OpenAI-Gründer Wann wird KI so schlau wie wir Menschen, Sam Altman?

Sam Altman war zu Besuch in München. Credit: Lennart Preiss / TUM Quelle: Presse

Sam Altman, der Erfinder von ChatGPT, besucht München – und wird wie ein Popstar gefeiert. Er fordert eine internationale Sicherheitsbehörde für KI und lässt durchblicken, wann KI so schlau wie Menschen sein wird.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Die großen Fragen des Lebens und des Universums klärt man am besten bei einem Bier. Etwa, ob Maschinen irgendwann einmal so schlau werden wie wir Menschen. Und es gibt derzeit wohl keinen Menschen auf der Welt, an den man diese Frage besser richten könnte, als an den schlanken, nach Student aussehenden Typ in blauer Jeans, T-Shirt und blauer Sweatjacke, der da am Donnerstagnachmittag in dem Veranstaltungssaal der TU München steht, eine Flasche Helles in der Hand.

Also los, Sam Altman: „Wann glauben Sie, werden Sie eine Allgemeine Künstliche Intelligenz entwickelt haben?“

„Wenn ich das wüsste, würde ich es Ihnen sagen“, antwortet der Gründer des Unternehmens OpenAI der WirtschaftsWoche. „Ich denke nicht, dass es super weit weg ist. Aber ich denke, es gibt noch einige Wissenschaft, an der wir arbeiten müssen. Und Wissenschaft folgt keinem Stundenplan.“

Wäre diese Frage schon mal beantwortet. Nur zum Bier trinken kommt Altman erst einmal nicht.

Der Silicon-Valley-Unternehmer und Erfinder des intelligenten Spachbots ChatGPT wird von einer großen Traube Studenten, Unternehmern, Forschern umringt, und alle wollen etwas von ihm wissen oder ein Selfie machen. Altman, 38 Jahre, geschätzte 500 Millionen Dollar reich und seit kurzem weltberühmt, geht geduldig auf jeden ein, bleibt entspannt, gibt sich nahbar wie auf einer Studentenparty.

Dabei ist Altman in der Tech-Szene und weit darüber hinaus der neue Superstar, der Mann, den jeder momentan treffen will. Vergangene Woche lud ihn der US-Kongress ein, um über die Entwicklung von künstlicher Intelligenz Rede und Antwort zu stehen. Am Dienstag hieß Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ihn im Elysee-Palast willkommen. Donnerstagvormittag fuhr Altman bei Bundeskanzler Olaf Scholz vorbei. Insgesamt 17 Städte weltweit besucht Altman auf seiner Reise, von Toronto bis Melbourne. Und nun, am Nachmittag, kommt der KI-Guru an der TU München zu einem Interview auf der Bühne vorbei.

Sam Altman gilt als genialer Schöpfer

Grund für den Trubel um den Silicon-Valley-Unternehmer ist die künstliche Intelligenz GPT-3.5 und GPT-4, die sein Unternehmen OpenAI entwickelt hat, und der Sprachbot ChatGPT, den Internetnutzer seit Ende November 2022 befragen wie das Orakel von Delphi. In nur zwei Monaten hat ChatGPT 100 Millionen Nutzer gewonnen – etwas, wofür Facebook viereinhalb Jahre gebraucht hat.

ChatGPT besteht Tests in Medizin, Jura oder Biologie, die für Studenten konzipiert sind. Die KI schreibt Gedichte oder Bewerbungsschreiben, analysiert Geschäftsberichte, löst mathematische Rätsel. Keine KI war bisher so vielseitig begabt. Als eine der größten technischen Erfindungen der Menschheit wird ChatGPT darum inzwischen gehandelt.

Und Altman als ihr genialer Schöpfer, der sich ein unglaubliches Ziel gesetzt hat: Die erste KI zu entwickeln, die so intelligent ist wie der Mensch.

Schon weit mehr als eine Stunde vor Altmanns Auftritt stehen Studenten Schlange vor dem  Audimax der TU München. Die mehr als 1000 Plätze, verrät Uni-Präsident Thomas Hofmann, waren binnen 30 Minuten ausverkauft. Auch Wirtschafts-Promis wie Carsten Maschmeyer wollen Altmans Auftritt nicht verpassen.

