Es erinnert ein wenig an Science-Fiction-Klassiker wie „Star Wars“ oder „Star Trek“: Da geht eine junge Frau um das 3D-Abbild eines Planeten herum, zeigt auf eine Stelle auf dem virtuellen Globus – und diskutiert mit einer anderen Frau, die als Hologramm daneben steht. Zu sehen ist die Szene in einem neuen Video von Microsoft.
Geht es nach dem Softwarekonzern aus Redmond, ist derlei 3D-Schnickschnack bald keine Fiktion mehr, sondern Realität: Möglich macht dies eine neue Softwareplattform namens Mesh – zu Deutsch: Mix. Microsoft hat sie kürzlich auf seiner Entwicklerkonferenz Ignite vorgestellt.
Und genau so einen Mix leistet Mesh: Die Technologie liefert dreidimensionale Videos an sogenannte Augmented-Reality-(AR)-Brillen wie etwa die Microsoft-eigene Hololens und erzeugt so eine Art gemischte Realität. „Mixed Reality wird eine neue Ära der virtuellen Zusammenarbeit einläuten“, tönte dann auch Microsoft-Softwareingenieur Alex Kipman, einer der Hauptentwickler der Hololens-Brille, bei der Vorstellung von Mesh.
Dank der Plattform können künftig beispielsweise weit entfernt sitzende Gesprächspartner virtuell nebeneinander erscheinen und gemeinsam ein 3D-Objekt begutachten. So sollen Nutzer das Gefühl erhalten, bei Online-Meetings oder anderen Formen der virtuellen Teamarbeit wirklich zusammen zu sein. Die Anwender bekommen den Eindruck, sich gemeinsam in einem Raum zu befinden, selbst wenn sie sich auf verschiedenen Kontinenten aufhalten.
Das funktioniert in Ansätzen bereits heute: So kann etwa der Düsseldorfer Anlagenbauer SMS Group ein computergenerierten dreidimensionalen Abbild eines Stahlwerks erzeugen, durch das sich Montageingenieure als Avatare gesteuert über Virtual-Reality-Brillen bewegen, um Konstruktionsfehler schon vor dem eigentlich Bau des Werks zu erkennen. Realisiert hat die Anwendung SMS gemeinsam mit dem VR-Start-up WeAre aus Berlin.
Vom Avatar zur Holoportation
Mesh ermöglicht nun, stattdessen auch ein Live-3D-Abbild des Menschen zu verwenden. „Das war von Anfang an der Traum bei gemischter Realität“, so Microsoft-Ingenieur Kipman. „In Zukunft ist die Zusammenarbeit vom Avatar bis hin zur Holoportation des menschlichen Abbilds möglich – so als wäre man gemeinsam vor Ort, obwohl man nicht physikalisch beisammen ist.“
Der Hightech-Gerätehersteller Carl Zeiss trainiert seine Servicemitarbeiter an 3D-Modellen, damit diese später knifflige Reparaturen an den Zeiss-Elektronen durchführen können. Dabei nutzen die Oberkochener für ihr virtuelles Trainingscenter die Software des Start-ups Realworld One aus Freiburg. Und das Unternehmen Northdocks aus dem rheinischen Monheim erzeugt digitale Doppelgänger von Fabriken und anderen Bauten, um in den so erzeugten virtuellen Räumen unter anderem Trainings für Techniker oder auch Feuerwehrleute anzubieten. Solche VR-Anwendungen könnten künftig auch auf der Mesh-Plattform laufen.
In letzter Konsequenz plant Microsoft mit Mesh nicht weniger, als die Videokonferenz der Zukunft um Hologramme zu erweitern. In diesen Holokonferenzen würden dann virtuelle Gesprächspartner in Lebensgröße nebeneinander erscheinen. Um die Verbreitung zu beschleunigen, integriert Microsoft die Mesh-Plattform in das Kollaborationstool Teams sowie die Unternehmenssoftware Dynamics zur Steuerung von Buchhaltung, Finanzen und Kundenmanagement von Firmen.
Dass die Technologie bereits funktioniert, dokumentierte Kipman bei der Präsentation am Dienstag höchstpersönlich: Der Microsoft-Techniker erschien als vollwertige Holoportation auf der Bühne und eröffnete die Konferenz, wobei sein Köper über Lichtstrahlen simuliert wurde. Die holografische Zukunft, sie hat in dieser Woche begonnen.
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