Patentstreit Googles stumpfe Waffen

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Die Justiz als Schachfigur

Wie das iPhone entstanden ist
Der Patentstreit zwischen Apple und Samsung führte dazu, dass Apple Prototypen und Skizzen aus der Entstehungsgeschichte des iPad und iPhones bekannt gegeben hatte. In der Entstehungsgeschichte dieser Geräte hatte Apple deutlich innovativere und bessere Zeiten erlebt. Quelle: dpa
Der südkoreanische Konkurrent habe die bewusste Entscheidung getroffen, die Apple-Geräte im Detail zu kopieren, sagte Anwalt Harold McElhinny in der Eröffnungs-Erklärung. Als Beleg demonstrierte er den Geschworenen Fotos von Samsung-Geräten vor und nach der Vorstellung des iPhone.
Die Südkoreaner konterten, Apple habe iPhone und iPad auf fremden Ideen aufgebaut und das Design sei gar nicht so innovativ gewesen. Als Beispiele nennen die Südkoreaner unter anderem das zeitgleich vorgestellte „Prada“-Handy von LG und haben sich zuletzt besonders auf eine angebliche Sony-Spur eingeschossen. Im Februar 2006 soll Apple Manager Tony Fadell Steve Jobs und Apple-Chefdesigner Jonathan Ive auf Sonys Designsprache aufmerksam gemacht haben, in der Folge sei der japanische Designer Shin Nishibori mit der Gestaltung von Entwürfen beauftragt worden.
Im Prozess wurden auch viele Prototypen von Apple gezeigt - ein interessantes Detail ist der iPod-Schriftzug darauf.
Als erster Zeuge erzählte Apple-Designer Christopher Stringer, der Kern des Design-Teams sei nur etwa 15 Personen stark und entwickele neue Ideen gemeinsam an einem großen „Küchentisch“.
Das iPhone zu konstruieren und zu bauen sei eine erhebliche technische Herausforderung gewesen, sagte er. Dabei seien viele Ideen verworfen worden, bis schließlich eine „perfekte“ Form gefunden worden sei.
Ein besonders stark abweichender Entwurf ist dieser achteckige Prototyp.

Bislang waren es meist sogenannte Patent-Trolle, die Schutzrechte horteten, um andere um Millionen zu erleichtern. Ihnen geht es nicht um den Schutz von Ideen; sie kaufen Patente aus der Insolvenzmasse von Unternehmen, um damit große Konzerne zu verklagen. Das ist ihr Geschäftsmodell.

Ähnlich verhalten sich nun Apple, Google & Co. Nur: Bei ihnen steckt mehr dahinter als ein paar Millionen. Ein US-Richter brachte es kürzlich in einer Verhandlung zwischen Microsoft und Google auf den Punkt: „Das Gericht ist sich sehr wohl bewusst, dass es als Schachfigur in einer globalen, geschäftlichen Auseinandersetzung benutzt wird.“ Und die dreht sich um Googles aktuellen Hit, das mobile Betriebssystem Android. Schließlich ist das in den Augen von Apple und Microsoft viel zu erfolgreich.

Apple vs. Android

Im September 2011 geht bei Samsung ein Schreiben von Apple ein. Auch wenn der Inhalt unbekannt ist, entfernt Samsung kurz darauf das Tablet Galaxy Tab 7.7 vom Messestand auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin. Kurz zuvor hatte eine Düsseldorfer Richterin bereits den Verkauf des größeren Galaxy Tab 10.1 untersagt.

Die Attacken lässt Samsung nicht auf sich sitzen, bläst zum Gegenangriff: Der Konzern zieht wegen mehrfacher Patentverletzung gegen Apple vor Gericht – etwa bei Technik, mit der Smartphone-Nutzer zeitgleich telefonieren und surfen können. Der Erfolg ist mäßig. Und Apple lässt nicht locker. Im Juni verhängte auch ein US-Gericht einstweilige Verfügungen gegen Samsungs Handy Galaxy Nexus sowie das Galaxy Tab.

Ginge es nur um Samsungs Galaxy-Baureihe, hätten sich die zwei voneinander abhängigen Kombattanten wohl längst zusammengerauft. Doch die Koreaner sind nur eine Schachfigur in einem größeren Spiel. „Der Ursprung des Streits ist das Betriebssystem“, sagt einer, der in die Auseinandersetzungen involviert ist.

Steve Jobs´ nuklearer Krieg

Apple geht es in Wahrheit um Googles Smartphone-Betriebssystem Android, das auf vielen Samsung-Geräten läuft. Der Suchkonzern verschenkt die optisch höchst ansprechende Software. Die Handyhersteller – die sich selbst weitgehend aus der Entwicklung von Betriebssystemen zurückgezogen haben – nehmen dankend an: Mittlerweile läuft Android auf Geräten von 58 Herstellern. Android erreicht damit einen weltweiten Marktanteil von 51 Prozent bei Smartphones. Apples Betriebssystem iOS, das ausschließlich auf Apple-Geräten läuft, schafft nur 31 Prozent Anteil – trotz des einstigen Entwicklungsvorsprungs.

Dem Biografen Walter Isaacsons sagte Jobs kurz vor seinem Tod: „Ich werde meinen letzten Atemzug, jeden Cent aus Apples Kasse opfern, um die Ungerechtigkeit auszubügeln.“ Er werde Android zerstören, weil es ein gestohlenes Produkt sei. Er sei bereit, „einen nuklearen Krieg zu starten“.

Google hat mit Android in Jobs’ Augen Apples iOS kopiert. Das denken die Apple-Manager bis heute. So verkündete kürzlich Konzernchef Tim Cook: „Wir wollen, dass die Leute ihr Zeug selbst erfinden.“ Apple sei nicht die Entwicklerstube der Welt.

In diesem Konflikt ist Apple nahezu jedes Mittel recht, sogar eine bislang undenkbare Allianz: Ausgerechnet Rivale Microsoft kämpft denselben Kampf gegen Android – wenn auch mit etwas anderem Ziel.

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