Katastrophen-Warndienst DE-Alert Alarm-Testtag wird verschoben, weil taugliche Handys fehlen

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 sollte eine neue Warn-App der Bundesregierung DE-Alert Warnungen an die Bevölkerung verbessern, doch es gibt technische Hindernisse. Quelle: imago images

Kurz nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 beschloss die Bundesregierung den Aufbau eines neuen SMS-Warndienstes. Doch kurz vor dem ersten Test zeigt sich: Die Alarme werden viele Menschen gar nicht erreichen.

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Der neue Katastrophenwarndienst der Bundesregierung „DE-Alert“ wird vorerst nur einen geringen Teil der Bevölkerung erreichen. Derzeit ist nur rund jedes fünfte deutsche Handy, nämlich Telefone mit Googles Betriebssystemen Android 11 und 12, für den Empfang von Alarm-SMS über die neue Plattform gerüstet. Auf Apples iPhones in Deutschland fehlt die Alarmfunktion derzeit noch komplett. Das berichtet die WirtschaftsWoche in ihrer aktuellen Ausgabe.

Mithilfe von DE-Alert will die Bundesregierung Menschen in Deutschland künftig mittels spezieller Warn-SMS weit umfassender vor Katastrophen warnen als es bisher mit Sirenen oder Warn-Apps möglich war. Nach der Flutkatastrophe im vergangenen Juli, bei der viele Apps und Sirenen versagt hatten, hatte der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer den Aufbau des sogenannten Cell-Broadcast-Warndienstes angekündigt. Nun aber zeigt sich, dass die neue Technologie einen großen Teil der Bevölkerung vorerst gar nicht wird erreichen können, weil auf ihren Mobiltelefonen die dafür nötige Software fehlt. 

Bei den meisten Handys, die derzeit im Gebrauch sind, müssen Hersteller die für den Empfang von Warn-SMS erforderlichen Einstellungen per Update nachrüsten. „Angesichts der Vielfalt der verkauften Geräte ist aber absehbar, dass die Unternehmen nur die erfolgreichsten ihrer älteren Modelle aktualisieren“, heißt es aus dem Kreis der deutschen Mobilfunker. „Wenn wir mittelfristig 60 Prozent der Handys in Deutschland warnen können, wäre das schon ein guter Wert.“ Grund für die niedrige Quote ist auch, dass Apple die Alarmfunktion in Deutschland erst im Herbst mit dem Betriebssystem-Update auf iOS 16 bei neueren iPhones nachrüsten wird. Welche älteren iPhones ebenfalls warnfähig werden, ist bis dato unklar.

von Thomas Kuhn, Harald Schumacher, Tobias Gürtler

Die Zahl der Mobiltelefone in Deutschland, die eine Warnung per SMS möglich machen, ist bisher so niedrig, dass der bislang angepeilte Termin des nächsten bundesweiten Warntags am 8. September wohl nicht zu halten ist. An dem Datum sollte der neue Alarmdienst ursprünglich erstmals flächendeckend getestet werden. „Derzeit läuft aber die Abstimmung zwischen Bund und Ländern über einen neuen Termin später im Jahr“, bestätigen Verantwortliche aus den beteiligten Behörden. „Angesichts der nach der Flut geschürten Erwartungen an Cell Broadcast als umfassenden Warnweg“, könne ein Test Anfang September „nur eine große Enttäuschung werden“, fürchten Projektverantwortliche.

Beim jüngsten bundesweiten Warntag im Jahr 2020 blieben viele Sirenen stumm oder waren kaum zu hören, Warn-Apps zeigten Nachrichten teils mit halbstündiger Verspätung an – oft auch gar nicht. Der Fehlschlag der drei Jahre lang vorbereiteten Probe war so gravierend, dass Innenminister Seehofer den für die Planung verantwortlichen Präsidenten des zuständigen Bundesamtes für Bevölkerung und Katastrophenhilfe kurz nach dem verpatzten Test entließ.

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