Microsoft will Android nicht zerstören, sondern vor allem daran verdienen. Der Konzern verlangt zwischen 5 und 15 Dollar pro Android-Gerät, weil das System nach Lesart der Manager zig Patente des Softwarekonzerns verletzt – etwa beim Senden überlanger Kurznachrichten.
Microsoft versucht seit Jahren erfolglos, ein eigenes mobiles Betriebssystem zu etablieren. In den Klagen sieht der Konzern eine Chance, trotzdem am Boom der Smartphones zu verdienen. Mit vielen Handyherstellern, auf deren Geräten Android läuft, hat Microsoft sich auf ein Lizenzmodell geeinigt – darunter HTC und Samsung. Sie zahlen – sehr zum Ärger von Google.
Googles Abwehrkampf
Eine Einigung zwischen Microsoft und Google gibt es nicht. Lizenzgebühren zu zahlen passt nicht ins Konzept des Suchkonzerns. Sein Ziel ist es, das Betriebssystem Android kostenlos anbieten zu können. Schließlich ist das der wichtigste Grund für seinen Erfolg. Google teilt auf Anfrage mit: Viele der Verfahren gingen „auf Kosten von Open-Source-Lösungen“ wie Android.
Vor allem aber ist es für Google überlebenswichtig, das System auf möglichst vielen Handys laufen zu lassen. Denn je weiter Android verbreitet ist, desto mehr Apps kann Google über seinen virtuellen Softwareladen Google Play vertreiben. Der Konzern kassiert je App eines Drittanbieters 30 Prozent vom Umsatz. Ohne nennenswerten Marktanteil würden die Einnahmen einbrechen.
Wichtiger noch: Google braucht Daten, um Nutzer zielgerichtet mit Werbung bespielen zu können. Dafür gibt es kaum einen besseren Weg als das Handy. Das Gerät verrät jederzeit, wo der Nutzer sich gerade aufhält, und über lokale Suchfunktionen sogar, für was er sich jetzt gerade interessiert.
Android funktioniert nur als Massenprodukt. Und so setzt der Suchriese im Patentstreit auf Abschreckung. „Die Methode ist einfach: Der Konzern erwirkt einstweilige Verfügungen und Verkaufsverbote gegen andere Parteien, die dasselbe versuchen. Tut es der anderen Seite richtig weh, kann man sich einigen“, sagt der Chefjurist eines großen Elektronikkonzerns.
Der Wahnsinn geht so weit, dass Anwälte ihre eigenen Klageschriften kaum noch verstehen. Oft müssen sie in den Gerichtsverhandlungen hoch spezialisierte Computer-Techniker zu Rate ziehen, die ihnen helfen, ihre eigenen Texte zu entschlüsseln. Wird etwa in Deutschland verhandelt, schlägt Google-Gegner Apple schon mal mit einer halben Armee auf, zu der eine Handvoll Anwälte, Patentexperten, Techniker und Gutachter gehören. „Da kommen 30 Leute zusammen“, sagt ein involvierter Jurist.
Um Apple und Microsoft Schmerzen zuzufügen, war Googles Arsenal anfangs aber schlicht zu klein. Der Riese besaß zu wenig Patente, die er gegen Wettbewerber einsetzen konnte. Also machte er sich auf die Suche nach Vergeltungswaffen. Zunächst ging es schief: Ein eilig zusammengestelltes Konsortium aus Apple, Microsoft und dem Blackberry-Hersteller Research in Motion schnappte dem Suchriesen in einem Bieterverfahren die Patente des insolventen kanadischen Telekomriesen Nortel weg.
Doch beim zweiten Mal sollte es klappen: 2011 kaufte Google in einer Hauruck-Aktion den maroden US-Handybauer Motorola für 12,5 Milliarden Dollar – 17.000 Patente und 6800 Patentanmeldungen inklusive. Würde es den Patentkrieg nicht geben, sagte Google-Patentchef Allen Lo später dem Technologieblog CNet, „wir hätten Motorola wahrscheinlich nicht gekauft“.
Doch die Übernahme stellt sich mehr und mehr als Flop heraus. „Wenn Google hätte absehen können, wie wenig die Motorola-Patente helfen, hätten sie Motorola wohl nicht gekauft“, sagt IT-Patentexperte Florian Müller, der neben Microsoft auch Investmentbanken in den Prozessen berät.