Mobilfunk „Einer wird am Ende garantiert schwach“

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2. Szenario: Kommunikations-Broker drücken die Preise

Weniger radikal könnte der Umbruch im zweiten Szenario verlaufen, in dem die traditionellen Mobilfunker den Kundenkontakt nicht komplett verlieren. Daneben aber nutzen neue Anbieter die eSIM, um eigene Kommunikationspakete ohne großen Vertriebsaufwand in den Markt zu bringen.

Als Angreifer gesetzt ist der Internetdienstleister 1&1, dessen Ableger Drillisch im vergangenen Jahr die vierte Lizenz für den Aufbau eines 5G-Mobilfunknetzes ersteigert hat. 1&1 ist als ebenso erfolgreicher wie effizienter Vermarkter von Internet-, Telefon- und Mobilfunkanschlüssen in der Branche geschätzt bis gefürchtet, kommt weitestgehend ohne eigenen stationären Vertrieb aus.

Und 1&1 wird – davon gehen Branchenkenner aus – offensiv in die Vermarktung von eSIM-basierenden Tarifen einsteigen, sobald die dafür tauglichen Smartphones in ausreichender Stückzahl im Markt verfügbar sind.

Das lässt den Etablierten Platz im Mobilfunkmarkt, macht das Geschäft aber nicht leichter. Die seit Jahren fallenden Durchschnittsumsätze pro Kunde dürften noch weiter abrutschen. Lagen dieser sogenannte ARPU („Average revenue per User“)  vor einem Jahrzehnt bei Vertragskunden von Vodafone oder der Telekom noch um die 30 Euro, sind es heute nur noch knapp über (Deutsche Telekom), beziehungsweise knapp unter 20 Euro (Vodafone). Bei Telefónica ist es nochmals rund ein Viertel weniger.

Wenn sich Netzwechsel per eSIM erst einmal mit einem simplen Tipp in die Bestpreis-App eines Kommunikations-Brokers bewerkstelligen lässt, werden die Umsätze bei Endkunden noch mehr unter Druck geraten. Erst recht, wenn sich Bundesverbraucherschutzministerin Christine Lambrecht (SPD) mit ihren aktuellen Plänen durchsetzt, langfristige Abo-Verträge auf eine Laufzeit von maximal einem Jahr zu deckeln.

Und auch bei Geschäftskunden droht den Konzernen Ungemach: Nicht primär bei großen Konzernen. Die können schon heute bei Telekom und Co extrem rabattierte Firmenverträge für ihre Mitarbeiter abschließen. Doch gerade die Vielzahl der Mittelständler und kleineren Unternehmen zahlt derzeit noch deutlich mehr für die Mobilfunkverträge ihrer Beschäftigten.

Das aber könnte sich ändern, wenn spezialisierte Broker Kommunikationsleistung zu Großkunden-Konditionen einkaufen und dann über gemanagte eSIMs in den Smartphones ihrer Kunden abrufen. In welchen Mobilfunknetzen deren Mitarbeiter dann jeweils konkret telefonieren, beziehungsweise über welche Netze die Internetverbindungen von Handys, Tablets oder Laptops laufen, bekommen die Nutzer gar nicht mit.

Denn sie sind über Telefon-Apps auf den Geräten nur noch an virtuelle Telefonanlagen angebunden, die als Cloud-Service im Internet laufen. Die tatsächliche Rufnummer, des jeweils gerade in der eSIM aktivierten Netzbetreibers, spielt für die Nutzer keine Rolle mehr.

In diesem Szenario gehen den traditionellen Netzbetreibern die direkten Kundenbeziehungen zwar nicht in Gänze verloren, doch sie büßen – bezogen auf den Gesamtmarkt – merklich an Bedeutung ein.

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