Regelmäßig starten in unseren Breitengraden neue Musikstartups und Musikdienste, wie Anfang der Woche die US-Entertainment-Plattform Vevo, die “75.000 Musikvideos, exklusive Live-Konzernmitschnitte und eigenproduzierte Musikformate” ab sofort auch für Nutzer in Deutschland verfügbar macht. Immer wenn derartige Neuigkeiten zu verkünden sind, kommt es zu sehr wagen Schilderungen der lizenzrechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der abzuführenden GEMA-Gebühren. Kein Wunder, verraten weder die Verwertungsgesellschaft noch die betroffenen Diensteanbieter mehr als unbedingt erforderlich über Konditionen und Verträge. Und die wenigsten Journalisten und Blogger sind im Detail mit den urheberrechtlichen Aspekten der digitalen Musikwelt vertraut.
Weil dies so ist, erfährt die Öffentlichkeit zumeist nur maximal die halbe Wahrheit. Auch geschieht es leicht, dass sich Medien aus den vorhandenen Informationshäppchen eine plausibel klingende Situationsbeschreibung zusammenreimen, die dann teilweise stimmt, und teilweise falsche Schilderungen enthält. Auch uns ist dies leider schon widerfahren.
Doch das Debüt von Vevo gibt uns einen guten Anlass, alle Unklarheiten ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. Schon deshalb, weil die bisherige Berichterstattung wie üblich äußerst unkonkret bleibt. In den meisten Artikeln zum Vevo-Launch findet sich nämlich folgende Äußerung von Vevo-Manager Nic Jones zur Einigung mit der GEMA: “Die Gespräche begannen zwar mit Forderungen, bei denen kein nachhaltiges Geschäft für uns möglich war, aber wir haben schließlich eine annehmbare Lösung gefunden.” Daraus wurde in vielen Beiträgen schnell die Interpretation, dass Vevo eine individuelle Einigung mit der GEMA geglückt sei, während YouTube “noch immer” mit der Verwertungsgesellschaft verhandele und seit Jahren viele der Clips sperrt, die ab sofort über Vevo kostenfrei abgerufen werden können.
Irreführender GEMA-Kommentar von Vevo
Doch das Zitat von Jones ist irreführend. Es suggeriert nämlich, dass sich Vevo mit der GEMA auf irgendeinen maßgeschneiderten Deal habe einigen können. Eine derartige Option existiert jedoch gemäß des Gleichbehandlungsgrundsatzes der GEMA gar nicht. Für Vevo gelten prinzipell die gleichen tariflichen Grundlagen wie für alle anderen digitalen Musikangebote, die legal in Deutschland operieren. Als werbefinanzierter Gratisservice mit hoher Interaktivität sind dies 0,00375 Euro pro von Anwendern gestreamtem Titel, die mindestens abzuführen sind (oder 10,25 Prozent der mit dem Streaming erwirtschafteten Umsätze).
Es handelt sich also um die gleiche Summe, die die GEMA auch von YouTube verlangt. Dem Google-Videoportal erscheint dies jedoch zu hoch, weshalb es bisher keinen Vertrag mit der GEMA zustande gebracht hat. Eine gute Erläuterung dazu gab es einst bei sueddeutsche.de.