Google Stadia Warum die Tech-Giganten an der Games-Entwicklung scheitern

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„Die Königsdisziplin der Software-Entwicklung“

„Allgemein gilt: Nur weil man Technologie oder eine Plattform anbietet, heißt das noch nicht, dass man die Spiele gleich dazu entwickeln kann“, betont Game-Geschäftsführer Falk. „Das sind unterschiedliche Gebiete.“ Videospiele seien „die Königsdisziplin der Software-Entwicklung“, sagt auch Games-Ökonomin Odile Limpach. Ein Spiel auf höchstem Niveau benötige nicht nur Technologie auf dem neuesten Stand, sondern eben auch eine innovative Spielidee und kreative künstlerische Gestaltung. Bei Google kommt ein weiterer Faktor hinzu: Um Stadia von anderen Ausspielgeräten abzugrenzen, brauche es eine sogenannte „Killer-App“, erklärt Limpach. Eine Funktion oder eine Spielidee also, die so nur auf der Cloud-Gaming-Plattform und nirgendwo sonst funktioniert. Die muss man nur erstmal finden.

Vor allem mit einem Team, das nicht eingespielt ist. „Ich kann den besten Programmierer und den besten Game Designer zusammenstecken – wenn die nicht gut zusammenarbeiten können, kommt da nie im Leben ein Spiel bei raus“, sagt Limpach. Selbst erfahrene Entwicklerstudios und Videospielkonzerne müssen immer wieder Spieleentwicklungen abbrechen und viel ausprobieren. „Games sind ein risikoreiches Geschäft. Da lässt sich viel Geld verbrennen“, erklärt Niklas Wilke, der für die Unternehmensberatung PwC die Gaming-Branche analysiert.

von Nele Husmann, Thomas Stölzel, Matthias Hohensee

Hohe Margen, schnelles Wachstum

Warum dann überhaupt in die risikoreiche Videospielentwicklung investieren? „Unternehmen können bei Games sehr gute Margen erzielen“, erklärt Wilke. Und Videospiele seien „der am schnellsten wachsende Markt im Entertainmentbereich“, sagt Odile Limpach.

Branchenvertreter Felix Falk hebt einen weiteren Aspekt hervor: „Die Innovationskraft der Games-Branche ist für die großen IT-Unternehmen sehr interessant.“ Tatsächlich stammen große Techniktrends wie Virtual und Augmented Reality, Gamification oder 3D-Simulationen aus dem Gamingbereich. Die IT-Konzerne könnten neue Technologien bei den technikaffinen Gamern testen und schauen, ob sie für andere Anwendungsbereiche nutzbar sind, erklärt Falk. Aus Cloud-Gaming-Daten könnten Unternehmen beispielsweise wertvolle Infos für Industrieanwendungen gewinnen.

Neue Strategie, neues Glück?

Auch deshalb zieht Google sich nicht vom Cloud-Gaming-Markt zurück, sondern stellt die Strategie um: Anstatt eine Art eigene Konsole zu etablieren, will Google die Technologie hinter Stadia anderen Videospielunternehmen anbieten, möglicherweise auch als White-Label-Produkt. „Damit fokussiert sich Google auf das, was es auch in anderen Bereichen sehr gut kann“, sagt Analyst Wilke. Anderen Unternehmen hochentwickelte Technologien verkaufen, anstatt sich an Endkunden zu richten. Andere Entwickler könnten von Googles Cloud-Expertise profitieren. Während das Blockbuster-Spiel „Cyberpunk 2077“ beispielsweise auf allen anderen Plattformen teils desaströs aussah, lief es auf Stadia weitgehend flüssig.

Zudem können auch Spieler die Plattform weiter nutzen. Google könnte in Zukunft auch hier vom Plattformeffekt profitieren, erklärt Wilke. „Google ist auf fast allen PCs der Startpunkt für viele weitere Anwendungen.“ Vor allem mit der Videoplattform YouTube gibt es starke Synergien: Viele Videospielfans schauen sich dort Gaming-Videos an. Da liegt es nahe, gleich ein Gaming-Angebot drumherum zu schnüren.

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Nur: Google ist auf dem Cloud-Gaming-Markt nicht alleine. Die Konsolenhersteller Sony und Microsoft haben jeweils eigene Dienste mit dem großen Vorteil einer bereits existierenden Gaming-Community, auch der Chiphersteller Nvidia hat mit „Shield“ ein Angebot auf dem Markt. Außerdem heißt es aus Entwicklerkreisen teilweise, dass das Google-Angebot zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wahnsinnig attraktiv sei. Aber: „Der Cloud Gaming Markt steckt noch in den Kinderschuhen. Google war früh dabei und hat durchaus die Chance ein Big Player zu werden“, schätzt Analyst Wilke. Ob Google sich auf dem umkämpften Cloud-Gaming-Markt tatsächlich durchsetzen kann, bleibt also abzuwarten. Falls nicht, wäre der Ausflug des IT-Riesen in die Unterhaltungselektronik allerdings endgültig gescheitert.

Mehr zum Thema: Deutschland schafft es nicht, international konkurrenzfähige Videospielentwickler hervorzubringen. Polen hat Videospiele hingegen zur Schlüsselindustrie ernannt – und zeigt, wie es gehen kann.

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