
Am 8. April ist es soweit: Der Deutsche Innovationspreis 2016 wird in München feierlich verliehen. Unter 18 smarten Ideen und Geschäftsmodellen, die es in die letzte Runde geschafft hatten, musste die hochkarätig besetzte Jury in den Kategorien Großunternehmen, Mittelstand und Start-up entscheiden. 13 von ihnen bewegen sich vollständig im Digitalen. Die Nominierten im Kurzportrait:
Kategorie Großunternehmen
Mehr Service per App: Das Familienunternehmen Adolf Würth mit Sitz in Künzelsau bei Stuttgart hat eine Anwendung fürs Smartphone entwickelt, die laut Würth auf fast alle Fragen aus dem Handwerkeralltag eine Antwort finden kann. So kann der Nutzer aus rund 250 Services wählen und zum Beispiel per Sprachfunktion nach einem Produkt wie Dübel, KFZ-Teile und Handwerkzeuge suchen oder sich die Sicherheitshinweise durchlesen. Wer fündig wird, kann direkt kaufen. Die App ist mit dem Online-Shop verbunden
Ein Auto, das alleine ein- und ausparkt. Und der Fahrer kann ganz bequem von außen zu schauen. Möglich ist das im neuen BMW 7er, das weltweit erste Serienautomobil mit einer solchen Funktion. Über einen Displayschlüssel wird der Wagen gesteuert. Nach dem Einparken kann der Motor mit dem Schlüssel abgeschaltet und später wieder gestartet werden. Die Sonderausstattung kostet 550 Euro und ist mittlerweile auch für andere Autoklassen von BMW verfügbar.
Eine universelle Kommunikationssprache für das Internet der Dinge, die Geräte aller Art verbinden soll. Das ist das Ziel der Leamonbeat-Technologie vom Energieriesen RWE. Leamonbeat wird über Lizenzen vermarktet und kann sowohl im Smart Home als auch in Industrieanlagen eingesetzt werden
Dass sich das Fahrzeug auch bei schneller Kurvenfahrt nicht zur Seite neigt, dafür sorgt die elektromechanische Wankstabilisierung von Schaeffler Technologies. Der Autozulieferer mit Sitz in Herzogenaurach in Mittelfranken hat das System entwickelt, das je nach Typ zwischen 500 und 650 Euro kostet und eine stabile Lage in jeder Fahrsituation gewährleisten soll. Das erhöht den Komfort. Gleichzeitig lässt sich im Vergleich mit hydraulischen Systemen CO2 einsparen. Laut Schaefller sollen in diesem Jahr 45000 Systeme gebaut werden.
Täglich transportieren weltweit 12 Millionen Aufzüge rund eine Milliarde Menschen, hat der Lift-Hersteller Thyssenkrupp Elevator ermittelt. Um Pannen und Reparaturen vorzubeugen, nutzt der Ruhrkonzern aus Essen Big-Data-Analysen: Möglichst viele Betriebsdaten werden erfasst, via Internet in Rechenzentren – die Cloud – geschickt und dort mit selbstentwickelten Algorithmen ausgewertet. Die Servicezentrale erkennt so frühzeitig, wenn ein Aufzug gewartet werden sollte. Durch diesen Dienst sollen sich die Ausfallzeiten von Aufzügen halbieren.
Diese sieben mittelständischen Kandidaten konnten mit ihren smarten Erfindungen überzeugen:
Kategorie Mittelstand
Auf Software statt Papier setzt der Hamburger Mittelständler immo-portal-services bei der Verwaltung von Wohnungen. Kunden können per App gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen der Verkehrssicherheit – zum Beispiel Zustand der Gehwege oder Wartung von Heizungen – nachkommen. So lassen sich Papier und Zeit einsparen. Zu den Kunden von immo-portal-services zählt unter anderem die Wohnungsgenossenschaft Kleefeld-Buchholz und der Immobiliendienstleister Gewoba, beide aus Bremen.
