Liberalisierung wird zurückgedreht Das geheime Gemauschel der Telekom mit der Politik

Seite 3/4

Untermieter auf der Glasfaser

René Schuster Quelle: REUTERS

Die Unsicherheit belastet das Geschäft. Vodafone und Telefónica stellten die Akquise von Neukunden für DSL-Anschlüsse 2012 weitgehend ein und meldeten den Verlust von mehr als 400.000 Kunden. Wie es mit dem DSL-Geschäft weitergeht, wird bei beiden intensiv diskutiert. Vodafone denkt über eine Übernahme von Kabel Deutschland nach, um sich aus der Abhängigkeit von der Telekom zu befreien. Die hoch verschuldete Telefónica begibt sich ganz in die Obhut der Telekom. Ende vergangener Woche entschied Deutschland-Chef René Schuster, auf weitere Festnetzinvestitionen zu verzichten und komplett als Untermieter auf das neue Glasfasernetz der Telekom umzusatteln. Wie die Telekom unterstützt Telefónica den neuen Regulierungskurs der EU-Kommission und will künftig enger mit den anderen Ex-Monopolisten kooperieren. Als harter Wettbewerber fallen die Spanier damit aus.

Das neue Glasfasernetz könnte auch anderen DSL-Anbietern einen engeren Schulterschluss mit der Telekom aufzwingen. Geschickt setzten die Bonner die Unvollkommenheiten einer neuen Übertragungstechnik ein, um die Kontrolle über ihr gesamtes Netz zurückzuerobern. Der neue Internet-Turbo – im Branchenjargon Vectoring genannt – zündet nur, wenn kein Wettbewerber diese Technik in den Verteilerschränken einsetzt. Die gegenseitigen Störungen wären so groß, dass die erhoffte Beschleunigung auf 100 Megabit pro Sekunde nicht zustande käme.

Schulte-Bockum Quelle: LAIF

Gegen Kabelgesellschaften

Mit der neuen Technik will die Telekom den Siegeszug der TV-Kabelnetzbetreiber stoppen. Denn Vectoring soll vor allem in den Städten zum Einsatz kommen, in denen Kabel Deutschland und Unitymedia längst Übertragungsgeschwindigkeiten von 100 Megabit pro Sekunde anbieten.

Ob die Aufholjagd gelingt, ist allerdings fraglich. Denn ohne allzu hohe Investitionen können die TV-Kabelnetze ihren technologischen Vorsprung ausbauen und schrittweise die Geschwindigkeit auf 200, 300 und 400 Megabit pro Sekunde hochfahren. Die erhofften Preissteigerungen, fürchten Experten, wird die Telekom deshalb kaum durchsetzen können.

Aktien-Info Telekom

Mehr Geld für Leistung

Völlig unklar ist zudem, was in Städten wie Köln und München passiert, wo Tochtergesellschaften von Stadtwerken längst mit dem Ausbau eigener Glasfasernetze begonnen haben und den auch fortsetzen wollen. Die in weiten Teilen Niedersachsens aktive Ewe will Glasfaser in 35 Städten verbuddeln, weiß aber nicht, ob ihr die Telekom nun zuvorkommt. „Die jetzt vorgeschlagenen Regelungen der Bundesnetzagentur reichen noch nicht aus, um Wettbewerbssymmetrie zwischen Wettbewerbern und Telekom beim Einsatz dieser Technologie zu schaffen“, fürchtet Wik-Direktor Neumann. Es entstehe ein Investitionsrisiko, das für die Telekom-Wettbewerber nicht mehr tragbar ist.

Im Gegenzug dürften die Netzbetreiber versuchen, Geschäfte zu machen, indem sie von den Kunden für bestimmte Leistungen einfach mehr verlangen. Dazu zählt der Plan der Telekom, DSL-Zugänge künftig nur noch mit Datenbegrenzung und Tempodrosselung zu verkaufen und für die Nutzung darüber hinaus zusätzlich Geld zu verlangen. Betroffen wären dadurch Dienste wie Internet-Telefonie, umfangreiche Nutzung von Videos aus dem Internet oder die Speicherung großer Datenmengen in der sogenannten Cloud, also bei einem Anbieter im Web.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%