




Die Bedrohung kommt mit harmlos anmutenden Abkürzungen daher. LTE-U oder auch LTE-LAA, so nennt die 3GPP, eine weltweite Kooperation von Standardisierungsgremien für die Standardisierung im Mobilfunk, ihre jüngsten Weiterentwicklungspläne für den Mobilfunkstandard LTE.
Die Idee: LTE in seiner bestehenden Form so zu ergänzen, dass der Datentransfer zu den Smartphones im Bedarfsfall aus den belasteten LTE-Bändern in andere Bändern verlagert wird. Angesichts der Tatsache, dass selbst die schnellen LTE-Netze vielerorts unter der von immer mehr Smartphones generierten Datenlast in die Knie gehen, durchaus nachvollziehbar.
Leider jedoch haben sich die Mobilfunker für ihr „neues“ LTE einen Frequenzbereich ausgeguckt, den sich schon andere teilen. Statt ungenutztes Spektrum anzuvisieren, ziehen sie das 5-GHz-Band vor – und greifen damit nach lizenzfreien Frequenzen, die bislang dem Allgemeinwohl dienten. Und das, obwohl ihnen weltweit 43 Funkbänder exklusiv für LTE zur Verfügung stehen. Eine riesige Spielwiese, verglichen mit den zwei aktuellen WLAN-Bändern.
Das Schielen auf das 5 GHZ-Band dürfte rein kommerzielle Gründe haben. Denn anders als bei den exklusiven LTE-Frequenzen müssten die Carrier nicht auf eine Zuteilung neuer Frequenzen hoffen –und diese dann auch nicht bezahlen.
Gerade im 5 GHz-Frequenzbereich tummeln sich Millionen von WLAN-Netzen. Weltweit unterstützen schon heute mehrere Milliarden WLAN-fähige Endgeräte dieses Band. Das 5 GHz-Band ist damit eine elementare Ergänzung zu „ursprünglichen“ WLAN-Anwendungen, die im 2,4 GHz-Bereich funken. Insbesondere in Städten mit einer großen Netzdichte ist das 2,4 GHz-Band heute schon so überlastet, dass nur noch das Ausweichen in das 5 GHz-Band Abhilfe schafft.
Setzen sich die Mobilfunker mit ihren Plänen durch, dürfte es hier bald zu ungewünschten Turbulenzen kommen. Denn konkurrierende Funkanwendungen schaffen vor allem eines: Interferenzen. Im schlimmsten Fall könnten mancherorts – je nach Distanz zum nächsten LTE-Mast – die WLAN-Netze schlicht nicht mehr funktionieren.
Anstieg des Datenverkehrs pro Gerät bis 2017
Anstieg des Datenverkehrs pro Gerät bis 2019 (in Megabyte pro Monat)
Quelle: Cisco
+8691 MB
+3162 MB
+2948 MB
+338 MB
Das wäre nicht nur für Privathaushalte ein massives Problem. Auch in vielen öffentlichen Einrichtungen, in Kliniken, Schulen und Universitäten sowie in der Industrie sind WLAN-Anwendungen im 5 GHz-Bereich aus Stabilitäts- und Geschwindigkeitsgründen an der Tagesordnung. Störungen in diesen Bereichen wären dann im Zweifel nicht mehr nur ärgerlich, sondern sogar kritisch. Denken wir nur an die drahtlose Übertragung von Vital-Daten in Kliniken oder an vernetzte Anlagen und Produktionsprozesse (Stichwort: Industrie 4.0). Auch sie sind auf eine zuverlässige Datenübertragung angewiesen, wirtschaftlicher Schaden wäre programmiert.
Bestandsschutz ist das eine wesentliche Thema. Denn wer garantiert, dass die Provider sich mit LTE-LAA wirklich an ihr Versprechen halten? Dass sie die Frequenzen „fair teilen“ und ihre Funkmasten vor dem Senden stets brav überprüfen, ob sie nicht einem existierenden Funknetz in die Quere kommen? Siegt am Ende im unregulierten Band nicht das Recht des Stärkeren?