Lesen Sie auch: Wie sich der ChatGPT-Schöpfer mit Elon Musk überwarf

„Elon Musk ist out, Sam Altman ist in“, sagt Alexander, Student im Studiengang „Politics and Technology“ an der TU München. „Als ChatGPT herausgekommen ist, haben alle an der Uni angefangen, ihre Essays damit zu schreiben.“  Inzwischen sei der Hype schon ein wenig abgeklungen, weil die Erzeugnisse des Bots mitunter eher Arbeitsgrundlage als fertiges Produkt seien. Heute interessiere ihn, sagt Alexander, „welche Maßnahmen OpenAI trifft, den demokratischen Diskurs über KI zu unterstützen.“

Um diese Fragen soll es heute gehen bei dem Podiumsgespräch, das die Technische Universität München (TUM), Digital Life Design (DLD) und appliedAI organisiert haben. Altman sei nicht „talk of the town“, sondern „talk of the globe“, der Mann, über den die Welt spricht, lobt Uni-Präsident Thomas Hofmann.

Jubel wie bei einem Popstar

Als Altman dann auf die Bühne tritt, bricht Jubel aus wie sonst nur bei einem Popstar. Er nimmt Platz auf einem weißen Lehnstuhl, bleibt aber aufrecht sitzen, dem Publikum zugewandt. Ich will heute wirklich mit euch reden, scheint er auch per Körpersprache zu sagen. Und er streckt beide Daumen hoch, als er hört, dass viele Studenten im Publikum sind.

Sam Altman beim Podiumsgespräch an der TU München. Quelle: Lennart Preiss / TUM

„Das ist die beste Zeit seit mindestens zehn Jahren, um eine Karriere im Techbereich zu starten“, sagt Altman. „Die nächsten zwei, drei Jahre wird es eine kambrische Explosion geben“ – wie in der Zeit, als auf der Erde plötzlich immer mehr Spezies entstanden, erwartet Altman jetzt eine Blüte der KI. „Das wird das einflussreichste, nützlichste, faszinierendste Werkzeug, das die Menschheit je bekommen hat.“ KI werde noch einflussreicher als die Erfindung des Computers.

Das Publikum jubelt.

Altman schafft es, für einige Lacher im Publikum zu sorgen. Wer alles dafür sei, dass er die Version GPT-6 für alle Entwickler offenlege, fragt er, und fast alle im Publikum melden sich, einzelne jubeln. „Wir werden das nicht tun“, sagt Altman. „Aber das ist interessant.“

Nicht überall hat Altman so viel Zustimmung. KI-Forscher fordern ein Moratorium für Programme wie GPT-4, die EU will KI streng regulieren. Seine Welttour ist darum auch eine Werbetour in eigener Sache — und ein Versuch, die Diskussion über Regulierung von vornherein mitzugestalten.

ChatGPT: Wie die KI funktioniert und welche Einsatzgebiete es gibt

„Es gibt viele Herausforderungen“, räumt er dann auch freimütig ein. „Die Manipulation von Wahlen etwa durch sehr überzeugende, auf einzelne Nutzer zugeschnittene Erfahrungen. Wir beobachten das sehr genau.“ KI-Werkzeuge könnten genutzt werden, um Krankheiten zu heilen, aber auch, um neue Erreger künstlich zu erschaffen. „Ich denke, es gibt mehr gute Menschen auf der Welt als schlechte, aber wir müssen dafür planen.“

Ein sechsmonatiges Moratorium, wie KI-Forscher es gefordert haben, hält Altman für keine gute Idee. „Abgesehen von der Schwierigkeit, das zu implementieren – was tun wir danach?“ Wichtiger sei es, die Entwicklung von sicheren Systemen weiter voranzutreiben.

