Patentstreit Googles stumpfe Waffen

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Justiz prüft Missbrauch von Patenten

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Googles neue Waffen sind stumpf: Spielt der Konzern die erworbenen Motorola-Schutzrechte vor Gericht aus, gibt es anstelle von Verkaufsverboten für die Konkurrenz vor allem Ärger für Google. Denn die wichtigsten Patente im Portfolio sind keine normalen Schutzrechte – sondern sogenannte standardessenzielle Patente.

Standardessenzielle Patente sind Schutzrechte auf Funktionen, ohne die branchenweit geltende Standards nicht möglich wären, die Übertragungstechnik 3G beispielsweise oder der Drahtlos-Datenfunk WLAN. Für solche Standards sind die Erfindungen vieler verschiedener Unternehmen nötig, Verschlüsselungstechnik zum Beispiel oder Komprimierungsverfahren. Diese Erfindungen werden in einer industrieweiten Vereinbarung von den Akteuren Wettbewerbern freiwillig zur Verfügung gestellt.

Dabei verpflichten sich die Konzerne gegenseitig, moderate Lizenzgebühren für die Nutzung der Technik zu verlangen. Dürften die Wettbewerber nämlich das Patent auf einmal nicht mehr nutzen, oder verlangt ein Unternehmen exorbitante Abgaben, wären die anderen schachmatt gesetzt. Insofern sind standardessenzielle Patente ein sensibles Thema für die Konzerne.

Damit hat sich Google viel Ärger eingehandelt. Von Microsoft etwa verlangt der Konzern vier Milliarden Dollar jährlich, weil die Spielekonsole Xbox 360 Motorola-Technik nutzt, die in den WLAN-Standard eingeflossen ist. Inzwischen ermitteln EU-Kommission und US-Handelsbehörde gegen den Suchkonzern. Der Vorwurf: Google nutze die Schutzrechte hemmungslos gegen Wettbewerber. Das wäre ein Affront – und gegen die Spielregeln der Branche.

Spiel mit dem Feuer

Die US-Wächter drohen daher: „Wir werden nicht zögern, nötige Mittel zu ergreifen, um Missbrauch zu stoppen.“ Gleichzeitig prüft die EU-Kommission, ob Google die Patentmacht missbraucht hat, als der Riese versuchte, Apple und Microsoft zu hindern, Produkte zu verkaufen. Sicher ist schon jetzt: Google gab Motorola die Erlaubnis, gegen Apple vorzugehen. Das geht aus den Übernahmeunterlagen der Konzerne hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegen.

Google spielt mit dem Feuer. Denn die Bilanz des Unternehmens vor Gericht ist verheerend. Zwar erwirkte der Suchkonzern vor einigen Wochen in Deutschland auf Basis von Motorola-Patenten Verkaufsverbote gegen das halbe Microsoft-Sortiment – von Windows 7 bis zur Konsole Xbox 360. Microsoft machte aus Angst davor, dass wertvolle Produkte festgehalten werden, gar ein Distributionslager in Nordrhein-Westfalen dicht. 100 Mitarbeiter verloren ihren Job.

Doch die Freude über den Triumph währte nur kurz: Zeitgleich verbot ein US-Gericht Google, die Verkaufsverbote in Deutschland durchzusetzen, weil Motorola möglicherweise gegen Versprechen verstieß, „faire, nachvollziehbare und nicht diskriminierende“ Lizenzgelder zu verlangen.

Die Gegenseite feiert derweil einen Sieg nach dem anderen: Weltweit haben Gerichte bei mehr als zehn Patenten festgestellt, dass Android-Handys Rechte von Apple oder Microsoft verletzen.

Einer der wenigen Triumphe mit Motorola-Patenten gelang Google, als der Konzern Apple in Deutschland verbieten ließ, E-Mails automatisch aufs iPhone zu pushen. Nutzer müssen seitdem elektronische Post manuell abrufen. Die Anzeichen, dass Google mit den Motorola-Rechten alles andere als zufrieden ist, mehren sich. So kaufte der Suchriese gerade noch einmal nach – 50 Patente vom Chipentwickler Magnolia.

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