Geldwäschegesetz Anonymes Zahlen in Gefahr

Die Anbieter von elektronischen Zahlungssystemen sehen sich durch das geplante Geldwäschegesetz in ihrer Existenz bedroht. Die junge Branche ermöglicht das anonyme Zahlen im Internet. Nun wollen sie der Bundesregierung entgegenkommen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
pasysafe_480 Quelle: pr

Wer im Internet Waren kaufen oder ein Spiel zocken möchte dem bieten die sogenannten proprietären Prepaid-Karten die Möglichkeit, bargeldlos und anonym zu zahlen, auch ohne eine oftmals verlangte Kreditkarte. Dazu können Verbraucher an einem Kiosk oder einer Tankstelle für bis zu 250 Euro einen Gutschein kaufen. Darauf befindet sich eine Pin-Nummer, die er beim Zahlen im Internet alternativ zu einer Kreditkartenummer angibt. Der Verbraucher hat auch die Möglichkeit eine Prepaid-Kreditkarte zu erwerben, die mit einem bestimmten Guthaben aufgeladen ist und mit der im Internet zahlen kann, bist das Guthaben aufgebraucht ist.

Dieses so genannte E-Geld könnte aber auch dazu dienen, Schwarzgeld in den legalen Geldkreislauf zu schleusen. Das zumindest fürchtet das Bundesfinanzministerium und will die Nutzung der Prepaid-Karten mit einem neuen Geldwäschegesetz an scharfe Bedingungen knüpfen. Am kommenden Mittwoch findet dazu im Finanzausschuss eine öffentlichen Anhörung statt.

Für die Anbieter der Karten ist es die vielleicht letzte Chance, die Pläne noch zu stoppen. Denn sollte das Gesetz zustande kommen, könnten viele Unternehmen gleich dicht machen, kritisiert das Prepaid-Forum, eine Interessengemeinschaft einzelner Unternehmen, die an dem elektronischen Zahlungssystem beteiligt sind.

Ihre Kritik an dem Gesetzesvorhaben: Die geplanten Verschärfungen könnten nur die wenigsten Läden an der Ecke erfüllen. Denn künftig sollen die Nutzer von elektronischen Zazhlungssystemen sich vollständig ausweisen und ihre Personaldaten hinterlegen. Darüber sollen die Läden Buch führen. "Eine Identizifizierung am Kiosk oder an der Tankstelle", sagt Jonny Natelberg, Bereichsleiter electronic value von Lekkerland, "wäre für viele Kunden schlicht zu aufwendig". Lekkerland vertreibt an Tankstellen und anderen Kleinverkaufsstellen solche Prepaidkarten und setzt damit mittlerweile nach eigenen Angaben 300 Millionen Euro um, fast 30 Prozent vom gesamten Prepaid-Umsatz. "Würde das neue Gesetz in Kraft treten", so Natelberg "würde dieser Umsatz sofort verschwinden".

Mangelnde Verhältnismäßigkeit

Der Markt für elektronische Zahlsysteme ist noch jung, doch er hat mittlerweile eine erhebliche Größe erreicht. So wurden 2010 insgesamt 850 Millionen Euro mit diesem E-Geld umgesetzt. Nicht verwunderlich, in einem Land, in dem bis zu 75 Prozent der Verbraucher keine Kreditkarte besitzen und nur mit den neuen Zahlungssystemen am Handel im Internet teilnehmen. Das Unternehmen Paysafecard ist als erster seit dem Jahr 2000 an dem deutschen Markt aktiv. Auch die Anbieter Wallie und Ukash bieten in Deutschland Prepaid-Produkte an.

Die Kritiker des Geldwäschegesetzes werfen dem neuen Regelwerk zudem eine mangelnde Verhältnismäßigkeit vor. Schaut man auf die Zahlen, die das Bundeskriminalamt jüngst veröffentlicht hat, kann man sich dieses Eindrucks nicht erwehren. So listet die Financial Intelligence Unit (FIU) des BKA für das Jahr 2010 11.023 Verdachtsfälle im Bereich der Geldwäsche auf. Doch nur 94 davon sind den elektronischen Zahlungssystemen zuzurechnen. Das BKA gibt in seinem Bericht zu, dass sich diese 94 Verdachtsanzeigen von 2010 auf "einem sehr niedrigem Niveau" bewegen. 

"Das ist ein signifikant geringer Anteil im Vergleich zu ca. gesamt 11.000 Geldwäscheverdachtsfällen", wie der Chef der paysafecard.com Wertkarten AG, Michael Müller, findet, "wir haben es mit 99, 9 Prozent redlichen und nur mit maximal 0,1 Prozent unredlichen Kunden zu tun". Und der Sprecher des Prepaid-Forums  Hugo Godschalk sagt: "Wir schaffen doch nicht das Bargeld ab, nur weil jeden Tag eine Bank ausgeraubt wird."

Die Anbieter wollen Kompromisse eingehen

Allerdings sind die Kritiker des neuen Gesetzes bereit, dem Gesetzgeber Zugeständnisse zu machen. So möchten Müller und Natelberg einer Herabsetzung der Bagatellgrenze ohne Ausweisung auf 150,- oder 100,- Euro zustimmen. Der Verbraucher dürfte dann nicht mehr E-Geld halten ohne sich auszuweisen, als diese Grenze zulässt. Zurzeit sind es für nicht wieder aufladbare Prepaid-Produkte 250 Euro pro Person, für wieder aufladbare Prepaid-Kreditkarten 2.500 Euro. 

Gleichzeitig wären die Kritiker auch bereit, bei der Cashout-Möglichkeit, Kompromisse einzugehen. Bei dieser Option kann sich zum Beispiel der Besitzer von fünf 50-Euro-Gutscheinen auch das gesamte Geld auszahlen lassen, ohne dass er seinen Personalausweis vorlegen muss. "Schon heute ist eine Auszahlung von E-Geld ohne Identifizierung nur in geringem Maße möglich", so Natelberg. Der Vorschlag: Wer sein Geld zurückhaben ("outcashen") möchte, soll sich künftig immer identifizieren müssen. "Wir wären auch in der Lage,  das sofort so durchzuführen", so Natelberg. Und Müller fügt hinzu: "Wir wären mit diesem Modell in Europa zukunftsweisend".

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%