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Informationstechnik Neue Computer braucht das Land

Rechenpower plus Kreativität gleich Wohlstand. Die Gleichung galt, solange Bits und Bytes immer schneller rotierten - doch damit ist es längst vorbei. Die IT-Branche muss den Computer neu erfinden.

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Gelenkige PCs und schlaue Shirts
Für die Elektronikbranche ist die Computex eine der wichtigsten Messen, gerade die asiatischen Unternehmen zeigen in Taipeh Präsenz. Was hier gezeigt wird, findet sich später nicht selten auch in deutschen Elektronikmärkten – hier Tablets mit ansteckbaren Tastaturen und ein Notebook in den Händen von drei Models. Quelle: dpa
Notebook und Tablet in einem: Das Transformer Book Flip TP500 von Asus hat bewegliche Scharniere, mit denen man den Bildschirm in die gewünschte Position klappen kann. Das Konzept ist nicht neu, Lenovo hat es bei seinen Ideapad Yoga schon vor zwei Jahren eingeführt. Quelle: Presse
Dieses Konzept sieht bekannt aus: Auch Dell hat ein neues Klappmodell im Angebot. Der Inspiron 13 7000 ist mit einem 13,3-Zoll-Bildschirm ein ausgewachsenes Notebook, er lässt sich aber mit einer Rotation zu einem – etwas wuchtigen – Tablet umbauen. Wie beim Asus-Modell ist das für die Gestensteuerung optimierte Betriebssystem Windows 8.1 installiert. Quelle: Presse
Wie wohl der Klang ist? Diese Lautsprecher sind wasserdicht und eignen sich damit auch für einen feuchtfröhlichen Ausflug ins Schwimmbad oder als Accessoire im Badezimmer. Quelle: dpa
Telefon oder Tablet? Beides: Das Fonepad 8 von Asus ist acht Zoll groß, trotzdem kann man damit telefonieren – auch wenn es skurril aussehen könnte, sich das Gerät ans Ohr zu halten. Quelle: Presse
Google Glass? Nein, diese Brille stammt vom Hersteller Sime Smart Glasses. Auch auf diesem Gerät ist aber das Betriebssystem Android installiert. Welches Gerät auch immer Erfolg haben wird: Der Wettbewerb im Bereich der tragbaren Technologien nimmt weiter zu. Quelle: AP
Auch T-Shirts sind heutzutage auf Elektronikmessen zu sehen – zumindest wenn sie Sensoren enthalten wie dieses Textil der taiwanischen Firma AiuX Smart Clothing. Es misst Puls, Körperfett und Muskelaktivität und funkt die Daten per Bluetooth ans Smartphone. Quelle: dpa

Es ist die perfekte Tarnung: Ein unscheinbarer Industriebau, mehrgeschossig, eine Viertelstunde Fahrt von Hongkongs noblen Central Piers gelegen. Tausende davon gibt es in der chinesischen Megacity. Nichts verrät, dass hier die Schatzgräber des 21. Jahrhunderts arbeiten. Inkognito natürlich. Wer den Bau nutzt, verrät Alex Kampl nicht, als er die codegesicherten Türen ins Innere öffnet.

Verständlich. Denn die Kunden des 39-jährigen Österreichers produzieren hier Geld. Der Technikchef bei Allied Control, einem Spezialisten für Hochleistungscomputer, hat ihnen aber keine illegalen Notenpressen gebaut, sondern einen Miner, einen hochgezüchteten Spezialrechner. Der hat nur einen Zweck: mithilfe extrem aufwendiger mathematischer Verfahren die virtuelle Währung Bitcoin zu errechnen, das Gold des digitalen Zeitalters.

Damit die Maschinen bei dem immensen Rechenaufwand nicht durchbrennen, ist Kampl auf eine scheinbar absurde Idee verfallen: Er hat seinen Superrechner Immersion II kurzerhand in riesigen Tanks absaufen lassen. Hunderte Rechnerplatinen bringen dort, teils nur noch einen Millimeter voneinander entfernt, mit ihrer Hitze die Flüssigkeit zum Brodeln, wie Koi-Karpfen einen Teich bei der Fütterung.

Die wichtigsten IT-Trends

Die Rechner geben nur deshalb nicht mit blitzenden Kurzschlüssen den Geist auf, weil in den Tanks kein Wasser kocht, sondern Novec, eine vom Mischkonzern 3M entwickelte Spezialflüssigkeit. Sie fühlt sich an wie Wasser, leitet aber keinen Strom und kühlt so selbst sensible Elektronik optimal. „Wir bringen bei gleichem Platzbedarf mehr als 20 Mal so viel Rechenpower unter“, sagt Kampl. „Höchste Leistung, minimaler Platzbedarf und extrem geringer Stromverbrauch für die Kühlung – das ist der nahezu perfekte Mix.“

Schwimmende Server – das mag verrückt klingen. Doch gerade solch ungewöhnliche Konzepte haben in den Forschungsabteilungen der Computerindustrie und an den Hochschulen aktuell Hochkonjunktur: Biomoleküle als Transistoren, Ionen als Speicher, Neuro-Computer oder Chips aus Kohlenstoff – kaum eine Idee klingt zu abseitig, um sie nicht auf ihre Praktikabilität abzuklopfen. Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen treibt eine Sorge um: Der Innovationsmotor der Computerwelt könnte ins Stottern geraten. Die Hersteller müssen immer mehr Aufwand treiben, um die Leistung der Rechner spürbar zu steigern.

„Miniaturisierung und höhere Taktraten stoßen als Tempotreiber bei Prozessoren an ihre Grenzen“, sagt Matthias Troyer. Der Physikprofessor erforscht an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) neue Rechnerkonzepte. „Inzwischen sind die Strukturen der Leiterbahnen und Transistoren so klein, dass quantenmechanische Effekte wirksam werden und die Elektronen in den Leiterbahnen immer häufiger machen, was sie wollen“, umreißt er das Dilemma der IT-Entwickler.

Wenn sich aber „Kleiner und schneller“ als Sackgasse erweist, welche Technologien und Rechnerkonzepte können dann die digitale Revolution in fast allen Wirtschaftsbereichen weiter befeuern?

Egal, ob Autobau, Luftfahrt oder Medizin, ob Musikmarkt, Logistik oder Wissensmanagement – in jeder Ecke der Wirtschaft sorgen die Rechenhirne seit gut drei Jahrzehnten für sinkende Produktionskosten durch höhere Produktivität. Was wir seither an Wohlstandsgewinn einstrichen, verdanken wir also auch der konstant wachsenden Leistung des Kollegen Computer.

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