Nach Bezos' Rückzug bei Amazon Wird Jeff Bezos der neue Bill Gates?

Bill Gates und Jeff Bezos widmen sich ihren Stiftungen. Quelle: rtr

Jeff Bezos hat vor seinem Rückzug von der Amazon-Spitze Milliarden seines Privatvermögens in wohltätige Stiftungen übertragen. Genau wie einst Microsoft-Gründer Bill Gates. Will der Amazon-Gründer Gates nun nacheifern?

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Ein Jahr vor seinem nun verkündeten Rückzug von der Konzernspitze hat Jeff Bezos bereits für Aufsehen gesorgt. Er werde, kündigte der Amazon-Gründer im Februar 2020 an, zehn Milliarden Dollar aus seinem Privatvermögen in eine Stiftung einbringen. Der „Bezos Earth Fund“ solle „neue Wege finden, um die zerstörerischen Wirkungen des Klimawandels zu bekämpfen“, versprach der Internet-Unternehmer damals.

Bezos‘ Schritt erinnert an Microsoft-Gründer Bill Gates. Auch der hatte, bevor er im Jahr 2000 beim Software-Konzern als Vorstandschef zurücktrat, bereits mehrere Milliarden Dollar aus seinem Vermögen an eine private Stiftung übertragen. Seit 1999 firmiert sie als Bill & Melinda Gates Foundation – kurz BMGF. 

Und auch Gates hatte sich dabei dem Ziel verschrieben, die Welt zu verbessern. Seine Stiftung will die weltweite Gesundheitsversorgung verbessern, Infektionskrankheiten und extreme Armut bekämpfen sowie Bildungsprojekte und den Zugang zu Informationstechnologie in Entwicklungsländern fördern.

Damit gehören Gates wie Bezos zu jenem elitären Zirkel wohlhabender Philanthrokapitalisten, die mit ihren milliardenschweren Stiftungen und Investments die Plagen der Welt kurieren wollen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan wollen den Großteil ihres Vermögens in die Bildungs- und Forschungsförderung stecken. Großinvestor Warren Buffett hat sich unter anderem an der Gates-Stiftung beteiligt. Und SAP-Gründer Dietmar Hopp investiert bereits seit Jahren in Unternehmen mit dem Potenzial für medizinische Durchbrüche wie den Biotech-Spezialisten Curevac, der die Basistechnologie für die neuen mRNA-Impfstoffe gegen Corona entwickelt hat.

Doch so sehr sich speziell Gates‘ und Bezos‘ Stiftungen auf den ersten Blick ähneln: Beim Wettlauf der Wohltäter unterscheiden sich Vorgehen, Strategie und Konsequenz der Milliardäre deutlich. 

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Das Geld

Die zehn Milliarden Dollar, die Bezos Anfang 2020 als Stiftungskapital ankündigte, mögen eindrucksvoll wirken. Gemessen an der Summe, die Gates in seine Stiftung gesteckt hat, sind die rund 7,7 Prozent des Privatvermögens, die der Amazon-Gründer dem Earth-Fund überschrieben hat, fast schon spärlich. Mit mehr als 36 Milliarden Dollar hat Gates mittlerweile mehr als ein Drittel seines Vermögens an seine Stiftung übertragen. Gemeinsam mit den Einlagen anderer Förderer liegt das Stiftungskapital der BMGF heute bei knapp 50 Milliarden Dollar.

Allerdings begann auch Gates deutlich kleiner, als er 1994 den Vorläufer der BMGF initiierte, die William H. Gates Foundation. Deren Stiftungskapital lag anfänglich bei zwei Milliarden Dollar. Bezos, den das Magazin „Forbes“ gerade wieder zum reichsten Menschen der Welt kührte, kann also in den kommenden Jahren noch deutlich nachlegen, um seinen Earth Fund finanziell aufzurüsten. Zudem hatte der Amazon-Gründer bereits 2018 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau MacKenzie Scott weitere zwei Milliarden in den Day 1 Fund gesteckt, der wohnungslose Familien unterstützen und Bildungsprojekte fördern will.

