Netzneutralität Kämpferin fürs freie Internet

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Wer mehr Daten will, soll dafür zahlen

Gemeinsam mit WWW-Erfinder Tim Berners-Lee und dem bekanntesten US-Internetrechtler Lawrence Lessing verfasste sie einen offenen Brief mit der Forderung, „das offene Internet in Europa zu retten“, und fand eine halbe Million Unterstützer. Auch uf zwei großen Netzkonferenzen in diesem Jahr, der MediaConvention und der Republica in Berlin, gehörte die Deutsche zu den wichtigsten Sprechern.

Zwar beherrscht sie technischste Details, verzichtet aber in der Regel auf komplizierten und akademischen Jargon. Das ist ihre Stärke: das komplexe und abstrakte Thema der Wettbewerbsregeln im Netz einfach zu erklären.

Dann wird sie leidenschaftlich und kämpferisch, oft klingt sie wie eine Politaktivistin. Spricht vom „Wir“ und davon, wie wichtig es sei, „das Internet zu retten“. Das Manifest der Telekomkonzerne zur Netzneutralität bezeichnete sie schon mal als „Kriegserklärung“.

Dabei ist van Schewick viel weniger dogmatisch, als es in solchen Momenten scheint. Von Internetsozialismus keine Spur. Im Gegenteil, sie wirbt für Wettbewerb. Nur will sie verhindern, dass der aufseiten der Anbieter entschieden wird. Van Schewicks Mantra: „Die Nutzer sollen bestimmen, welche Angebote im Netz erfolgreich sind.“

Sei es bei innovativen Streaming- oder Kommunikationsdiensten – wer besonders datenhungrige Angebote mache, müsse halt die Kunden mit technischer Exzellenz oder komfortablen Funktionen überzeugen, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. „Ich habe nichts dagegen, dass Menschen, die mehr Datenvolumen benötigen, mehr bezahlen“, sagt sie. Und auch wer besonders stabile und schnelle Verbindungen wolle, solle dafür zur Kasse gebeten werden.

Inhalte im Internet werden künftig unterschiedlich schnell übertragen. Davon profitieren die Nutzer. Denn das Ende der Netzneutralität fördert den Wettbewerb.
von Christian Schlesiger

Wenn aber reiche Konzerne unterlegene Technik oder schlechteren Service durch bessere, teurere Leitungen kompensieren und so innovativere Konkurrenten aus dem Markt drängen könnten, werde das zum Problem. „Das verzerrt den Wettbewerb, denn die Nutzer haben keine echte Wahl mehr“, sagt van Schewick.

Die will die 43-Jährige auch ihren Söhnen erhalten. Denen sind zwar die Weiten des Cyberspace bisher noch weit weniger wichtig als ihrer Mutter – „die haben nicht mal ein Smartphone“, sagt die Internetprofessorin. Aber wenn die Jungen ins Netz starten, sollen sie es möglichst so dynamisch und innovativ erleben, wie sie selbst es in seiner Entstehung erlebt habe. „Wir können nicht später unseren Kindern erzählen, das Internet war mal toll, und wir haben nichts getan, damit es so bleibt.“

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