Probleme mit Bestandskunden SAP startet eine Charmeoffensive für die Cloud – und übernimmt Start-up Signavio

Der Softwarekonzern aus Walldorf adressiert mit der Initiative

Der Softwarekonzern SAP bringt ein neues Angebot an den Start, um seine Bestandkunden vom Gang in die Cloud zu überzeugen. Doch deren Reaktionen fallen verhalten aus.

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Digitalisierung ist in aller Munde – auch und gerade bei den SAP-Anwendern: „Unsere Kunden befinden sich gerade an einem Wendepunkt“, so berichtet es SAP-Vorstandschef Christian Klein in einem Pressegespräch. „Gerade Corona hat bewiesen, dass digitale Unternehmen über eine höhere Widerstandsfähigkeit in der Krise verfügen.“

Um noch mehr Unternehmen von der digitalen Transformation und dem Gang in Richtung Cloud Computing zu überzeugen, startet SAP-Chef Klein jetzt eine neue Initiative: Unter dem Label „Rise with SAP“ wollen die Walldorfer gemeinsam mit großen Service-Partnern (darunter Accenture, Atos und IBM) ihren Bestandskunden ein Komplettangebot für das Umgestalten von Geschäftsprozessen und mögliche Cloud-Szenarien liefern.

Laut Christian Klein soll das neue Angebot vor allem „Business-Transformation-as-a-Service“ bieten. SAP will zusammen mit seinen Partnern die bestehenden Geschäftsprozesse beim Kunden durchleuchten – und diese mit den Benchmarks in den jeweiligen Industrien vergleichen. „Es gibt durch die Daten von fast 400.000 SAP-Kunden eine gute Messlatte“, so Klein. Dieser Vergleich soll es Unternehmen auf einfache Weise ermöglichen, ihre Prozesse umzugestalten und im Industriemaßstab zu verbessern. Und ihnen zugleich subtil zeigen: Wenn ihr nicht mitmacht, verliert ihr bald den Anschluss.

Um sein Angebot für die Prozessanalyse zu optimieren und zu komplettieren, greift Klein zudem tief in die Tasche: Wie er parallel zum Start der „Rise with“-Initiative ankündigte, übernimmt SAP das auf Prozessmanagement spezialisierte Start-up Signavio. Laut US-Nachrichtenagentur „Bloomberg“ für rund eine Milliarde Euro.

Gemischte Reaktionen bei den SAP-Anwendern

Die Initiative ist selbstverständlich nicht ganz uneigennützig: Sie dient auch dazu, die Kunden zum Umstieg auf die neueste Business-Software S/4Hana zu bewegen, und hier vor allem auf die Cloud-Version jener Software. Die Charmeoffensive „Rise with SAP“ scheint durchaus nötig, wie sich beim Kurseinbruch aufgrund einer neuerlichen Gewinnwarnung Ende Oktober 2020 zeigte: Das wahre Problem von Christian Klein ist aktuell, dass die Bestandskunden nicht so wollen, wie SAP will.

Laut des amerikanischen IT-Analysehauses Gartner haben von weltweit 35.000 Gesamtkunden der SAP Business Suite – dem Vorläufer von S/4Hana – weniger als 20 Prozent Lizenzen für das neue Produkt gekauft. Und nicht einmal zehn Prozent nutzen es bereits oder haben mit dem Umstieg begonnen. Genau das will Klein mit seiner Initiative ändern. Zugleich will er die viel diskutierte Komplexität der Verträge reduzieren: Unter dem Slogan „One Subscription, One Price, One Contract“ will Klein so auf einfache Weise IT-Infrastruktur, Support und Basis-Dienstleistungen bündeln.

Die SAP-Kunden zeigen eine gemischte Reaktion auf die Ankündigung der Walldorfer. „Die Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Geschwindigkeit, Effizienz und intelligenten Prozessen wachsen kontinuierlich. Deshalb benötigen sie passende Software und Technologien“, sagt Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). „Daher begrüßen wir die SAP-Initiative.“

Das sieht sein DSAG-Kollege Thomas Henzler zwar ähnlich: „Grundsätzlich ist das Angebot ‚Rise with SAP‘ ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, so der DSAG-Fachvorstand Lizenzen & Wartung – um zugleich einzuschränken: „Da sich die Kunden damit jedoch noch stärker in die Hände von SAP begeben, braucht es einen transparenten Prozess über die kompletten Inhalte des Angebots.“

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Dies fange bei einem transparenten Übergang von installierter Software – den sogenannten On-Premise-Lizenzen – in eine Cloud-Subscription an und gehe über einheitliche, transparente und schlanke Cloud-Verträge ohne versteckte Kosten bis hin zu einem möglichen späteren Ausstieg aus der Cloud. „Denn: Sollte sich aus irgendwelchen Gründen die Cloud als die falsche Entscheidung erweisen, müssen auch die möglichen Wege zurück in die On-Premise-Welt klar vorgezeichnet sein“, betont Henzler.

Christian Klein zumindest ist überzeugt, dass er durch seine neue Initiative gemeinsam mit seinen Kunden in immer neue Höhen aufsteigen kann. „130 Kunden testen das neue Angebot bereits“, so der SAP-Chef. Bereits in der zweiten Jahreshälfte sieht er nennenswerte Umsätze. Klein: „Ich erwarte eine weitere Beschleunigung unserer Cloud-Umsätze, die sollen sich laut unserer Mittelfristprognose bis 2025 fast verdreifachen.“

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