Passen alle Bauteile des neuen Motors, Getriebes und der Antriebswellen zueinander, kollidiert der Autositz eventuell mit der Verkleidung im Bodenraum? Mit der Simulationssoftware des Ingenieurdienstleisters Invenio aus Eschborn bei Frankfurt wissen Industriekunden das schon zuverlässig, bevor sie auch nur einen realen Prototypen gebaut haben. Die Überprüfung und Optimierung am Rechner senken Kosten und Zeit für die Entwicklung laut Unternehmen um jeweils rund 30 Prozent – zugleich steigt die Produktqualität.
Ob in der Medizin oder der Lebensmittelindustrie – überall ist keimfreies Arbeiten von höchster Priorität. Der Mittelständler Lamilux aus Rehau südlich von Zwickau hat in einem dreijährigen Forschungsprojekt ein beständiges Material entwickelt, welches weltweite Hygienestandards nachhaltig verbessern soll. Die aus glasfaserverstärktem Kunststoff und Nanosilberzusätzen bestehende Deckschicht wirkt antibakteriell. 99,99 Prozent der Bakterien sollen laut Unternehmen absterben. Bisher wurden 50 000 Quadratmeter Deckschicht verbaut, zum Beispiel an Wänden in Krankenhäusern oder als Leichtbaustoff in der Lebensmittelverarbeitung.
Hinter dem etwas sperrigen Namen Pylocx steckt eine smarte Lösung zur Zugangssicherung von Häusern, Tresoren oder anderen Anlagen. Der Mittelständler Lock your world aus dem hessischen Bad Orb bei hat das elektronische Schließsystem entwickelt: Mit einem PIN-Code-geschütztem Funkschlüssel kann das Schließsystem in der Tür gesteuert werden. Von außen gibt es keinen Hinweis auf ein Schloss, was vor Vandalismus etwa bei Geldautomaten schützt.
Tumore im Margen-Darm-Trakt besser behandeln – das will der Medizintechnikhersteller Ovesco Endoscopy aus Tübingen mit seinem neuen endoskopischen Werkzeug „FTRD“ erreichen. Laut Hersteller soll es damit erstmal möglich sein, Wucherungen nicht nur oberflächlich, sondern komplett zu entfernen. So wird das Zurückbleiben erkrankter Gewebestellen verhindert. Seit Oktober 2014 ist das Endoskop auf dem deutschen und schweizerischen Markt. Noch in diesem Jahr will das Unternehmen eine Zulassung für die USA beantragen.
Auf dem Land fehlen oft Ärzte, gleichzeitig steigt die Zahl der Einsätze. Damit kann nicht bei jedem Notruf ein Notarzt zusätzlich zu den Rettungssanitätern ausrücken. Um dennoch möglichst viele Patient optimal zu versorgen, setzt der mittelständische Dienstleister P3 Telehealthcare mit Sitz in Aachen auf Ferndiagnose via Kamera und Mobilfunk: Die Sanitäter können Notärzte im Raum Aachen seit April 2014 virtuell zu einem Unfall hinzuziehen. Der Telearzt bekommt wichtige Daten wie Blutdruck und Puls des Opfers live auf seinen PC in der Zentrale und kann den Helfern vor Ort Anweisungen geben.
Das mittelständische Schmiedeunternehmen Rosswag mit Sitz in Pfinztal bei Karlsruhe kombiniert zwei Fertigungsverfahren in der Stahlverarbeitung – das Schmieden und das Selektive Laser Melting – um noch effizienter beispielsweise Werkzeuge herstellen zu können. Zwar wird das Verfahren bislang nur getestet, laut Rosswag sind die Marktchancen aber hoch, da es vielfältige Einsatzbereich in der Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik oder Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau gibt.
