




Es gab schon eine Menge dreister Versuche deutscher Netzbetreiber, Kunderechte einzuschränken oder mit sonderbaren Gebühren unberechtigt Kasse zu machen – das reicht von der SIM-Karten-Deaktivierungsgebühr bis zum Plan, nutzungslimitierte Online-Tarife als „Flatrate“ zu verkaufen. Doch kaum eines der Ansinnen war bisher so unverfroren, wie die von DSL- und Kabelnetzbetreibern seit Jahren praktizierte Unsitte, zigtausenden ihrer Breitband-Internetkunden die Herausgabe der Zugangsdaten für ihren Onlinezugang zu verweigern und sie so daran zu hindern, mit einem Router ihrer Wahl ins Netz zu gehen.
Diesem sogenannten „Routerzwang“ will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit einem soeben vorgelegten Gesetzentwurf nun endlich ein Ende bereiten Und er droht darin sogar mit Bußgeldern für widerstrebende Online-Anbieter. Das Papier aus Berlin ist ein Meilenstein in Sachen Kundenrechte im Internet-Geschäft – und eine schallende Ohrfeige für die betroffenen Netzbetreiber. Und das zu Recht.
Sonderbares Rechtsverständnis
Denn die Unternehmen haben jahrelang versucht, vielen Kunden eines der grundlegenden Rechte des liberalisierten Kommunikationsmarktes vorzuenthalten: die Möglichkeit nämlich, am Onlinezugang die Technik zu nutzen, die sie daran betreiben wollen. Was im Telefonmarkt seit den Neunzigerjahren Usus ist – dass jeder Kunde das Telefon seiner Wahl an seine Anschlussdose klemmen kann – torpedierten zahlreiche DSL-Anbieter (darunter O2 und Vodafone bei einigen Tarifen) ebenso konsequent wie fast alle Kabel-Internetanbieter (von Kabel Deutschland bis Unity Media ganz generell).
Dass die Netzbetreiber den Kunden die Herausgabe der für die Konfiguration der Router nötigen Zugangsdaten verweigern, obwohl sowohl deutsche Fernmeldegesetze als auch EU-Maßgaben die freie Endgerätewahl längst für den Web-Zugang als Vorgabe definierten, zeugt von einem ebenso zweifelhaften Rechts- wie Kundendienstverständnis.





Konkurrenz unterbinden
Statt die den Kunden zustehenden Rechte umzusetzen, definierten die Online-Anbieter nach Gutdünken selbst, wo ihre Netze enden – nämlich aus Sicht der Unternehmen erst am Telefon- oder Netzwerkstecker ihrer eigenen, in der Konfiguration voreingestellten Router – und unterliefen so die freie Endgerätewahl. Nur so, argumentierten die Anbieter, ließe sich die Qualität der Netze und Verbindungen bis zum Kunden garantieren.
Tatsächlich funktioniert das in anderen – ausländischen – Märkten sowohl am DSL- als auch am Kabelanschluss auch ohne Routerzwang. Und so dient die Weigerung, die Anschlussdaten herauszugeben, wohl weit eher dem Zweck verhindern zu können, dass Kunden ihre Onlinebox beispielsweise parallel zum Anschluss ans Netz ihres Internet-Anbieters auch mit Diensten anderer Netzbetreiber koppeln – etwa konkurrierenden und preiswerteren VoIP-Telefondiensten.
Kundeninfo sofort – und kostenlos
Mit derlei Blockade-Politik soll nun endlich Schluss sein. Und Gabriels Beamte haben das in ihrer Gesetzesvorlage, die nun in die Abstimmung mit Ländern, Verbänden, Unternehmen und der EU geht, eindeutig klargestellt: „Die freie Wahl eines Endgerätes für den Breitbandanschluss [… wird] gewährleistet“, schreiben sie. Und „notwendige Zugangsdaten haben [die Anbieter] dem Teilnehmer […] unaufgefordert und kostenfrei bei Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen“.
Noch ist die Vorlage damit nicht als Gesetz verabschiedet und der Widerstand der Netzbetreiber ist abzusehen. Doch Gabriels Beamte haben sich – wie der aktuelle Entwurf zeigt – schon von den Querschüssen der Unternehmen im Vorfeld nicht beirren lassen. Und so ist kaum anzunehmen, dass der Wirtschaftsminister noch nennenswert hinter die eindeutigen Vorgaben aus dem jetzt vorgelegten Papier zurückfallen wird. Und das ist gut so.