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Facebook Netzwerk gibt Nutzern etwas mehr Durchblick

Nach Kritik, dass die Regeln für unerwünschte Inhalte bei Facebook zu undurchsichtig seien, gibt das weltgrößte Online-Netzwerk nun mehr Einblick in seine Vorschriften. Zugleich sei es eine große Herausforderung, sie umzusetzen, sagt die zuständige Managerin.

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Facebook kauft auf und macht dicht
Es ist ein klassisches Beuteschema: Facebook übernimmt ein Start-up, das dazugehörige Personal und schließt daraufhin den ursprünglichen Dienst der übernommenen Internetfirma. Neuestes Beispiel: der Bookmark-Dienstleister Spool, der ab sofort unter dem Flagge Facebook weitermacht. Der eigene Dienst wird eingestellt, die Nutzer erhielten die letzte Mail am 14. Juni. Der Fall Spool reiht sich in eine lange Tradition von Facebook-Akquisitonen ein, bei denen das große Social-Network es vor allem auf das Können des Personals abgesehen hat. Von der übernommenen Firma bleibt oft nicht mehr als der Blogeintrag: "Tschüss Leute, wir sind dann mal bei Facebook." Quelle: Screenshot
Im Kampf um die besten Talente reichen Gratisessen und Aktienoptionen nicht immer - in der Folge kaufen sich Facebook & Co. manchmal schlicht die besten Leute samt deren Unternehmen. Ein gutes Beispiel für diese auch "acqui-hire" genannte Praxis: Bret Taylor. Er erhielt sogar den Chefentwicklerposten bei Facebook, nachdem sein Start-up Friendfeed von Facebook für 47 Millionen US-Dollar aufgekauft wurde. Das alles fand 2009 statt. Mit Friendfeed kann der Nutzer alle Aktivitäten seiner Freunde auf diversen Sozialen Netzwerkplattformen verfolgen. Doch Zuckerberg ging es in Wirklichkeit um mehr. "Wir wollten vor allem Bret Taylor an Bord holen", wurde der Facebook-Chef in der New York Times zitiert. Friendfeed ist zwar noch online, doch der Dienst wird nicht mehr aktualisiert oder erweitert. Taylor blieb nach der Übernahme nicht lange bei Facebook. Nach dem jüngsten Börsengang verkündete der Chief Technology Officer prompt, Facebook zu verlassen und seine eigene Firma zu gründen. Quelle: REUTERS
Doch nicht immer geht es nur um das Personal. Auch Teile der Technik dürfte für Zuckerberg interessant sein. So wurde Face.com Mitte Juni 2012 geschlossen. Facebook hatte sich zuvor das israelische Start-up für 60 Millionen Dollar einverleibt. Die Gesicht-Erkennungs-Technologie von Face.com dient Smartphone-Nutzern dazu, auf Facebook Freunde zu markieren. Nun wird die Arbeit an der App eingestellt und vom iTunes-Store genommen. Nutzer können noch bis zum 20. Juli ihre Daten sichern, bis Facebook den Dienst endgültig abschaltet. Wenn Facebook ein Start-up-Unternehmen übernimmt, dann zieht in der Regel das obere Management mit nach Palo Alto in Kalifornien. Die unabhängige Nutzung der Marke erlaubt Facebook nicht. Quelle: Screenshot
Gleiches Schicksal ereilte das israelische Start-up Snaptu. Im März 2011 akquirierte Facebook den Dienst für 70 Millionen US-Dollar, mit dem vor allem normale Handynutzer Zugang zu Social-Networks bekommen. Quelle: Screenshot
Der File-Sharing-Dienst drop.io ging im Oktober 2010 an Facebook. Über den Kaufpreis vereinbarten beide Seiten Stillschweigen. Der Gründer Sam Lessin arbeitet seitdem als Produkt-Manager bei Facebook. Quelle: Screenshot
Der Lokalisierungsdienst Gowalla stand in direkter Konkurrenz zu Foursquare. Vier Monate Monate nachdem das Start-up aus Texas im Dezember 2011 aufgekauft wurde, gab Gowalla bekannt, dass es seinen Dienst einstellen würde. Quelle: Screenshot
Für zehn Millionen US-Dollar kaufte Facebook das Unternehmen Hot Potato im August 2010 auf. Mit dem Check-in-Dienst können Nutzer angeben, was sie lesen oder was für Musik sie gerade hören. Quelle: Screenshot

Facebook informiert seine Nutzer künftig ausführlicher darüber, welche Inhalte im weltgrößten Online-Netzwerk verboten sind und entfernt werden. In der Nacht zum Montag wurde dafür eine neue Version der sogenannten „Gemeinschaftsstandards“ veröffentlicht. „Wir ändern unsere Regeln nicht, sondern wollen den Nutzern nur mehr Klarheit darüber verschaffen, wo und warum wir Grenzen einziehen“, sagte die zuständige Facebook-Managerin Monika Bickert.

