Pokémon Go Fünf Lehren aus dem Erfolg des Spiels

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2. Konkurrenz belebt das Geschäft

Das gilt nicht bloß beim Sport: Wettbewerbselemente halten die Nutzer bei der Stange. Schon zu Zeiten von Gameboy und Spielkarten setzten die Vorgängerversionen von Pokémon massiv auf das Sammel- und Konkurrenzprinzip. Wer fängt die stärksten, bändigt die meisten Monster? Und wessen Charaktere sammeln im Wettstreit mit den Kreaturen anderer Spieler die meisten Punkte? Genau das haben die Entwickler auch in die neue AR-Variante des Spiels übertragen. Das sorgt für Dynamik und vermittelt wegen der Vielzahl der in der realen Welt platzierten Kreaturen jede Menge Erfolgserlebnisse.

Dieser Wettbewerbsgedanke, auf Englisch „Gamification“ genannt, wirkt weit über die Spielewelt hinaus, gilt längst für alle Branchen. Gamification sei heute „eine der treibenden Kräfte im globalen Innovationswettlauf“, sagt Phil McKinney, lange Jahre Technologiechef bei Hewlett-Packard (HP).

Das wohl erfolgreichste Beispiel für den Einsatz dieses Prinzips sind die smarten Fitnesstracker, von Armbändern wie Jawbone und Fitbit bis hin zu Smartwatches. Gesund sein will jeder, doch seinen Lebenswandel im Blick zu behalten, um gesund zu leben, das war vielen lange zu viel. Jetzt aber verwandeln Fitness-Apps und Selbstvermessungsgadgets das Zählen von Schritten oder Puls in einen Konkurrenzkampf mit Kollegen oder Freunden. Für die Hersteller der Technik ist das ein Riesengeschäft: Laut dem US-Marktforscher Gartner setzten sie 2015 weltweit mit dem Verkauf von gut 230 Millionen elektronischen Armbändern und Uhren fast 29 Milliarden Dollar um.

3. Der Kunde liebt Vertrautes

Die bunten Taschenmonster haben seit Mitte der Neunzigerjahre mehrere Kindergenerationen geprägt. Was Wunder, dass Nintendo beim neuen, in die erweiterte Realität übertragenen Spiel erfolgreich an die Emotionen und Kindheitserinnerungen von Millionen potenzieller Nutzer andocken kann.

Mit den gleichen Mechanismen emotionaler Bindungen und Vertrautheit gelang auch Polaroid und Fujifilm die fulminante Wiedergeburt eines vermeintlich überholten Produkts: der Sofortbilder.

Obwohl genauso vom Umbruch der Fotowelt betroffen wie Analogfilme, erleben Polaroidkameras und -filme ein solches Comeback, dass die Hersteller nicht bloß mit der Fertigung der teuren Bilderkartuschen nicht mehr nachkommen. Alleine die Sofortbildkamera instax von Fujifilm verkaufte sich dank Retroeffekt 2015 weltweit 4,3 Millionen Mal. Polaroid schaffte selbst zu besten analogen Zeiten nur vier Millionen.

4. Der Kunde hört auf Freunde

Der Pokémon-Virus im sozialen Umfeld breitet sich derart rasch aus, dass, wer mitreden will, das Spiel selbst ausprobieren muss. Ab einer kritischen Größe führt das zu einem quasi lawinenartigen Anwachsen der Nutzerzahlen. Im Fall des AR-Spiels setzte der Netzwerkeffekt schon nach wenigen Tagen ein. Das soziale Netzwerk Facebook etwa hatte für eine ähnliche Marktdurchdringung noch mehrere Jahre benötigt.

„Pokemon GO“ - wie die neue Super-App funktioniert

Doch der Effekt zieht nicht bloß bei digitalen Angeboten. Auch dem Wuppertaler Mittelständler Vorwerk gelang es so, seinen Küchenautomaten Thermomix mit einer Kombi aus Community-Gedanken, funktionaler Finesse und prominenten Fürsprechern zum Trendutensil zu machen. Auch bei wenig küchenaffinen Zeitgenossen, die sich zuvor weder für KitchenAid- noch für Bosch- oder Kenwood-Geräte interessiert hatten. Allein die jüngste, 1200 Euro teure Gerätegeneration, die den Austausch von Rezepten über eine Internetplattform ermöglicht, verkaufte sich in weniger als einem Jahr weltweit eine Million Mal.

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