Internet-Wahlkampf Die Lektionen vom Daten-König Obama

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Romney patzte beim digitalen Wahlkampf

Diese Netzwerke sind am bekanntesten
Das Netzwerk Facebook kennen 96 Prozent der Deutschen. Quelle: REUTERS
Das Video-Portal Youtube ist 87 Prozent der Deutschen ein Begriff. Quelle: dapd
Den Kurznachrichtendienst Twitter kennen immerhin 80 Prozent der Deutschen, gefolgt von Werkenntwen.de (72 Prozent) und Stayfriends (71 Prozent). Quelle: dpa
Einst waren die VZ-Netze deutlich bekannter als Facebook. Heute liegt das StudiVZ bei 69 Prozent, das SchülerVZ bei 68 Prozent und MeinVZ bei 58 Prozent. Quelle: dpa
MySpace ist 58 Prozent der Deutschen ein Begriff. Quelle: dpa
62 Prozent der Deutschen kennen laut Umfrage MyVideo. Quelle: dpa
Das Karriere-Netzwerk Xing kennen 56 Prozent der Deutschen. Damit liegt das Portal nur knapp hinter Lokalisten.de (55 Prozent). Quelle: dpa

"Letztes Mal hatten wir zwei Kampagnen", sagt Obamas Wahlkampfchef Jim Messina, "die digitale und die am Boden." Diesmal ging es darum, Online-Wahlkampf und traditionelle Methoden zu verknüpfen. So konnte er mithilfe der Datenbank gezielt entscheiden, an wessen Tür die Wahlhelfer noch klopfen müssen, und vor allem, mit welchen Themen sie Unentschlossene überzeugen können.

Hausbesuche machen Tausende von Helfern inzwischen mit Smartphone oder Tablet-PC. Mit der App "Obama for America" rufen sie vor Ort ab, welche Themen den jeweiligen Bürger interessieren und wie er bei früheren Anrufen oder Besuchen argumentiert hat. Im Anschluss werden Reaktionen und die siebenstufige Überzeugungs-Skala direkt aktualisiert.

Auch Spenden sammelte Obama extrem personalisiert. So erhielten der ehemalige Journalistik-Professor Dan Sinker und seine Frau gleichzeitig eine E-Mail: Gegen Spende könnten sie ein Dinner mit Obama gewinnen. Doch der Text unterschied sich deutlich. Sinker entdeckte insgesamt sechs verschiedene Versionen der Mail, manche Empfänger wurden um drei Dollar gebeten, der ehemalige Professor um 20 und seine Frau um 25 Dollar.

Natürlich hat auch das Romney-Lager den Wahlkampf ähnlich digitalisiert. Doch dabei patzte der Republikaner das eine oder andere Mal, wie beim Start seiner Smartphone-App. Beim Namen der Handysoftware war sogar Amerika falsch geschrieben, sie hieß: "A better Amercia".

Dagegen konnte der Amtsinhaber auf eine bessere digitale Infrastruktur zurückgreifen. "Obama hatte einen Informationsvorsprung", sagt Christoph Bieber, Politologe und Experte für Online-Wahlkampf an der Universität Duisburg-Essen. Der Präsident hatte eine größere Vorlaufzeit und konnte auf das Know-how und die riesigen Datenbestände von 2008 aufbauen.

Dieser Vorteil spiegelt sich auch in den sozialen Netzwerken wider. Während Obama noch am Wahltag 32 Millionen Facebook-Fans mehrfach aufforderte, zur Urne zu gehen, kam Romney nur auf zwölf Millionen. Bei Twitter ist die Diskrepanz noch eklatanter, hier beträgt das Verhältnis 21,8 zu 1,2 Millionen.

Wie wichtig der Kurznachrichtendienst Twitter war, zeigte sich in den TV-Debatten. In bis zu 160 000 Tweets pro Minute wurden die Duelle in Echtzeit kommentiert, Minuten später griffen Blogs die Äußerungen auf, und dann folgten auch Nachrichtenseiten, Zeitungen und Fernsehsender. Als "21-Minuten-Nachrichtenzyklus" bezeichnete die einflussreiche Internet-Seite "Politico" diese Entwicklung, bei der die etablierten Medien den neuen hinterherhecheln. "Wir werden später zurückschauen und erkennen, dass das die ersten Twitter-Wahlen waren", schrieb das US-Wirtschaftsmagazin "Businessweek".

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