Sechs Start-ups haben es in die letzte Runde des Deutschen Innovationspreis 2016 geschafft:
Kategorie Start-up
Kleine Sensoren an Straßenlaternen oder Häuserfassaden sollen den großen Stress bei der Parkplatzsuche in der Stadt künftig verhindern. Das Münchener Start-up Cleverciti Systems entwickelt spezielle Sensoren, die erkennen, wo der nächste freie Parkplatz auf einer Straße ist. Größe und Adresse des Stellplatzes werden an den Cloud-Speicher übertragen und dann an Handy, Tablet oder Navi weitergeleitet. Nach einer erfolgreichen Pilotphase nutzt die hessische Stadt Bad Hersfeld das System seit August 2015 im Regelbetrieb. Weitere Städte und Projektpartner sollen folgen.
Was nützt einem Erfinder die beste Idee, wenn er sie nicht umsetzen kann? Weltweit werden laut dem Start-up Crowd IP aus Pullach nahe München nur bis zu 40 Prozent der potenziell patentierbaren Erfindungen angemeldet. Um den Markt zu erschließen, hat das Start-up eine Internetplattform entwickelt, die Erfinder, Investoren und Unternehmen verbindet. Erfinder können ihre Ideen einreichen, Crowd IP vermarktet sie online mit dem Ziel, dass Investoren einsteigen und Unternehmen schließlich die Patentfamilie kaufen. Im letzten Jahr wurden zwei Erfindungen erfolgreich via Crowd-Investment finanziert, Ende 2016 sollen es schon 40 sein.
Ingenieurskunst „Made in Germany“ – das Start-up Kalverkamp aus Rieste bei Osnabrück hat ein einzigartiges Produkt im globalen Markt der Landmaschinen entwickelt, eine mobile Strohpelletier-Maschine. Die 250.000 Euro teure Maschine wandelt Stroh direkt auf dem Acker ins Endprodukt (Pellets) um, was bisher nach der Ernte in der Lagerhalle passierte. Das senkt Energie- und Lagerkosten. Der Landmaschinenhersteller Krone hat als Lizenznehmer bereits mehrere Millionen in die Entwicklung investiert.
Web-Seite, Web-Shop, E-Mail – zahlreiche digitale Dienste für Unternehmen lassen sich bereits als hochgradig standardisierte Services beziehen. Insbesondere für mittelständische Unternehmen ohne hohe IT-Kompetenz bedeutet das eine Erleichterung. Für Anwendung im Bereich Industrie 4.0 fehlen aber entsprechende Angebote, bislang: Das Start-up Smartly Solutions aus Königs Wusterhausen südlich von Berlin bietet Standard Service-Lösungen an, um Unternehmen aller Größenordnungen bei der Vernetzung ihrer Produktion zu unterstützen.
Wo hat das Gewitter gestern den Weizen flachgelegt? Wie viele Kartoffeln haben die Wildschweine geräubert? All diese Fragen sollen die Drohnen von Quantum-Systems, einem Start-up aus Pullach nahe München beantworten. Das Besondere: Die Fluggeräte führen ihre Überwachungsflüge vollautomatisch aus. Hat beispielsweise der Wetterdienst einen Sturm gemeldet, startet die Drohne eigenständig und erfasst mit speziellen Kameras und Sensoren den Zustand der Äcker. Die Daten bekommt der Landwirt kurz darauf auf sein Smartphone geschickt. Quantum-Systems plant 2017 den Verkauf von Serienmodellen zu starten.
Das Berliner Start-Up 3YourMind hat so etwas wie den universellen Übersetzer für das Zusammenspiel der wichtigsten Konstruktionsprogramme mit den unterschiedlichen 3-D-Druckverfahren entwickelt. Was immer Designer und Konstrukteure per Software entwerfen, und egal mit welcher Technik – vom Kunststoffdruck bis zum Laserschmelzen – sie es als 3-D-Modell fertigen lassen wollen, die Online-Plattform der Berliner liefert die Übersicht der angebotenen Produktionstechnologien, sie bereitet die Daten auf und sorgt am Ende für die Abrechnung der Aufträge.
Hier erfahren Sie mehr über Teilnahmebedingungen und Verleihung des Deutschen Innovationspreis.