Statt eines einzelnen Textes mit elf Kapiteln gibt es nun eine Website mit Links zu verschiedenen Themen und mehr Beispielen als bisher. Neu sind Abschnitte über sexuelle Ausbeutung und Inhalte terroristischer Organisationen - es seien aber in allen Fällen die selben Regeln, nach denen Facebook schon vorher gehandelt habe, betonte Bickert. Ihr Team mit „Hunderten“ Mitarbeitern ist dafür zuständig, untersagte Inhalte bei Facebook zu entfernen.

Facebook in Zahlen

Ausführlicher wird nun zum Beispiel der Umgang mit Nacktheit erklärt: „Wir entfernen Fotos von Personen, auf denen Genitalien oder vollständig entblößte Pobacken zu sehen sind. Außerdem beschränken wir Bilder mit weiblichen Brüsten, wenn darauf Brustwarzen zu sehen sind.“ Fotos von Frauen beim Stillen oder Vernarbungen nach Brustamputationen seien jedoch in jedem Fall erlaubt.

Facebook hat nahezu 1,4 Milliarden Nutzer. Die Regeln umzusetzen, sei nicht nur wegen der Dimension eine große Herausforderung, sagte Bickert, eine frühere US-Staatsanwältin. So müssten ihre Mitarbeiter mit wenig Kontext erkennen, ob ein Facebook-Eintrag zum Beispiel Mobbing oder Gewaltverherrlichung darstelle. „Selbst ein Foto aus der Schule, unter dem einfach nur „Nettes Kleid“ steht, kann unter Umständen als Mobbing gemeint sein“, gab sie zu bedenken.

Kein Spielraum für Terroristen

„Ähnlich kann ein Bild, auf dem Gewalt zu sehen ist, geteilt werden, um sie zu verurteilen - oder um sie zu zelebrieren“, sagte Bickert. Im ersten Fall würde Facebook das Foto grundsätzlich zulassen, aber unter Umständen als nur für Erwachsene empfohlen markieren. Bei terroristischen Vereinigungen gebe es hingegen keinen Spielraum: „Auch wenn sie scheinbar harmlose Informationen wie ihre Lieblingsrestaurants teilen wollen - wir tolerieren keine Terror-Gruppen bei Facebook.“

Facebook verlasse sich weitgehend darauf, dass die Nutzer selbst problematische Inhalte melden, betonte Bickert. „Nur in einigen Bereichen, vor allem, wenn es um die Sicherheit von Kindern geht, haben wir eine Software im Einsatz, die aktiv nach Inhalten sucht“, sagte sie. Sie nannte nicht, für welche weiteren Bereiche das noch gilt.

„Inhalte, die Nutzer bei Facebook melden, werden grundsätzlich von Menschen geprüft“, sagte Bickert. Die Entscheidungen erforderten eine menschliche Abwägung. Die Prüfer seien über die Welt verteilt, es gebe Spezialisten für verschiedene Sprachen. Zugleich gebe es Grenzen dafür, was ihre Mitarbeiter sehen könnten. „Sie sollen genug Informationen haben, damit sie eine bewusste Entscheidung über Inhalte treffen können.“ Die Prüfer erhielten aber keinen ausufernden Zugang: „Wenn zum Beispiel ein Foto als Mobbing gemeldet wird, bekommen sie nur das Foto plus etwas Kontext dazu zu sehen.“

Facebook kauft TheFind

Facebook war in der Vergangenheit immer wieder wegen Entscheidungen zu einzelnen Inhalten kritisiert worden, etwa wenn Bilder von Protesten oder Fotos von Kunstwerken mit Nacktheit entfernt wurden. Die Veröffentlichung der ausführlicheren Regeln solle das Verfahren dahinter verständlicher machen, sagte Bickert. „Es ist eine große Herausforderung, einheitliche Regeln für die ganze Welt aufzustellen.“

Am Sonntag war zudem bekannt geworden, dass Facebook weiter an E-Commerce-Angeboten für seine mehr als 1,3 Milliarden Nutzer arbeitet. Das Online-Netzwerk übernahm die Shopping-Suchmaschine TheFind.

Sie spezialisiert sich darauf, günstige Preise zu finden und Nutzern personalisierte Empfehlungen anzubieten, unter anderem auf Basis ihrer bisherigen Einkäufe und der Wunschliste. Zudem bietet TheFind an, die zentrale Sammelstelle für alle Daten eines Nutzer zu Online-Käufen zu sein und auch die Paketverfolgung zu übernehmen. Schlüsselmitglieder des Teams wechselten zu Facebook, erklärte TheFind am Wochenende auf seiner Website. Der eigene Dienst der Suchmaschine werde in den kommenden Wochen eingestellt, hieß es.

Facebook denkt laut Medienberichten schon lange darüber nach, wie Shopping-Angebote auf die Plattform gebracht werden können. So soll mit einem Kaufen-Button experimentiert werden. Facebook hatte im Jahr 2007 bereits versucht, im Projekt „Beacon“ Informationen zu Einkäufen von Nutzern zu integrieren. Die Funktion wurde jedoch nach Kritik schnell wieder abgeschafft.

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