Fakten zur Überwachung Warum die NSA Merkels Parteihandy abhörte

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Welche Schwachstelle konnte die NSA nutzen?

Die Handys von Angela Merkel
Ein Bild aus der Zeit der deutschen Wende: Angela Merkel in jungen Jahren mit einem klobigen Mobiltelefon. Quelle: imago images
Im März 2007 sitzt Angela Merkel mit einem Nokia-Handy im Bundestag. Dem finnischen Hersteller ist sie bis ins Jahr 2013 treu. Quelle: dpa
Im Oktober 2008 im Bundestag mit dem Nokia 6131: Bis zu 50 SMS pro Tag soll die Kanzlerin in dieser Zeit versendet haben. Quelle: dpa
Im Oktober 2009 zeigt Angela Merkel ihr Mobiltelefon. Auch da war es noch das Klappmodell von Nokia. Wenig später wechselt Merkel jedoch das Gerät. Quelle: imago images
Ende 2009 erhält Merkel das neue Gerät, dem Vernehmen nach ausgestattet mit einem Verschlüsselungschip der Firma Secusmart. Das Bild zeigt Merkel im April 2010 im Bundestag. Quelle: imago images
Angeblich handelt es sich bei dem Gerät um ein Nokia E63, doch dem Augenschein nach ist es wohl eher ein Nokia 6260 Slide. Im Oktober 2011 tippt Angela Merkel im Bundeskanzleramt in das Gerät, während sie auf einen Staatsgast wartet. Quelle: imago images
Auch im April 2012 auf der Computermesse Cebit in Hannover ist Angela Merkel immer noch treue Nutzerin des Modells. Quelle: imago images

Allem Anschein nach hat der amerikanische Geheimdienst in der Vergangenheit private Telefonate der Kanzlerin mitgehört. Das berichtet zumindest der „Spiegel“, durch dessen Recherche der Abhörverdacht öffentlich wurde. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldete, dass Merkels Parteihandy abgehört worden sei. Merkel soll dieses vor allem in ihrer Funktion als CDU-Vorsitzende genutzt haben.

Beide Handys sind deutlich schlechter gesichert, als die neuen Diensthandys. So konnte die NSA problemlos mithören. Welche Informationen die NSA letztlich den abgehörten Gesprächen genau entnommen haben könnte, ist bisher nicht klar.

Fakt ist, dass mit den Praktiken des Geheimdienstes Milliarden Daten gesammelt und dank umfassender Big-Data-Analysen ausgewertet werden können. Die Praktiken hat der Whistle-Blower Edward Snowden bereits vor Monaten in einem umfangreichen Bericht offengelegt. Danach soll die amerikanische Bundespolizei FBI Telekommunikationsdaten direkt von den großen Internetfirmen wie Google, Yahoo, Facebook, Apple und Microsoft abgreifen. Gleichzeitig werden Vorratsdaten von Providern abgegriffen, Glasfaserkabel angezapft und Router gehackt.

Haupteinfallstor aller Angriffe sind sind jedoch Software-Schwachstellen in den Betriebssystemen von Smartphones oder Computern der auszuspähenden Politiker oder Manager. Diese Bugs, die in den immer komplexeren, oft Millionen von Codezeilen umfassenden, Programmen so gut wie nicht zu vermeiden sind, sind das Einbruchswerkzeug für Online-Betrüger und Cyber-Spione.

Und längst hat sich eine lukrative Industrie entwickelt, die nichts Anderes zum Geschäftszweck hat, als genau diese Stolperstellen im Code zu entdecken – noch bevor die Programmanbieter selbst darauf stoßen und sie beheben können – und dieses Wissen zu versilbern. Auch Deutsche mischen auf diesem grauen Markt mit, in dem auch staatliche Einkäufer, etwa von Geheimdiensten, für gute Ware teils astronomische Summer zahlen: Laut einer im vergangenen Frühjahr veröffentlichten Übersicht reichen die gebotenen Preise für solche Schwachstellen von 5000 Dollar – bei älteren Versionen von Adobes Dokumentensoftware Acrobat Reader – bis zu 250.000 Dollar für einen funktionierenden Angriff auf Apples Smartphone-Betriebssystem iOS.

Wer besitzt die sicheren Smartphones?

Insgesamt sollen nach und nach etwa 4000 Beamte im Berliner Politbetrieb mit dem Smartphone ausgestattet werden. Im Regierungsviertel ist die Nachfrage nach den Blackberrys in den letzten Wochen stark gestiegen. Bundesministerien haben inzwischen mehr als 1000 Smartphones des Modells Z10 bestellt.

Auch im Ausland gibt es Interesse. "Wir sind mit anderen europäischen Ländern im Gespräch", sagt Secusmart-Chef Hans-Christoph Quelle. Ein Auftrag könnte schon in den nächsten Wochen abgeschlossen werden, für das kommende Jahr sind Tests in drei weiteren Ländern geplant.

Darüber hinaus ist das Interesse bei Wirtschaftsbossen groß. Verschiedene Großunternehmen, auch Dax-30-Konzerne, testen das Gerät oder haben es schon bestellt.

Kann jeder die Merkel-Handys nutzen?

Ja, die Geräte kann jeder kaufen. Etwa 2500 Euro kostet das Z10 von Blackberry mit der Zusatzausstattung des Düsseldorfer IT-Sicherheitsdienstleisters SecuSmart. Die entsprechend „gehärteten“ Geräte vertreiben die Düsseldorfer und der kanadische Smartphone-Hersteller gemeinsam. Dabei war die Entwicklung der Sicherheitslösung von Anfang an darauf angelegt nicht nur Behördenbedürfnisse zu befriedigen, sondern ausdrücklich auch Systeme für sicherheitsbedürftige Unternehmen anbieten zu können. Das passt zudem perfekt in die inzwischen primär auf Firmenkunden fokussierte Geschäftsstrategie, der angeschlagenen Kanadier.

Die SIMKo-Geräte sind mit 1700 Euro zwar ein Drittel günstiger, dafür ist das Telefonieren aber auch nicht nach den Anforderungen des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verschlüsselt.

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