Der Antrieb

Als Bezos im vergangenen Jahr seinen Klimaschutz-Fonds ankündigte, zog der Amazon-Gründer viel Kritik auf sich. Umweltgruppen monierten den millionenfachen Paketversand durch den Konzern und den damit verbundenen Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid. Und auch im Konzern selbst forderten hunderte Führungskräfte, ihr Unternehmen müsse sich stärker gegen den Klimawandel engagieren, spätestens 2030 klimaneutral arbeiten. Dass Bezos ausgerechnet in diesem Umfeld seine Klimastiftung initiierte, interpretierten interne wie externe Kritiker prompt als Versuch einer teuren Imagekorrektur.

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Auch Gates war zwar Mitte der Neunzigerjahre, als er seine Stiftung gründete, Ziel von Kritik und Spott. Der Windows-Konzern galt als unsympathischer Monopolist, der sich unkontrolliert ausbreitete und kleinere Konkurrenten mit unfairen Methoden aus dem Markt drängte. Doch anders als Bezos 2020 startete die Gates-Foundation 1994 ohne werbliches Tamtam. Und auch Anfang der Nullerjahre blieb sie selbst nach der Umwandlung zur BMGF weitgehend außerhalb der Wahrnehmung. 

Aufsehen erregte die Gates-Stiftung erst nach 2010, als der Microsoft-Gründer im Rahmen der Spendeninitiative „The Giving Pledge“ neben weiteren Milliarden aus seinem Vermögen weitere Milliardensummen von externen Spendern wie etwa Buffett einwarb. Da hatte Gates die Führung seines Unternehmens aber längst an seinen Nachfolger Steve Ballmer übertragen – und war zwischenzeitlich auch von allen anderen verantwortlichen Posten bei Microsoft zurückgetreten. 

Das Engagement

Zwar erfolgte auch Gates' Rückzug bei Microsoft in mehreren Schritten. Doch als er 2008 seinen letzten Posten im Management des Software-Konzerns aufgab, war klar, dass er sich künftig voll der Arbeit in seiner Stiftung widmen werde. Jeff Bezos hingegen will nach seinem nun angekündigten Rücktritt als Amazon-Vorstandschef weiterhin in seinem Unternehmen mitmischen. Er bleibt als sogenannter Executive Chairman eine Art geschäftsführender Aufsichtsrat und werde „in wichtige Amazon-Projekte involviert bleiben“, kündigte Bezos in einem Schreiben an die Mitarbeiter an. 

Damit ist klar, dass sein Fokus vorerst weniger auf der Weltverbesserung liegt als auf dem Engagement als Unternehmer. Neben Amazon ist Bezos seit 2013 auch Inhaber der „Washington Post“, der er eine grundlegende Digitalisierungsstrategie verordnet hatte. Und mit seinem Raumfahrtunternehmen Blue Origin liefert sich Bezos seit Jahren einen technologischen Wettlauf mit Tesla-Chef Elon Musk und dessen Weltraumfirma Space X. 

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Bill Gates, heute 65 Jahre alt, hat dagegen nur noch eine Mission: Er ist ein globaler Botschafter der Projekte seiner Stiftung, ein Reisender in Sachen Weltverbesserung. Mit Microsofts Alltagsgeschäft und strategischen Entscheidungen ist Gates nur noch als Großinvestor verbunden. Ob und wann ihm der heute 57-jährige Amazon-Gründer auch bei diesem grundsätzlichen Schwenk folgt, ist offen. Ein erster Indikator wird sein, wie viel Zeit und Aufmerksamkeit Bezos fortan  seinem Day1 Fund und dem Earth Fund widmen wird. Spätestens von Mitte dieses Jahres an, wenn er den Vorstandsvorsitz an seinen designierten Nachfolger Andy Jassy abgegeben hat, kann Bezos beweisen, wie ernst auch er es mit der Rolle als Weltverbesserer meint.

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