Frequenzstörungen Darum gefährdet 5G in den USA Flugzeuge, aber bei uns nicht

5G: Ein Gefahr für das Fliegen? Quelle: dpa

US-Mobilfunkanbieter müssen den Start von 5G rund um die Flughäfen verschieben – der Funk könnte Flugzeuge bei der Landung stören. Deutschland hat keine solchen Bedenken und nutzt längst 5G. Wer hat Recht?

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Und das, obwohl die amerikanische Telekommunikationsaufsichtsbehörde FCC für den Start der Netze auch an den Flughäfen bereits grünes Licht gegeben hatte. Inzwischen aber warnte die Flugaufsicht FAA, der 5G-Funk könnte Höhenmesser in Flugzeugen stören, die bei der Landung benötigt werden, wenn nicht auf Sicht geflogen werden kann. 

Zudem fürchten Fachleute, dass Flugzeuge bei widrigem Wetter über die Landebahnen hinausschlittern könnten, wenn wegen denkbarer Störsignale durch den Funk die Bremswirkung der Triebwerke bei der Schubumkehr ausfallen könnte. US-Präsident Joe Biden hatte angesichts der beschriebenen Risiken vor „verheerenden Störungen“ in der Passagierluftfahrt, bei Frachtmaschinen und in Folge für die Wirtschaft allgemein gewarnt.

Angesichts der Sorgen scheint überraschend, dass 5G in Deutschland rund um die meisten Flughäfen längst eingeführt ist – ohne, dass etwa die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde Alarm geschlagen hätte. Der Köln-Bonner Flughafen führte gerade sogar ein eigenes 5G-basiertes Campus-Netz ein. Auch in China sind die Flughäfen schon so umfassend mit 5G ausgerüstet, dass Reisende dort ohne das Vorzeigen von Pässen alle Sicherheitskontrollen passieren können. Über das 5G-Netz vernetzte Sicherheitskameras gleichen die in Echtzeit übertragenen Bilder mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz mit Datenbanken ab. Auch dort musste deshalb bisher kein Flugzeug am Boden bleiben.

Keine Bedenken in Köln-Bonn

„Wir machen uns da wenig Sorgen“, sagt David Preuss, der IT-Chef des Flughafens Köln-Bonn, „denn die Frequenzen sind hierzulande anders verteilt.“ Die Radiofrequenz-Höhenmesser, die in den Flugzeugen eingebaut sind, nutzen Frequenzen zwischen 4,2 und 4,4 Gigahertz. Die amerikanischen C-Bänder, die für 5G genutzt werden, reichen in ihren Frequenzen auf bis zu 3,98 Gigahertz an die Höhenmesserfrequenzen heran.

Europas Mobilfunker hingegen nutzen für kommerzielles 5G Funkfrequenzen bei 700 Megahertz sowie bei 1,8, 2,1 und 2,7 Gigahertz. Maximal aber werden Frequenzen von 3,4 bis 3,8 Gigahertz verwendet. Für private Netzwerke, wie sie der Köln-Bonner Flughafen betriebt, ist Spektrum von 3,7 bis 3,8 Gigahertz zugeteilt. „400 Megahertz Frequenzunterschied ist ein riesiges Band“, sagt der Köln-Bonner IT-Chef Preuss, „wenn man sich darum Sorgen machen müsste, dürften wir auch keine Mikrowellen-Geräte zulassen.“

Wichtig ist zudem, dass in Europa die Mobilfunker mit deutlich geringerer Sendeleistung funken als in den USA. Auch das senkt das Risiko einer störenden Überlagerung der Funksignale – Fachleute sprechen von Interferenzen – erheblich. Regulierer in Frankreich und Norwegen haben studiert, ob und welche Interferenzen tatsächlich auftreten – und waren ebenfalls wenig alarmiert. Auch in China sieht man Interferenzen des Mobilfunks mit den Höhenmessern von Flugzeugen nicht weiter problematisch: „Während die USA und Europa recht nah bei einander liegende Frequenzräume für 5G nutzen, setzt China auf ganz andere Frequenzbänder“, sagt der Technologieexperte Michael Lemke von Huawei.

Europäischen Mobilfunkfachleuten zufolge müssten aber Höhenmesser und Mobilfunker eigentlich auch in den USA problemlos nebeneinanderher existieren können. „Ordentlich justierte Funkanlagen und eine adäquate Technik an Bord der Flugzeuge vorausgesetzt“, sagt ein Technikexperte eines europäischen Mobilfunkausrüsters, „dürfte es da nicht zu Störungen kommen.“

Und genau da scheint tatsächlich das speziell amerikanische Problem zu liegen. Unter anderem hatte der US-Flugzeughersteller Boeing etwa Japan Airlines zuvor gewarnt, dass die amerikanischen 5G-Frequenzen die Höhenmesser stören könnten. Luftfahrtfachleute munkeln, Boeing habe einzelne Flugzeugmodelle mit Höhenmessern niedrigerer Qualität ausgestattet. Geräten zumal, die in ihrer Leistung weder reguliert, noch ausgetauscht werden.



Und spätestens da wird die ebenso plötzliche wie auffällige Sensibilität der FAA nachvollziehbar. Schließlich steht die Behörde seit Monaten in der Kritik, dass mehrere Abstürze der Boeing 373 Max mit Hunderten Toten auch darauf zurückzuführen waren, dass die FAA ihre Aufsichtspflicht allzu lax gehandhabt habe.


Mehr zum Thema: Mehr als 53 Prozent der Fläche der Bundesrepublik werde bereits mit dem neusten Mobilfunkstandard 5G versorgt. Unterschiede gibt es allerdings zwischen Stadt und Land.

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