Raubkopierer Hollywoods letztes Gefecht

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Dubiose Branche in Angst

Große Blender - und was aus ihnen wurde
Die Gründer der Frankfurter Immobiliengruppe S+K, Stephan Schäfer und Jonas Köller, hat ein Schicksal ereilt, das vielen Blendern aus der Dotcom-Ära bereits zu Teil wurde: Sie landeten wegen mutmaßlichem Anlagebetrug in Untersuchungshaft. Zuvor haben sie es mit dem ergaunerten Geld richtig krachen lassen. Doch was ist aus den Bankrotteuren aus dem Jahr 2000 geworden?
Einer der bekanntesten Betrüger ist Florian Homm, bekannt als Großaktionär bei Borussia Dortmund. Am Neuen Markt war er zuvor schon bekannt als Gründer von Value Management & Research (VMR), die Firmen wie Toysinternational.com oder Comtelco an die Börse brachte. Eine angekündigte Fusion mit der Beteiligungsgesellschaft Knorr Capital scheiterte, Homm zog sich aus VMR zurück. Wenige Jahre später geriet er mit dem Hedgefonds Absolute Capital Management Holdings mit Investments bei Borussia Dortmund oder dem Finanzdienstleister MLP in die Schlagzeilen. Vielfach war ihm vorgeworfen worden, Kurse massiv zu manipulieren. Als der Hedgefonds 2007 unter Druck geriet, nahm Homm überstürzt seinen Hut und war seitdem untergetaucht. Seine Nachfolger in der Leitung des Fonds warfen ihm später vor, dass viele Investments einen weit geringeren Wert hätten, als ausgewiesen. Die Aktien des börsennotierten Hedgefonds verloren mehr als 90 Prozent ihres Wertes. Seit Februar 2011 läuft gegen Homm auch eine Klage der US-Börsenaufsicht SEC. Zuletzt wurde er in Liberia vermutet. 2012 tauchte der einst skrupellose Finanzinvestor wieder auf - um ein Buch über sein Leben vorzustellen und sich öffentlich reinzuwaschen. Er sei ein anderer Mensch, gehe mindestens zweimal wöchentlich zum Gottesdienst und wolle sich demnächst der SEC stellen, erzählt er der Financial Times Deutschland. Natürlich können Menschen sich ändern, aber der Eindruck einer PR-Masche zum Verkauf seines Buches bleibt doch bestehen - gerade wenn es stimmt, dass von seinem einzigen Vermögen nicht mehr viel übrig ist. Quelle: dpa/dpaweb
Im Januar 2012 wurde der gebürtige Kieler Kim Schmitz in Neuseeland festgenommen. Dem 38-jährigen wurde vorgeworfen, Mastermind hinter dem Raubkopien-Portal Megaupload zu sein. Die spektakuläre Verhaftung rückte auch die Dotcom-Ära wieder in Erinnerung, immerhin hatte Schmitz sein 25-Millionen-Dollar-Anwesen "Dotcom Mansion" getauft und sich selbst seit einiger Zeit ganz offiziell Kim Dotcom genannt... Quelle: REUTERS
Auch in der Zeit des Neuen Marktes war Schmitz eine der schillerndsten Figuren: Unvergessen sind seine Urlaube mit dem durch eine Dieter Bohlen-Affäre als "Teppich-Luder" bekannten Playboy-Bunny Janina... Quelle: rtr
Legendär auch seine Auftritte in der Harald-Schmidt-Show, wo Schmitz seinen eigenen Sessel mitbrachte (die vorhandenen waren ihm zu unbequem) und erzählte, wie er den Jet der Haffa-Brüder für eine halbe Million charterte, um einen Kurztrip in die Karibik zu unternehmen. Quelle: rtr
EM.TV Quelle: dpa
Comroad Quelle: Robert Brembeck für WirtschaftsWoche

Nun geht die Angst um auf der dunklen Seite des Internet. Vier ähnliche Anbieter haben urplötzlich ihren Dienst eingestellt, mehr als ein Dutzend hat die Funktionen massiv eingeschränkt, darunter populäre Seiten wie Filesonic oder Fileserve. Wer ist der Nächste?, fragen sich die Piratenkapitäne. Doch war das wirklich ein entscheidender Schlag gegen die Raubkopierer oder wurde doch wieder nur ein Kopf der Hydra abgeschlagen? Denn ob es die legendäre Musiktauschbörse Napster oder zuletzt das deutsche Filmportal Kino.to traf – immer waren nach Wochen oder schon Tagen Klone und Alternativen zur Stelle, oft sogar technisch noch ausgefeilter als die Vorgänger.

175 Millionen für das Mega-Netzwerk
Klar ist, dass Hollywood diesmal ernst macht. Um einen Niedergang wie ihn die Musikindustrie erlebt hat, zu vermeiden, versuchen die Bosse den großen Schlag. Zudem fordert die Filmlobby noch strengere US-Gesetze und droht sogar mit Spendenentzug im Wahlkampf. Die dubiosen Geschäfte von Schmitz & Co. werden zum Politikum.

Denn die illegalen Seiten sind zu einer immer größeren Bedrohung für die Branche geworden. Sie sind teils populärer als Netzriesen wie Youtube: Allein Megaupload und Rapidshare sind nach Zahlen des kanadischen Netzwerkspezialisten Sandvine in manchen Regionen für bis zu zehn Prozent des gesamten Datenverkehrs im Internet verantwortlich.

Wie lukrativ das Geschäft mit den Raupkopien ist, zeigt der Fall Schmitz: 110 Millionen Dollar gingen allein auf dem PayPal-Konto zwischen November 2006 und Juli 2011 ein. Denn die Nutzer waren sogar bereit zu zahlen: Zwischen 9,99 Dollar im Monat und 199,99 Dollar für einen lebenslangen Dienst überwiesen sie an das Mega-Netzwerkbezahlten. Dafür konnten sie mehr und schneller herunterladen.


Im Gegenzug kümmerte sich Schmitz geradezu liebenswürdig um ihre Kunden. Als sich beispielsweise ein Nutzer beschwerte, dass in der Serie „Dexter“ Ton und Bild nicht synchron seien, mailte Schmitz an seine Leute: „Wir müssen das so schnell wie möglich lösen!“ Dazu kamen Werbeeinnamen von 25 Millionen Dollar, insgesamt 175 Millionen Dollar verdiente das Mega-Netzwerk laut Anklage Anklage.

Der Erfinder des Filehosting
Die Grundlage dafür wurde in Kenzingen gelegt: In nur einer Nacht im Jahr 2004 programmierte Christian Schmid ezShare, einen Dienst zum leichten Teilen von Daten. Später nannte er das Angebot Rapidshare, das Prinzip ist das gleiche: Wer eine Datei hat, die zu groß ist, um sie per Mail zu verschicken, kann diese hochladen und erhält dafür einen Link. Mit diesem kann jeder der darauf klickt, die entsprechende Datei wieder herunterladen.
Filehosting nennt sich die Technologie. Grundsätzlich ist sie praktisch und nicht verwerflich. Allerdings zeigt eine Studie von Envisional, dass 73 Prozent aller Links bei den Filehostern auf urheberrechtlich geschütztes Material führten. Dem widerspricht Rapidshare: „Die illegalen Inhalte bewegen sich im einstelligen Prozentbereich“.

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