Roboter Spielzeug-Dino: Fiepen unterm Sofa

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Dabei hat Ugobe unter der Kunststoffhülle, die an die Haptik eines weichen Radiergummis erinnert, jede Menge Elektronik, Mechanik und Sensorik verborgen. In dem rund eineinhalb Kilogramm schweren Dinosaurier stecken unter anderem 14 Servogelenke für Kopf, Maul, Hals, Torso, Schwanz und Beine. 38 Sensoren registrieren Geräusche, Licht, Lageänderungen und Beschleunigung sowie Berührungen.

Die Technik ermöglicht es dem Elektrosaurus nicht nur, sich – zwar recht gemächlich, aber verblüffend lebensecht – auf vier Beinen von der Stelle zu bewegen. Sein Betriebssystem, passend Life OS genannt, verleihe dem Robosaurus zudem eine sehr vielschichtige Persönlichkeit, sagt Ugobe-Gründer Caleb Chung.

Ein leichtes Rütteln weckt Pleo aus dem Schlaf, gefolgt von einem ausgiebigen Gähnen und Recken der Kunststoffgelenke. Kraulen dankt er mit genussvollem Schnurren, das Hochheben am Schwanz hingegen löst jämmerliches Weinen aus. Erst durch ausgiebiges Streicheln über den Rücken ist der Elektrosaurus dann wieder zu versöhnen, es sei denn, man will dauerhafte Verstimmungen riskieren.

Zudem kann sich der kleine Roboter weitgehend autonom in seiner Umgebung fortbewegen. Neben Drucksensoren in den Füßen nutzt er dabei einen in die Oberlippe integrierten Infrarotsensor und eine Videokamera. Damit sieht er beispielsweise beim Wandern über den Schreibtisch, dass er sich einer Kante nähert. Dann stoppt er und beginnt vorsichtig den Boden abzusuchen, um schließlich ein paar Schritte zurückzusetzen und auf festem Grund weiterzugehen.

So spärlich die autonomen Aktionen und das Repertoire an Interaktion auch sein mögen, offensichtlich sind selbst seelenlose Geräte wie Pleo in der Lage, bei Menschen Gefühle zu wecken.

Wie weit das geht, testen derzeit Wissenschaftler in einem Altenstift in Baden-Baden. Sie untersuchen, wie etwa die japanische Roboter-Robbe Paro bei der Therapie von Demenzkranken helfen kann. Ein 8,2-Millionen-Euro schweres Forschungsvorhaben der EU namens Lirec (Living with Robots and interactive Companions) wiederum soll auch mithilfe des Pleo ermitteln, wie sich soziale Beziehungen zwischen Menschen und Robotern entwickeln können.

Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Roboter dazu ein gewisses Maß an sozialem Verhalten zeigen müssen.

Dabei zeigt sich der Pleo ausgesprochen wandlungsfähig, weil Entwickler Ugobe den Programmcode des Digi-Dinos offengelegt hat. Längst haben Pleo-Fans daher im Web Programmerweiterungen veröffentlicht, mit denen sich den Elektro-Sauriern neue Fertigkeiten antrainieren lassen.

Auf eine SD-Karte gespeichert, wie sie in Digitalkameras üblich sind, lassen sich die modifizierten Eigenschaften über einen Kartenschacht im Bauch übertragen – schon wandelt der Pleo sich vom verschmusten Schoß-Dino zum wilden Pleosaurus Rex. Mit der Software Dino-Mite lassen sich sogar die Bilder der Videokamera in der Nase des Elektrosauriers aufzeichnen.

Das ist nur der Anfang. In den Labors stapften bereits Prototypen künftiger Pleos mit integriertem WLAN-Modul herum, erzählt Ugobe-Manager Hitch. „Damit könnte der Pleo dann zum digitalen Wachhund daheim werden, der bei verdächtigen Geräuschen Bilder schießt und sie live in das Internet überträgt.“

Eine interessante Idee, zugegeben. Was aber, wenn sich die nächste Pleo-Generation als ähnlich launisch erweist wie mein Gast-Roboter im Test? Dann kapert er, sollte ich ihn mal vergrätzen, womöglich meinen WLAN-Zugang und klemmt mich zu Hause kurzerhand vom Internet ab. Zuzutrauen wäre es ihm.

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