
Für die allermeisten Besitzer eines Blackberry ist das keine freie Wahl gewesen - das Unternehmen, für das man arbeitet hat sich für den Email-Dienst von RIM entschieden und da muss es nun einmal ein Gerät aus der Palette der Kanadier sein.
Diese Werkbänke des Managements, die dem Nutzer nach einer gewissen Gewöhnungszeit das Schreiben von Emails in einer Geschwindigkeit erlauben, die mancher nicht einmal an seiner Computertastatur erreicht, haben nur leider bisher weder den Charme noch die intuitive Bedienerfreundlichkeit, wie die iPhones der 3. und 4. Generation, wie der meist gut gekleidetete Mann in der Lounge auf dem Sitz nebenan sie schätzt.
Nun kann man zumindest versuchen mitzuhalten, wenn es gilt, auch mal cool zu sein: Das Blackberry Torch 9800 hat ein Touchdisplay und zusätzlich die vollwertige, sogenannte QWERTZ-Tastatur, die seit Jahren die Blackberrys zum beliebten Arbeitsgerät machen.
Wer das Gerät in die Hand nimmt erlebt zwei Dinge: Ein höheres Gewicht als ein übliches Blackberry und erstmals Nachfragen von Kollegen - was das denn für ein cooles Gerät sei. Ein schmeichelndes Gefühl, auch wenn die Formgebung des Torch 9800 nicht das entscheidende Kaufargument werden wird.
Für Nutzer eines Blackberry, erschließen sich die meisten neuen Ausstattungsmerkmal rasch und ohne langes Studieren einer Bedienungsanleitung. Das Gerät wird aufgeschoben, in der unteren Hälfte verbirgt sich dann die Tastatur. Auf dem Display sind die Logos zu finden, die auch die früheren Geräte zeigen, nur jetzt sind dank der Größe mehrere gleichzeitig zu sehen. Und mit einem Fingertipp aufs Symbol sind sie aktiviert. Das klappt flott und fast iPhone-like flüssig.
Wer das nicht mag, kann mit dem Trackpad die Symbole ansteuern und auswählen. Die "Blackberry"-Taste mit dem Firmenlogo führt ebenfalls in das Menü. Die sogenannte "Komforttaste" an der Seite kann mit einer Funktion belegt werden. Die Tastensicherung erfolgt wie bei Modellen wie dem Curve 8900 mit einer Taste an der Oberseite.
Enthalten ist eine Kamera, die 5 Megapixel schafft und digital zoomt, Musik hören, Sprachnotizen aufzeichnen und ein paar Spiele spielen, all das funktioniert natürlich auch.
Doch die meiste Zeit verwendet der typische Blackberrynutzer mit dem Lesen, Löschen und Beantworten von Emails. Und da sind mit dem Torch auf einmal Optionen hinzugekommen.
Wer ein Posteingangsfach so lang wie sein Unterarm hat, wird es schätzen mit der so eleganten Fingerbewegung übers Display zu wischen und so schnell und elegant durch die Flut der Mitteilungen zu schwimmen. Langsames scrollen, schnelles scrollen - alles kein Problem und binnen Sekunden nach Begreifen in intuitives Handeln umgesetzt. Eine Mail zum Lesen öffnen – das ist mit einem Fingertipp getan. Statt des teils mühseligen Ansteuerns ohne Touchdisplay ist diese Funktion ein gewalter Vorsprung an Komfort.
Löschen der Emails ist mit dem Display ebenfalls rasch erledigt: Wer mehrere Newsletter, Langweiler-Mails und Werbung gleichzeitig löschen will, markiert sie mit einer gleichzeitigen Bewegung zweier Finger. Ersten Finger auf eine Email und mit dem anderen solange wischen, bis die gewünschte Zahl von Mails markiert ist. Kreuzchen klicken und dann entscheiden, ob nur die Mails auf dem Endgerät oder auch die auf dem heimischen Desktop verschwinden sollen. Der ganze Vorgang ist natürlich auch klassisch mit der Tastatur möglich.
