Musikvideos Wieso Vevo sich mit der GEMA einigen kann und YouTube nicht

Seit dieser Woche erlaubt Vevo deutschen Nutzern das kostenfreie Streaming von 75.000 Musikvideos. Anders als YouTube konnte sich der US-Dienst mit der GEMA einigen. Der Grund: Als Neuling muss Vevo der Verwertungsgesellschaft geringere Lizenzgebühren zahlen.

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Die bekanntesten Musik-Portale im Internet
Amazon startet Prime Music in Deutschland und Österreich - als Bestandteil von Amazon Prime ohne zusätzliche Kosten. Quelle: obs
Apple Music Quelle: dpa
Die seit März 2012 existierende Plattform Spotify bietet mehr als 30 Millionen Songs an. Eine Gratis-Version erlaubt das Anhören der Musik mit Werbeunterbrechungen. Zusätzliche Premiumfunktionen wie das Downloaden von Liedern sind wie bei den meisten Streaming-Angeboten kostenpflichtig. Nach eigenen Angaben hat Spotify mehr als 75 Millionen Nutzer, 20 Millionen von ihnen zahlen. Der Streaming-Dienst ist in 58 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich
Die Streaming-Plattform Deezer ist vor allem in Frankreich sehr beliebt. 2007 startete sie als erster Gratis-Streamingdienst auf dem Markt. Heute kostet eine Mitgliedschaft, wie auch bei vielen anderen Diensten, Geld. Kostenlos gibt es nur ein Radio-Angebot und Lied-Ausschnitte. Die Plattform ist mittlerweile in mehr als 180 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Mit Ampya versucht die ProSiebenSat.1 Media seit 2011 auf dem boomenden Markt der Streaming-Dienste Fuß zu fassen. Beflügelt durch viel Werbung auf den TV-Kanälen des Medienunternehmens zählt Ampya zu den bekanntesten Diensten in Deutschland. 2014 wurde Ampya von Deezer mit dem Ziel übernommen, in Europa noch weiter zu wachsen.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Seit 2012 ist WiMP aus der Bethaphase heraus. Gegründet wurde der Musikstreamingdienst in Norwegen, wo sein Mutterkonzern "Aspiro" sitzt. WiMP gibt es bis jetzt in fünf Ländern zu hören: Deutschland, Norwegen, Dänemark, Schweden und Polen. "Aspiro" spielt schon mit dem Gedanken WiMP auch in Finnland, Portugal, Österreich und der Schweiz zu etablieren. Mit einer hohen Sound-Qualität (gegen Aufpreis) und einem eigenen Redaktionsteam, das Musik empfiehlt, will sich WiMP von der Konkurrenz abheben.Preis: 4,99 bis 19,90 Euro monatlich
Napster startete als Musiktauschbörse und wurde schnell zur Plattform für illegale Raubkopien. Auf rechtlichen Druck der Musik-Industrie wurde die Plattform 2001 geschlossen. Der legale Streaming-Dienst gleichen Namens bietet mehr als 25 Millionen Songs und ist damit einer der größten überhaupt. Nach einer kostenlosen Testphase gibt es den Dienst allerdings nur noch gegen Geld.Preis: 7,95 bis 9,95 Euro monatlich Quelle: AP

Regelmäßig starten in unseren Breitengraden neue Musikstartups und Musikdienste, wie Anfang der Woche die US-Entertainment-Plattform Vevo, die “75.000 Musikvideos, exklusive Live-Konzernmitschnitte und eigenproduzierte Musikformate” ab sofort auch für Nutzer in Deutschland verfügbar macht. Immer wenn derartige Neuigkeiten zu verkünden sind, kommt es zu sehr wagen Schilderungen der lizenzrechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der abzuführenden GEMA-Gebühren. Kein Wunder, verraten weder die Verwertungsgesellschaft noch die betroffenen Diensteanbieter mehr als unbedingt erforderlich über Konditionen und Verträge. Und die wenigsten Journalisten und Blogger sind im Detail mit den urheberrechtlichen Aspekten der digitalen Musikwelt vertraut.

Weil dies so ist, erfährt die Öffentlichkeit zumeist nur maximal die halbe Wahrheit. Auch geschieht es leicht, dass sich Medien aus den vorhandenen Informationshäppchen eine plausibel klingende Situationsbeschreibung zusammenreimen, die dann teilweise stimmt, und teilweise falsche Schilderungen enthält. Auch uns ist dies leider schon widerfahren.

Doch das Debüt von Vevo gibt uns einen guten Anlass, alle Unklarheiten ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. Schon deshalb, weil die bisherige Berichterstattung wie üblich äußerst unkonkret bleibt. In den meisten Artikeln zum Vevo-Launch findet sich nämlich folgende Äußerung von Vevo-Manager Nic Jones zur Einigung mit der GEMA: “Die Gespräche begannen zwar mit Forderungen, bei denen kein nachhaltiges Geschäft für uns möglich war, aber wir haben schließlich eine annehmbare Lösung gefunden.” Daraus wurde in vielen Beiträgen schnell die Interpretation, dass Vevo eine individuelle Einigung mit der GEMA geglückt sei, während YouTube “noch immer” mit der Verwertungsgesellschaft verhandele und seit Jahren viele der Clips sperrt, die ab sofort über Vevo kostenfrei abgerufen werden können.

Irreführender GEMA-Kommentar von Vevo

Doch das Zitat von Jones ist irreführend. Es suggeriert nämlich, dass sich Vevo mit der GEMA auf irgendeinen maßgeschneiderten Deal habe einigen können. Eine derartige Option existiert jedoch gemäß des Gleichbehandlungsgrundsatzes der GEMA gar nicht. Für Vevo gelten prinzipell die gleichen tariflichen Grundlagen wie für alle anderen digitalen Musikangebote, die legal in Deutschland operieren. Als werbefinanzierter Gratisservice mit hoher Interaktivität sind dies 0,00375 Euro pro von Anwendern gestreamtem Titel, die mindestens abzuführen sind (oder 10,25 Prozent der mit dem Streaming erwirtschafteten Umsätze).

Es handelt sich also um die gleiche Summe, die die GEMA auch von YouTube verlangt. Dem Google-Videoportal erscheint dies jedoch zu hoch, weshalb es bisher keinen Vertrag mit der GEMA zustande gebracht hat. Eine gute Erläuterung dazu gab es einst bei sueddeutsche.de.

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