Patentstreit Googles stumpfe Waffen

Seite 5/5

Club der Diebe

Die Streitereien in der Branche helfen mittlerweile Patentgegnern bei ihrer Argumentation. Sie klagen seit Jahren, die allzu strikte Auslegung behindere Innovationen: So startete die Electronic Frontier Foundation in den USA eine Kampagne mit dem Titel: „Verteidigen Sie die Innovation: Sprechen Sie sich gegen Softwarepatente aus.“

Apple ignorierte Patente

Apples iPhone ist das beste Beispiel dafür, was mit Freiheit möglich ist: Als der Konzern 2007 ins Mobilfunkgeschäft einstieg, ignorierte er stur Patente anderer Hersteller. „Die haben erst hinterher gefragt, welche sie verletzen. Der Mut, so in einen etablierten Markt zu gehen, ist anzuerkennen“, sagt der Chefjurist eines Elektronikkonzerns.

Das wird nun teuer: So musste sich Apple vor einem Jahr auf einen Vergleich mit dem Handybauer Nokia einlassen, weil die Amerikaner etwa Patente zur Datenübertragung und Verschlüsselung verletzten. Apple zahlte 800 Millionen Euro sofort. Von jedem heute verkauften iPhone gehen zudem acht Euro an die Finnen. Die Patentgegner argumentieren: Müssten Entwickler keine Patente beachten, könnten sie bestehende Technik problemlos neu kombinieren, schneller Innovationen auf den Markt bringen.

Müssen Hersteller aber fürchten, bei jedem neuartigen Produkt auf Milliarden verklagt zu werden, besteht am Ende die Gefahr, dass sie innovative Geräte lieber gar nicht erst entwickeln. Auch dürfte schon jetzt der Patentkrieg Geld und Zeit binden, die in Neuentwicklungen fließen könnten.

Das Spiel geht weiter

Tatsächlich deutet aktuell wenig auf Frieden hin – im Gegenteil: Während Google mit Android-Kunden wie Samsung für 1100 Patente des insolventen Fotoriesen Kodak bietet, formt sich auf der Gegenseite erneut eine Bieterallianz aus Microsoft und Apple. Kommt Google zum Zug, erwarten Beobachter wie Berater Müller, dass der Konzern weiter Klagen einreicht. Darauf wird Apple mit Gegenschlägen antworten. Und so dreht sich das Spiel immer weiter.

Wie lange sich die Akteure noch gegenseitig des Diebstahls bezichtigen werden, vermag derzeit niemand zu sagen. Wahrscheinlich so lange, bis eine Seite im Club der Diebe aufgibt. Das aber wird erst geschehen, wenn die Konzerne einsehen, dass sie sich mit ihrem Verhalten auch selbst blockieren – zulasten ihrer wichtigsten Ressource: ihrer eigenen Innovationsfähigkeit.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%