




Jede Technik hat so etwas wie ihren eigenen Heiligen Gral. Bei Digicams wären das Bildsensoren, die auch in der Dunkelheit so gut sehen wie das menschliche Auge. Bei Fernsehern wäre das die realistische 3D-Darstellung ohne lästige 3D-Brille.
Auch für Kopfhörer gibt es so eine Vision. Sie hört auf den etwas sperrigen Namen Außer-Kopf-Lokalisation. Gemeint ist, dass die Musik so klingt, als käme sie aus Lautsprechern, die zwei oder drei Meter vor dem Hörer platziert sind. Zwar hat sich der Klang von Kopfhörern in den vergangenen Jahrzehnten enorm verbessert, und ein Hörer für 1000 Euro macht in Sachen Klangtreue und Feinzeichnung Lautsprechern Konkurrenz, die um ein Vielfaches teurer sind.
Aber in diesem einen Punkt ist der Kopfhörer immer noch unterlegen. Die Musik spielt sich im Kopf ab und nicht davor. Kein Wunder, beim Kopfhörer wird das linke Ohr nur mit den Schallsignalen der linken Kopfhörermuschel gespeist und das rechte Ohr mit den Signalen der rechten Muschel. So bleibt die Musik zwischen den Ohren eingesperrt.
So boomt der Markt für Kopfhörer
Quelle: Gfu
Verkauft: 8,9 Millionen Stück
Umsatz: 187 Millionen Euro
Verkauft: 9,9 Millionen Stück
Umsatz: 235 Millionen Euro
Verkauft: 11,1 Millionen Stück
Umsatz: 306 Millionen Euro
Verkauft: 11,1 Millionen Stück
Umsatz: 327 Millionen Euro
Verkauft: 11,3 Millionen Stück
Umsatz: 339 Millionen Euro
Musikhören über Lautsprecher
Ganz anders beim Musikhören über Lautsprecher. Da dringen nämlich nicht nur die Signale aus der linken oder rechten Box ans Ohr, sondern auch die Reflexionen aus dem Raum. Reflexionen von den Wänden, von der Decke oder sogar vom Boden.
Auch der Winkel und die Entfernung, in denen die Lautsprecher zum Hörer stehen, verändern akustische Parameter wie Laufzeiten (das Schallsignal trifft an einem Ohr etwas später oder früher ein als am anderen), Intensität und Frequenzgang der Schallsignale.
Das Gehirn registriert winzige Laufzeitdifferenzen von wenigen Mikrosekunden und nutzt diese für die Ortung der Schallquelle. Auf diese Weise verarbeitet das Gehör ein komplexes Geflecht unterschiedlichster Signale. Es kann so nicht nur links und rechts – wie beim Kopfhörer – sondern auch Entfernung und Position der Schallquelle erkennen. Aus all diesen Informationen entsteht in der Wahrnehmung der komplexe räumliche Klangeindruck.
Beim Kopfhörer ist das nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Zwar stellt sich bei sehr guten Geräte auch ein weiträumiger Klang ein. Wer die Augen schließt, glaubt eine Bühne mit den Musikern vor sich zu sehen. Trotzdem erklingt die Musik, da, wo sie eigentlich nicht hingehört, nämlich genau im Kopf.
Blütezeit der Kunstkopf-Stereophonie
Lange haben Audiospezialisten und Tüftler daran gearbeitet, dieses Manko zu beheben. Bisher mit eher geringem Erfolg. Eine Ausnahme stellt die sogenannte Kunstkopf-Stereophonie dar, die in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine kurze Blütezeit bei deutschen Radiosendern erlebte. Dabei sitzen zwei Mikrofone in einem dem menschlichen Schädel nachgebildeten Kopf, genauer gesagt, in dessen Gehörgang. Bei der Aufnahme, beispielsweise eines Hörspiels, empfangen die Mikrofone die Schallsignale, genauso, wie sie die Ohren des Menschen auch empfangen würden. So simpel die Idee, so verblüffend der Effekt. Beim Abhören eines Hörspiels über Kopfhörer entsteht tatsächlich die perfekte Illusion räumlichen Hörens. Bei Musikproduktionen ist der Einsatz der Kunstkopfstereophonie aber kaum praktikabel, und hat sich deshalb auch nicht etablieren können.