Auf internationaler Ebene schlägt Altman eine gemeinsame Kontrollinstanz vor. „Wir haben es im Bereich der Energie gemacht mit der Internationalen Atomenergie-Organisation“, sagt Altman. „Ein internationales Rahmenwerk aufzubauen, ist eine gute Idee, wir sollten damit so bald wie möglich beginnen.“

Sam Altmann warnte vor Überregulierung

Die Frage ist, warum Altman sich entschied, ChatGPT zu veröffentlichen, bevor irgendwo auf der Welt KI-Regeln gelten. „Wir wollten diese Systeme herausgeben in ihrer aktuell ziemlich schwachen Form, so dass die Menschen Zeit haben, sie zu verstehen und eine große Konversation darüber zu führen, wie wir sie in unser Leben integrieren wollen.“

Programme wie ChatGPT haben den Hype um künstliche Intelligenz befeuert. Das Tempo führt zu Sorgen, wer die Kontrolle hat. Oder haben wir sie schon verloren? Welche Regeln es braucht, damit KI eine Chance für alle ist.
von Thomas Kuhn, Andreas Menn, Theresa Rauffmann

Die Technik an die moralischen Standards der Menschen auszurichten, sei der leichtere Teil der Übung. „Zu entscheiden, wessen Werte das sein sollen – das wird eine harte Debatte für die Gesellschaft.“

Momentan findet das unter anderem in den politischen Organen der EU statt, die dieses Jahr den EU AI Act verabschieden will, das erste umfassende KI-Regularium weltweit. Am Mittwoch hatte Altman vor Überregulierung gewarnt und gar angekündigt, den europäischen Markt im Zweifel zu verlassen. In München gibt sich Altman zurückhaltender. Generell sei er dafür, erst einmal die Entwicklung von Technologie zu beobachten und dann mit Regulierung zu reagieren – manchmal sei es aber gut, proaktiv zu handeln.„Regulierung ist wirklich gut für Technologien wie diese“, sagt er. „Es gibt eine Version des EU AI Act, die gut werden kann – aber wir brauchen mehr Klarheit.“

Ob es viele Jobverluste durch KI in den nächsten zwei Jahren geben werden, möchte jemand im Publikum wissen. Die Entwicklung für die nächsten zwei Jahre überschätze man meist, antwortet Altman. Aber in zehn Jahren könne sich vieles tun. „Die Rate des Wandels wird sich beschleunigen, und Menschen, die mit KI arbeiten, werden produktiver sein, als die, die es nicht tun.“ Wichtig sei, dass die Menschen die Kontrolle behielten – und auf dem Pfad sei OpenAI momentan. Die Modelle zu vermenschlichen, sei supergefährlich. „Es ist verlockend, das zu tun, aber sehr wichtig, dem Drang danach zu widerstehen.“  

Flugzeugbauer Lilium Senkrechter Blindflug

Ein Finanzbericht gewährt Einblick ins Zahlenwerk des Elektro-Senkrechtstarters Lilium. Dort wie bei der Konkurrenz türmen sich die Verluste. Hinzu kommt ein Eingeständnis über Mängel in der Finanzkontrolle.

Geldanlage Neuer Dax-Rekord: Wie Sie sich jetzt gegen Kursrücksetzer absichern

An den Börsen läuft es fast schon unheimlich gut. Der Dax knackt Rekord um Rekord. Zeit für eine Absicherung – ohne Kurschancen zu kappen.

Netzbetreiber Vodafone droht bei den Kabelkunden ein Desaster

Vodafones Misere hält an. Jetzt soll es ein neuer Deutschlandchef richten. Dabei ist klar: Erst mal wird die Lage noch komplizierter.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Nach einer guten Stunde ist die Runde vorbei, der Umtrunk danach beginnt, auf dem sich Altman lange vielen weiteren Fragen stellt. Ob er sich vorstellen könne, einen Standort in Deutschland zu eröffnen, will die WirtschaftsWoche wissen. „Ja sicher, es gibt große KI-Talente hier“, sagt er. Um genug Bewerber, das ist nach diesem Tag klar, müsste er sich keine Sorgen machen.

Lesen Sie auch: So machen die neuen ChatGPT-Plug-ins Sie produktiver

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%