten einen Blick auf Mails, SMS, Kontakte oder Applikationen werfen wollen. iPhones lassen sich durch ein vierstelliges Passwort schützen, Google-Telefone bieten zusätzlich eine Gesichtererkennung zum Schutz an. Diese zusätzliche Hürde, an seine Daten zu gelangen, scheint auf den ersten Blick nervig, ist aber durchaus nützlich. Spätestens wenn ein solches Gerät einmal abhanden kommt. Quelle: Screenshot
Computer immer sperren, wenn es in die Mittagspause gehtWas für das Handy gilt, gilt natürlich auch für den Rechner. Vertrauliche E-Mails sollten gerade im Berufsleben vertraulich bleiben. Quelle: Screenshot
Google Alert auf den eigenen Namen machenUm zu wissen, was und in welchem Zusammenhang andere über einen schreiben, kann es sich lohnen einen Alert auf seinen Namen oder seinen Nicknamen bei Google zu erstellen. Jedes Mal, wenn der eigene Name irgendwo im Netz erwähnt wird, bekommt eine Mail mit dem Link. So erhält man die Möglichkeit zu reagieren, sein eigenes Profil zu pflegen oder gegebenenfalls um Löschung bitten zu können. Quelle: Screenshot
Bei Facebook/Google und Co. immer ausloggenOb im Büro, Internetcafé oder anderen Orten, in denen Leute vorbeikommen und einen Blick auf den Bildschirm werfen könnten, bei sozialen Netzwerken wie Facebook sollte man sich bei Verlassen des Rechners dringend abmelden. Jugendliche können verhindern, dass ihre Eltern so fälschlicherweise etwas in ihrem Namen posten oder Accounts komplett löschen, Arbeitnehmer, dass ihnen Kollegen einen bitterbösen Streich spielen. Wer bei Google einen Mail- oder anderen Account hat, sollte sich ebenfalls vor Augen führen, dass Google egal, wo man surft, die Daten speichert. Quelle: REUTERS
Im Geschäft nie an Gewinnspielen teilnehmenNatürlich ist es verlockend, in der Drogerie an einem Gewinnspiel teilzunehmen und einen Audi A3 gewinnen zu können. Doch mittlerweile sollte sich herumgesprochen haben, dass diese Gewinnspiele vor allem dazu dienen, Adressen zu generieren. Wer besonders vorsichtig sein will, sollte immer bar zahlen - sonst werden Spuren beispielsweise bei Kreditkartenfirmen hinterlassen. Quelle: dpa
Bar zahlenWer mit Kreditkarte bezahlt, hinterlässt Spuren und Daten. Immer wieder hört man von Fällen, in denen diese Daten gehackt oder gestohlen werden. Auf Nummer sicher geht es also beim Bezahlen nur mit Bargeld. Quelle: dpa
Cookies im Browser löschenKönnen Sie sich noch daran erinnern, wann Sie das letzte Mal ihren Browser aufgeräumt haben? Ja, es ist praktisch, wenn schon das alleinige Eingeben eines Buchstabens die gewünschte Webseite vorschlägt. Mit Hilfe von Cookies, also kleinen Textdateien, die lokal auf dem Rechner gespeichert werden, ist es möglich Benutzerprofile über das Surfverhalten eines Benutzers zu erstellen. Wer das nicht will, sollte dringend seine Browsereinstellungen ändern bzw. seine Cookies löschen. Quelle: Screenshot

Lavabit könnte Snowdens Wahl gewesen sein, weil der E-Mail-Anbieter sich als sichere, der Privatsphäre verpflichtete Alternative zu den Webmail-Diensten von Yahoo und Google dargestellt hat. In inzwischen nicht mehr im Internet abrufbarem Werbematerial von Lavabit hatte es geheißen, der Dienst sei speziell dafür konzipiert worden, geheimen Abfragen von US-Behörden zu widerstehen.

Für ein E-Mail-Konto Snowdens bei Lavabit gibt es mehrere Indizien. Die russische Menschenrechtsaktivistin Tanja Lokschina hat erklärt, vor ihrem Treffen mit Snowden im vergangenen Monat auf einem Moskauer Flughafen habe sie eine E-Mail von ihm mit einer Lavabit-Adresse erhalten. Eine Online-Datenbank des Massachusetts Institute of Technology zeigt, dass auf den Namen „Ed Snowden“ drei Adressen in den vergangenen vier Jahren bei Lavabit registriert waren.

Levison kündigt juristische Schritte an

Das sind die größten Verräter aller Zeiten
Gemälde, das den Kuss des Judas zeigt Quelle: Gemeinfrei
Foto einer Büste von Alcibiades Quelle: Gemeinfrei
Detmolder Hermannsdenkmal Quelle: GNU
Stich, der Brutus zeigt Quelle: Gemeinfrei
Portrait Talleyrands Quelle: Gemeinfrei
Foto von Ethel und Julius Rosenberg Quelle: Roger Higgins, photographer from "New York World-Telegram and the Sun"
Foto von Mark Felt Quelle: dpa/dpaweb

Die jüngsten Erfahrungen hätten ihm eine sehr wichtige Lektion erteilt, schrieb Levison. Solange es keine klaren Aktionen des Kongresses oder der Justiz dazu gebe, könne er nur jedem dringend abraten, seine privaten Daten einem Unternehmen anzuvertrauen, dass direkte Beziehungen zu den Vereinigten Staaten habe. Das US-Justizministerium äußerte sich zunächst nicht dazu.

Lavabit hatte seinen Kunden zugesagt, dass deren E-Mails auf den Servern des Unternehmens verschlüsselt werden und dass ein Zugang zu den Mails nur mit dem Passwort des Nutzers möglich sei. Lavabits Erklärung lässt vermuten, dass die US-Behörden möglicherweise Zugang zur E-Mail-Korrespondenz von Snowden, zu anderen Informationen über ihn oder zum Schlüssel seiner Mails bekommen wollten oder sogar einen Zugang zu den Daten der Hunderttausenden anderen Lavabit-Kunden.

Es handele sich um einen seltenen und vielleicht sogar einzigartigen Fall, dass ein US-Unternehmen lieber seine Tätigkeit einstelle als einer Bitte von US-Behörden zur Herausgabe von Informationen nachzugeben, sagte Kurt Opsahl, ein Anwalt der Bürgerrechtsgruppe Electronic Freedom Foundation in San Francisco. Ihm sei kein Fall bekannt, wo ein Anbieter sich entschlossen habe, unter diesen Umständen seinen Dienst einzustellen.

Im Rahmen der von Snowden angestoßenen Enthüllungen war herausgekommen, dass die großen amerikanischen E-Mail-Anbieter wie Google und Microsoft und andere von den Behörden gedrängt wurden, die Geheimdienste bei der Ausspähung von Daten zu unterstützen.

Levison kündigte an, seine Firma bereite juristische Schritte vor, um „Lavabit als amerikanisches Unternehmen wieder auferstehen zu lassen“.

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