Beantworten der Emails ist nun in zwei Varianten möglich. Über Tastatur - fast - wie gewohnt, oder über Display. Dann erscheint die Bildschirmtastatur, die nicht alle Symbole bietet, wie die feste. Wer das Blackberry hochkant hält, hat nur sehr schmale virtuelle Buchstabentasten zur Verfügung. Hier ist korrekte Rechtschreibung inklusive Großbuchstaben Glückssache, denn alle Fehltreffer zu korrigieren, kann das Tempo so weit bremsen, dass Schnitzen in Holz dagegen schnell wirkt. In der horizontalen Haltung verbreitert sich das Display und die Buchstaben werden leichter zu treffen, im Vergleich zur iPhone-Tastatur stehen einem auch häufig benutzte Sonderzeichen, wie der Punkt, sofort zur Verfügung.
Das Sichtfeld für den bereits geschriebenen Text schrumpft dann allerdings auf die Höhe eines Kaugummistreifens und man sollte sich tunlichst merken, was man schreibt, denn sonst bleiben nur wenige Millimeter zum scrollen.
Gewinn an Features
Die Bedienung der unten liegende physische Tastatur ist weitgehend identisch mit der normaler Blackberrys. Allerdings liegt sie in einer Senke und bei aufgeschobenem Telefon verlagert sich der Schwerpunkt so weit nach oben, dass die Balance des Gerätes beim Tippen ein wenig Übung erfordert.
Gravierender als diese Umgewöhnung ist allerdings der Nachteil, dass die Tastaur versenkt ist und eine Kante entsteht. Die Zahlen sind - wie immer - nur über die Taste "Alt" erreichbar. Wer mehrere Ziffern hintereinander drücken will, kommt sich jedoch wegen der Kante und der schmalen Tasten mit den Fingern ins Gehege, da der Daumen für die Alt-Taste den anderen Daumen oder die Finger behindern. Die Zahl "7" ist bald nur mit artistischer Verbiegung des Fingers zu drücken. Das Tempo beim Verfassen von Emails geht dann in den Keller.
Auch Funktionen wie die Kamera sind über das Display zu steuern und teils mit großartigen neuen Funktionen als auch mit einigen Abstrichen verbunden. Die Software - das neue, beim Torch erstmals eingesetzte Betriebssystem Blackberry 6 - erlaubt nun, beim Mailen von Fotos gleich die Größe zu bestimmen mit Angabe der Größe des Dokuments - ein hilfreiches Tool für alle die, die nicht eine Datenflatrate in aller Welt haben und keine unangenehmen Überraschungen auf der Telefonrechnungen erleben wollen. Dafür kann es bei Motiven, bei denen der Nutzer im Moment des Auslösens nicht auf das Display schauen kann, passieren, dass der Finger verrutscht und eine andere Funktion ausgelöst wird, statt des Verschlusses.
Wer seine Bilder gerne vom Blackberry auf den Computer laden will, wird sich über eine weitere Funktion des Betriebssystems freuen - wird das Blackberry per USB-Kabel angeschlossen, erscheint auf dem Display die Auswahl "USB-Laufwerk", "Mediensynchronisierung" oder "Nur aufladen" und erlaubt so zum Beispiel den direkten Zugriff über Windows-Explorer auf die gespeicherten Daten.
Unterm Strich ist der Gewinn an Features es wert, das nächste Blackberry ein Torch sein zu lassen. Es sind Kleinigkeiten, die es so reizvoll und im Alltag so viel einfacher zu handhaben machen als Modelle wie das Curve 8900. Dazu zählen auch das Lösen der Tastensperre, die der Nutzer nach einer Weile instinktiv durch rasches Auf- und Zuschieben des Geräts löst, statt auf der Oberseite das Telefon zu entsperren.
Neidische Blicke von iPhone-Besitzern darf man indes nicht erwarten. Sie kennen die ganze Wischerei ja schon.
Die Laufzeit ist mit 17 Stunden im Stand-By angegeben, wer sein Torch normal nutzt und nicht ganze Spielfilme schaut, kommt locker über den Tag und den nächsten hinaus. Die Browserfunktion ist besser, das Display ist - wie beim iPhone - mit wischenden Bewegungen vergrößert und verschoben. So wird auch im Internet surfen mit dem Blackberry eine komfortable Angelegenheit.
Dass allerdings beim Testgerät nach fünf Tagen Nutzung ohne Sturz oder Schrammen bereits erste Macken an der silbergrauen Oberschicht zu sehen sind, ist ärgerlich.