
Iqbal Hossain hatte sich das irgendwie anders vorgestellt mit Olympia: Ein paar Bobbys zusätzlich würden in London patrouillieren, hatte der Vater dreier Kinder vermutet. Stattdessen stehen jetzt Luftabwehrraketen auf dem Fred-Wigg-Tower, jenem 17-stöckigen Bau in Ostlondon, in dem Hossain mit seiner Familie wohnt. „Das macht uns Angst“, sagt Hossain. „Wenn es Attacken von Terroristen gibt, sind deren erstes Ziel doch die Raketen auf unserem Dach.“
Wenn Jacques Rogge, der Präsident des Olympischen Komitees, am Freitag dieser Woche die 30. Olympischen Sommerspiele eröffnet, wird die Welt von Raketen und Terroristen nichts hören: Vom freundschaftlichen Miteinander wird Rogge bei der Eröffnungsfeier in der britischen Hauptstadt sprechen, vom friedlichen Fest der Jugend dieser Welt und allenfalls von sportlichem Wettstreit.
Kein Wort wird über die größte Militäraktion der vergangenen Jahrzehnte fallen, die London gerade erlebt. Auf der Themse ankert als militärische Kommandozentrale die HMS Ocean, der mit 203 Metern längste Flugzeug- und Hubschrauberträger der Royal Navy. Während der Spiele ist der Flugraum über der Stadt für Privatpiloten gesperrt. Und wer in die Sicherheitszone fliegt, riskiert, von der Königlichen Luftwaffe abgeschossen zu werden.
Eine Flut an Sicherheitskräften
In der Stadt selbst sind mehr Sicherheitskräfte stationiert, als das Land nach Afghanistan entsandt hat: 17.000 Soldaten, rund 10.000 Polizisten und weitere etwa 10.000 zivile Ordnungskräfte sind rund um die Uhr im Einsatz. Daneben drehen zig Geheimdienstler ihre Runden – sogar Agenten der US-Bundespolizei FBI unterstützen ihre britischen Kollegen.
Die Spiele von London, so viel ist klar, werden nicht nur die teuersten: Sie werden auch zum größten und aufwendigsten Feldversuch für moderne Sicherheitssysteme. Teils sichtbar, teils nur für Eingeweihte erkennbar, haben die Olympia-Manager massenhaft Technik verbaut, um Anschläge zu vermeiden, Verdächtige frühzeitig zu identifizieren und – für den Fall der Fälle – zumindest die Schäden zu minimieren.

Systeme zur Wiederverwertung
Die Spanne reicht von komplexer Videoüberwachung, die Risiken wie potenzielle Kofferbomben automatisch identifizieren soll, über Sensoren, die Gifte oder Sprengstoffe erschnüffeln, bis zu fliegenden Drohnen, die Menschenströme überwachen und Verdächtige verfolgen können. Selbst bombensichere Mülleimer hat die Stadt aufgestellt.
Der Sicherheitsbranche ist klar: Was an der Themse funktioniert, das schützt künftig auch andere Großveranstaltungen, wie Industriemessen, Wirtschaftsgipfel, Fußballmeisterschaften und Open-Air-Festivals, Volksfeste oder Kirchentage.